Die Kinder des Dschinn. Entführt ins Reich der Dongxi
Kreis um das magische Quadrat herum, als Zeugen dafür, dass Jonathan für sein Verschwinden keinerlei Hilfsmittel benutzte.
So ziemlich der einzige Prominente, der fehlte, war Adam Apollonius. Auch wenn Jonathan nichts davon ahnte, befand dieser sich bereits auf dem Weg nach Xian in China, wo er die nächste Phase seines bösen Plans überwachen wollte.
Dann, genau um 20 Uhr, sprach Jonathan in seinem luftigsten, glänzendsten Elviskostüm in eine Kamera, die Millionen von Kindern sein schönes, glamouröses Gesicht zeigte:
»Hallo und willkommen zu meinem Fernsehspecial«, sagte Jonathan. »Ich werde euch heute ein ganz besonderes Special bieten. Jemand hat einmal gesagt, der Glaube könne Berge versetzen. Nun, das wollen wir hoffen. Denn heute Abend werde ich der Welt etwas zeigen, was noch niemals live im Fernsehen zu sehen war. Ich werde beweisen, dass man etwas einfach so verschwinden lassen kann, wenn man nur fest genug daran glaubt. Wenn ihr fest genug an mich glaubt.
Das hier ist kein Trick. Und auch keine Illusion. Es gibt keine Kisten oder Seidentaschen, in denen ich mich verstecken kann. Und es gibt keine Falltüren. Wie ihr seht, besteht dieses Hausdach aus festem Beton. Es gibt keine Spiegel, die irgendetwas vortäuschen können; keine riesigen Drehscheiben, mit denen sich Dinge verschieben lassen, und auch keine unsichtbaren Drähte, die mich vom Boden heben. Es gibt überhaupt keine Hilfsmittel. Stattdessen haben wir hier starke Scheinwerfer, damit ihr alles ganz genau sehen könnt. Alles, was ihr seht beziehungsweise irgendwann nicht mehr seht, ist echt. Keine Illusion im eigentlichen Sinne des Wortes. Mein einziges Hilfsmittel heute Abend ist dieses magische Quadrat aus China und die kollektive Kraft eures Willens, die seine mathematische Kraft nutzen und mir die Energie verleihen soll, um vor euren Augen zu verschwinden. Das ist alles. Und all denen, die meinen, das sei nicht möglich, sage ich, behaltet diese Stelle im Auge. Genau diese Stelle hier.«
Grinsend zeigte Jonathan auf das magische Quadrat unter seinen Füßen.
»Die alten Derwische glaubten, dass sie durch schnelles Drehen Erleuchtung finden könnten. Dass sich dadurch die Tür öffnet, durch die der Körper eine bestimmte Art von Energie empfängt. Das Wort ›Derwisch‹ bedeutet nämlich ›Tür‹. Mit eurer Hilfe, liebe Mädchen und Jungen, möchte ich diese Tür heute Abend öffnen. Die Energie eurer Gedanken wird es mir ermöglichen, mich schneller zu drehen. Die Kraft eurer Gedanken wird in meine nach oben gestreckte rechte Hand fließen, durch meine nach unten hängende linke Hand wieder austreten und in das Dach strömen. Und während ich mich drehe, werdeich durch jene Tür verschwinden und in eine andere Welt eintreten.«
Was Jonathan Tarot anging, war das alles vollkommener Blödsinn. Da er ein Dschinn war, stand sein Verschwinden außer Frage. Er versuchte, seine Stimme nicht höhnisch klingen zu lassen und die Verachtung zu verbergen, die er für seine jungen Zuschauer empfand. Trotzdem hielt er so gut wie alles, was er sagte, für lächerlich und nichts als einen ausgemachten Schwindel, den sich Adam Apollonius ausgedacht hatte, um auf diese Weise das größte Fernsehpublikum der Welt zu gewinnen, Unsummen von Geld zu verdienen und ihn, Jonathan Tarot, zum berühmtesten Menschen der Welt zu machen. Größer als John Lennon und Elvis, Houdini und alle anderen zusammen. Das dachte Jonathan jedenfalls.
»Allerdings ist es auch möglich«, fuhr Jonathan Tarot fort, »das wir heute Abend noch einen Schritt weiter gehen und nicht nur ich verschwinden werde. Wenn ich, wie erwartet, wirklich durch diese Tür in eine andere Welt eintrete, möchte ich, dass ihr meinem Beispiel folgt und es ebenfalls versucht. Ich möchte, dass ihr die Macht des magischen Quadrats nutzt und euch wie ein Derwisch auf der Zahl vier dreht. Vielleicht verschwindet ihr dann ebenso wie ich. Hoffen wir es. Jetzt aber möchte ich, dass ihr einfach nur dasitzt, mir beim Drehen zuschaut und euren kollektiven Willen darauf ausrichtet, mich damit ins Nichts zu wünschen.«
Jonathan klatschte in seine beringten Hände und stellte sich auf die Zahl vier. »Gut. Legen wir los.«
Er gab der Band – einer türkischen Band – ein Zeichen, und sie begann im Hintergrund hypnotisch-einlullende Weisenzu spielen, mit denen die Stimmung verstärkt werden sollte. Auch das war Adam Apollonius’ Idee gewesen. Hypnose war ein wesentlicher Bestandteil seines
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