Die Kinder des Dschinn. Entführt ins Reich der Dongxi
Gefühlen, die ihr füreinander hegt. Also lasst euch was einfallen. Tut mir den Gefallen.«
»Also gut«, sagte Faustina. »Ich habe irgendwo gelesen, dass sie am Check-in-Schalter eine Flugverbotsliste haben. Sie soll helfen, verdächtig aussehende Leute zu identifizieren. Ich könnte deinen Körper verlassen und in die Stewardess hineinschlüpfen und sie dazu bringen, deinen Dad als verdächtiges Subjekt zu identifizieren.«
»Und dann«, sagte John, »wenn er sich beschwert …«
»Was er mit Sicherheit tun wird«, warf Finlay ein.
»Kann sie einen Polizisten rufen«, sagte John. »Von dem ich lange genug Besitz ergreife, um ihn dazu zu bringen, eine Verhaftung vorzunehmen.«
»Werden sie nicht merken, dass sie einen Fehler gemacht haben, wenn ihr wieder aus ihnen herausschlüpft?«, fragte Finlay.
»Niemals«, sagte John. »Oder wann hast du zum letzten Mal erlebt, dass ein Bulle oder eine Stewardess zugibt, einen Fehler gemacht zu haben?«
»Gutes Argument.«
»Er sieht wirklich ein bisschen suspekt aus«, sagte Faustina. »Findet ihr nicht?«
»Oh, mit Sicherheit«, stimmte Finlay ihr zu. »Er ist schließlich ein Zauberer.« Er nickte. »Legt los.«
Finlay spürte, wie die beiden Dschinn lautlos aus ihm herausglitten, und lehnte sich zurück, um die Show zu genießen. Es stimmt, was manche Leute sagen, dachte er: Man muss nicht immer ins Theater gehen, um ein gutes Stück zu sehen.
Eine Nacht in Venedig
Venedig ist die interessanteste Stadt Italiens, aus dem einfachen Grund, weil alle ihre Straßen Wasserstraßen und sämtliche Autos Boote sind. Der Gravelli-Palast war Venedigs ältestes und bestes Hotel und lag direkt an der Hauptverkehrsstraße der Stadt, dem
Canal Grande
. Unter Philippas Schlafzimmerfenster tanzte das helle Morgenlicht wie flüssige Musik auf den Wellen und sie fand, dass sie noch nie eine schönere Aussicht gehabt hatte. Groanin dagegen war gar nicht beeindruckt.
»Dieses Venedig müffelt ein bisschen«, sagte er und zog die Nase kraus, als sie das Hotel verließen, um an Bord eines Motorboots aus wunderschön poliertem Holz durch das klare, leuchtend grüne Wasser zur Insel Torcello hinüberzufahren. »Also, hier müffelt es wirklich ein bisschen, muss ich sagen. Als wäre hier mal ein guter Klempner gefordert. Ich habe ordentlich von meinem neuen Aftershave aufgelegt, um den Mief zu übertünchen. Natürlich hat nicht jeder so einen feinen Geruchssinn wie ich. Aber appetitanregend ist das nicht.«
Nimrod warf Philippa einen Blick zu und verdrehte stöhnend die Augen.
»Appetitanregend ist das nicht, sagte ich gerade«, wiederholte Groanin demonstrativ.
»Wir fahren auch nicht zum Essen nach Torcello«, erwiderte Nimrod. »Wir wollen in die Bibliothek von Attila, dem Hunnen.«
»Was, der Kerl, der es auf Rom abgesehen hatte?«, sagte Groanin. »Den hätte ich nicht für einen Bücherwurm gehalten. Kann mir kaum vorstellen, dass der den neuesten John Grisham liest.«
»Zu seiner Zeit waren Bücher Symbole von Rang und Macht«, erklärte Nimrod. »Unabhängig davon, ob man selber las oder nicht. Bevor er gegen Rom zog, unterwarf Attila Konstantinopel, die Hauptstadt des Oströmischen Reiches. Dort stahl er eine Bibliothek, die der Kaiser von Byzanz seinerseits den Persern gestohlen hatte, und diese wiederum hatten sie den Chinesen gestohlen.«
»Genau, was ich immer sage«, meinte Groanin. »Bibliotheksdiebstahl kommt häufiger vor, als man für möglich halten würde.« Er nickte mit grimmiger Miene. »Und ich weiß, wovon ich rede. Ich habe in einer Bibliothek gearbeitet. Und genau dort habe ich …«
»Ich weiß«, sagte Nimrod. »Sie haben in der Bibliothek des Britischen Museums durch einen Tiger den Arm verloren. Das haben Sie uns schon öfter erzählt.«
»Oh, ich bitte vielmals um Entschuldigung«, sagte Groanin. »Also wirklich.« Er schnüffelte laut und verzog erneut das Gesicht, als der Geruch des Canal Grande seine empfindlichen Nasenlöcher kitzelte.
»Als er im Jahr 453 nach Christus von seinem Feldzug gegen Rom zurückkehrte, ließ Attila die Bibliothek auf Torcello zurück«, fuhr Nimrod fort. »Seitdem befindet sie sich dort, inden Händen der Ritter von St. Markus. Sie wurde im Laufe der Jahrhunderte von den vielen Reisenden, Exilanten und Kaufleuten ergänzt, die aus dieser großartigen Handelsstadt stammten oder sie besuchten. Männern wie Marco Polo, Kolumbus, Vasco da Gama, Amerigo Vespucci, Casanova, Chiang Kai-shek, Chou En-lai und
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