Die Kinder des Dschinn. Entführt ins Reich der Dongxi
Taschentuch aus der Brusttasche und verdeckte damit, wie gefordert, die Schokoladentafel in Dybbuks Hand. Dybbuk flüsterte wieder sein Fokuswort und zog dann das Taschentuch fort, um zu zeigen, dass die Schokolade wieder verschwunden war. Apollonius begann zu klatschen.
»Wie alt bist du, Junge?«, fragte er.
»Fast dreizehn, Sir.«
»Ich glaube, das ist die beste Tischzauberei, die ich je gesehen habe«, sagte der Mann. »Und ich habe das Beste vom Besten gesehen, das kannst du mir glauben.« Er setzte sich und goss sich ein Glas Champagner ein. »Zeig mir noch etwas.«
»Mal sehen«, murmelte Dybbuk und überlegte einen Moment. »Wie wär’s mit einer kleinen Levitation?«
Er hatte im Fernsehen schon Straßenzauberer gesehen, die ein paar Zentimeter vom Boden abhoben. Der Trick wurde mit einigen extrastarken Magneten in den Absätzen der Schuhe ausgeführt. Man zog einfach einen Schuh aus, der aber am anderen haften blieb, und hob dann ein Bein an. Normalerweise schummelten die Magier noch ein bisschen mit der Kamera, sodass man von ihnen immer nur eine Körperhälfte sah. Aber irgendwie wirkte es trotzdem immer ziemlich eindrucksvoll.
Vielleicht konnte er ein wenig vom Boden abheben, wenn er unter seinen Füßen einen winzigen Wirbelsturm entfachte. Er hatte es noch nie richtig probiert, aber zu seiner eigenen Überraschung funktionierte es. Und nicht nur das, es sah überzeugender aus als alles, was er je im Fernsehen gesehenhatte. Dybbuk stieg glatte dreißig Zentimeter in die Luft und schwebte dort mehrere Sekunden lang, ehe er langsam wieder herabkam.
»Whooaa«, sagte Apollonius, der manchmal eher amerikanisch als englisch klang. »Das ist unglaublich. Ich habe noch nie jemanden gesehen, der einen Levitationstrick so gut ausführt. Wie machst du das?«
Dybbuk zuckte bescheiden mit den Achseln. »Übung«, sagte er.
»Dreizehn Jahre alt und du vollführst Tricks, für die man jahrelang üben muss. Jahrelang.« Aufrichtig beeindruckt schüttelte Apollonius den Kopf. »Was ist dein bester Trick, deine Abschlussnummer?«
»Was meinen Sie damit?«
»Mit der du die Show beendest«, erklärte Apollonius. »Der Höhepunkt deiner Vorstellung.«
In Indien hatte sich Mr Groanin direkt neben einem jungen Mann in Luft aufgelöst, weil er versehentlich einen ihm gewährten Wunsch ausgesprochen hatte. Sie hatten sich zu diesem Zeitpunkt alle in einem Korb befunden, mit dem sie eine Felswand hinaufgezogen wurden. Auf der Suche nach einer Erklärung hatte Dybbuk dem jungen Mann eingeredet, Groanin habe bloß seinen indischen Seiltrick geübt. Und zu Dybbuks größtem Erstaunen und Vergnügen hatte der dumme Kerl ihm geglaubt. Also erklärte er Apollonius nun, der indische Seiltrick sei sein bester Trick. Schließlich wurde immer wieder erzählt, dass es mit der beste Zaubertrick überhaupt sei.
»Du beherrschst den indischen Seiltrick?«
»Ja, sicher.«
»Hast du ein Seil dabei?«
»Es liegt noch im Zuschauerraum«, sagte Dybbuk. »Ich habe es unter meinem Platz liegen gelassen.« Noch während er das sagte, beförderte er mit Dschinnkraft ein Seil unter seinen Sitzplatz.
»Du bist gut vorbereitet, was?«
Sie gingen zurück auf die Bühne im inzwischen menschenleeren Zuschauerraum. Dybbuk holte das Seil und legte es, zusammengerollt wie eine schlafende Python, auf den Boden.
»Normalerweise spiele ich den Schlangenbeschwörer«, erzählte er Apollonius. »Sie wissen schon, mit Flöte und so. Aber ich glaube, die habe ich vergessen.«
»Du hast ein Seil mitgebracht, aber keine Flöte«, stellte Apollonius fest.
Doch dann, als Apollonius gerade das Seil betrachtete, beschwor Dybbuk zum Spaß auch noch eine Flöte herbei. »Mein Fehler«, sagte er, »da ist sie ja.«
»Wie hast du das gemacht?«
»Übung.«
Dybbuk setzte sich hin und begann zu spielen und ganz langsam erhob sich das Seil in die Luft. Völlig fasziniert sah Apollonius ihm zu.
»Du bist unglaublich«, sagte er, als sich das Seil straffte und zu den Scheinwerfern über der Bühne hinaufrankte. »Hast du einen Draht in diesem Seil, oder was?«
Dybbuk legte die Flöte beiseite und kletterte flink wie ein Affe das Seil hinauf. Als er fast oben war, begann er eine Transsubstantiation, die aussah, als verdecke er mit dem Rauch sein Verschwinden.
»Wo bist du?«, rief Apollonius. »Wo bist du hin?«
Dybbuk ließ das Seil auf die Bühne hinabfallen, und während Apollonius es untersuchte, lenkte er den Rauch mit seinen Atomen und
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