Die Kinder des Dschinn. Entführt ins Reich der Dongxi
halbmondförmige Brille auf, öffnete das Buch und begann vorsichtig die Tafeln durchzusehen, während Nimrod, Groanin und Philippa ihnen dabei über die Schultern sahen.
»Nun, dann wollen wir mal sehen, was wir hier haben. DieWeiße Frau und die Geschichte von Xuxuan«, murmelte Pingwin. »Der Fuchskobold, Hausfeen, Bergfeen, der Weiße Affe, Mount Kailas, Qing Ming – das ist das chinesische Totenfest –, verschiedene Dämonen und Teufel. Ah ja, da haben wir ihn ja, den Dongxi.« Das Gesicht des Bibliothekars verdüsterte sich, als er las, was in dem prächtigen Buch geschrieben stand.
»›Hüte dich vor der geformten Gestalt des Dong Xi, denn er ist weder tot noch lebendig. Hüte dich vor seiner heißen Berührung. Hüte dich vor seiner Unsichtbarkeit. Hüte dich vor dem Dong Xi, dem Kriegerteufel. Sein Name ist verflucht, denn dieses Wesen ist das Werk des Satans und nur ein schmutziger Schatten dessen, was Gott erschafft. Er ist der Werkstoff des Bösen und trägt das Wort der Zerstörung auf der Zunge. Er ist schwerfällig und langsam, aber ohne Rast. Meide den Kriegerteufel, wie du den schlimmsten Dämon meiden würdest, denn er ist auch ein Vorbote des Todes. Lass ihn in seinem Grab, damit er das Licht des Tages nicht erblicke. Treibe den Kriegerteufel zurück in das Loch, in das er gehört. Übergib ihn wieder dem Staub und bete, dass er nie entkommt. Doch wenn er es tut, dann suche nach den Gebeinen des Großen, den sie Maerkou nennen. Nur er weiß, wie dir geholfen werden kann. Hüte dich vor den Dong Xi. Hüte dich vor den Kriegerteufeln.‹« Pingwin hob den Kopf und nahm die Brille ab. »Das ist alles«, sagte er.
»Also mir reicht es«, sagte Groanin. »Was immer es ist, ich wollte keinem dieser Kriegerteufel im Dunkeln begegnen. Ich wollte wirklich keinem von ihnen im Dunkeln begegnen.«
»Wer war der Große, den sie Maerkou nennen, von dem der Kaiser geschrieben hat?«, fragte Philippa.
»Ich fürchte, das weiß ich nicht«, gestand Pingwin. »Möglicherweise ein in Vergessenheit geratener konfuzianischer Philosoph.«
»Schade«, sagte Philippa. »Es hörte sich an, als könnte es ziemlich hilfreich sein, ihn zu kennen.«
»Vielen Dank, Pingwin«, sagte Nimrod und schwieg, bis sie wieder im Boot und auf dem Weg zurück ins Hotel waren.
»Hoffen wir, dass es nicht der Kriegerteufel ist, von dem John erzählt hat«, sagte Philippa.
»Allerdings«, stimmte Nimrod ihr zu. »Wir werden Faustina genauer befragen müssen, wenn sie mit John nach Venedig kommt.«
»Das arme, arme Mädchen«, sagte Groanin. »Ich wette, sie kann es kaum erwarten, nach zwölf Jahren endlich in ihren Körper zurückzukehren. Man kann es sich kaum vorstellen, nicht? Ich kann nur hoffen, dass Ihre Idee wirklich funktioniert, Sir. Es wäre eine Affenschande, den Fratz bis hierher zu schleppen, und dann funktioniert es nicht. Vor allem, wo man ihr solche Hoffnungen gemacht hat. Nicht auszudenken, was das für eine Folter sein muss, den eigenen Körper zu sehen und nicht wieder reinzukönnen. Ich an ihrer Stelle würde mich, glaube ich, im Canal Grande ertränken, wenn es nicht funktioniert.«
»Wenn sie keinen Körper hat, kann sie sich schlecht ertränken«, sagte Nimrod.
»Da ist was dran«, erwiderte Groanin. »Da ist wirklich was dran.« Er zuckte die Achseln. »Tja, dann weiß ich auch nicht, was ich tun würde. Ich nehme an, wenn man erst mal ein Geist ist, kann es nicht mehr schlimmer kommen. Alles, was passieren kann und passieren wird, ist schon passiert.«
»Faustina ist nicht tot, Groanin«, sagte Philippa. »Genau deshalb haben wir sie hergebracht. Sie ist nicht tot.«
»Wohl wahr, Miss, aber wenn sie nicht in ihren Körper zurückkann, könnte sie es ebenso gut sein. Dann könnte sie ebenso gut tot sein.«
»Da ist wie immer etwas dran, Groanin«, sagte Nimrod. »Sogar ziemlich viel. Genau wie von dem Eau de Cologne, das Sie neuerdings auflegen.«
Zu ihrer Überraschung trafen sie bei ihrer Rückkehr im Hotel auf Finlay Macreeby, der in der Lobby auf sie wartete. Er stand auf und lächelte sie verlegen an. Da es Finlays Körper war, hielten es John und Faustina für das Beste, ihn selbst erklären zu lassen, dass sie zu dritt in seinem Körper steckten; und dass sie begierig waren, Faustinas Geist so bald wie möglich in seine eigene physische Gestalt zurückkehren zu lassen.
»Langsam wird es hier drinnen ein bisschen eng«, sagte Finlay.
»Zwei geht noch, aber drei sind einer zu viel«,
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