Die Kinder des Dschinn. Entführt ins Reich der Dongxi
das er sich gerade eingeschenkt hatte, um den Schock, den er durch das erste Missgeschick erlitten hatte, zu überwinden.
»Meine Kleider!«, rief Faustina. »Was ist mit meinen Kleidern passiert? Erzählt mir bloß nicht, dass ich in dieser Horrorshow war – ohne was am Leib?« Dieser Gedanke war für Faustina schon schlimm genug; noch schlimmer aber war das Wissen, dass sowohl John als auch Finlay soeben gesehen hatten, was sie gesehen hatte: ihr Evaskostüm. Und wahrscheinlich auch Nimrod und Groanin. Wie entsetzlich peinlich!
»In den Katakomben hattest du Kleider«, sagte Nimrod. »Philippa hat sie dir ausgezogen und weggeworfen.«
»Sie waren in schrecklichem Zustand«, erklärte Philippa. »Total verstaubt und mottenzerfressen. Und gerochen haben sie auch. Wir konnten sie dir schlecht anlassen. Nicht in diesem Hotel.«
»Und was soll ich jetzt anziehen?«
»Nimrod und ich haben dir hier in Venedig ein paar Sachen besorgt«, berichtete Philippa. »Ich denke, die Größe stimmt. Sie hängen im Schrank.«
Finlay öffnete die Schranktür und strich über eine Anzahl teuer aussehender Designerklamotten. »Sie sehen – sehr schön aus«, sagte Faustina, die langsam die Fassung zurückgewann. »Sie sind bestimmt in Ordnung. Vielen Dank, Philippa.«
»Hör mal, wenn es dir nichts ausmacht«, sagte John, der Faustinas Verlegenheit immer noch spüren konnte, »sollten wir weitermachen. Ich glaube, je schneller wir Jungs hier in Finlays Körper unter uns sind, desto besser. Irgendwie fühlt es sich nicht ganz richtig an, Faustina hier drinnen zu haben. Der arme Finlay hat seit zwei Tagen nicht geduscht, weil Faustina ihn nackt sehen könnte.«
»Ist das nicht lächerlich?«, sagte Faustina. »Als ob mich das interessiert.«
»Ich hatte auch den Eindruck, dass der junge Finlay ein wenig streng riecht«, sagte Groanin. »Ich wollte ihm schon mein neues Aftershave anbieten.«
»Ein Glück, dass Sie es nicht getan haben«, sagte Nimrod. »Es ist schon schlimm genug, dass Sie es tragen.«
»Dass ich
deinen
nackten Körper gesehen habe, hat dich eben aber gewaltig interessiert«, wandte sich Finlay an Faustina.
»Das ist was anderes«, beharrte Faustina.
»John hat recht«, sagte Nimrod. »Vielleicht sollten wir lieber weitermachen. Und dann erzählt ihr mir von Mr Rakshasas. Und von deinem Zombie.«
»Das hört sich an, als hätte ich ihn erfunden«, sagte Faustina.
»Apropos ›hören‹«, sagte Nimrod. »Wie sicher bist du dir in Bezug auf das Wort, das du gehört hast? Versuche dich zu erinnern. Es könnte wichtig sein.«
»Es war in der Höhle, in der sie gearbeitet haben«, sagte Faustina. »In China. Dort war ein Mann, der anders aussah als die anderen. Ich kann nicht sagen, wer es war, nur dass er eine grüne Rüstung trug.«
»Eine grüne Rüstung«, wiederholte Nimrod.
»Und dass er es war, der das Wort ›Zombie‹ benutzt hat«, berichtete Faustina weiter. »Irgendwie schien das Wort zu passen, wenn man bedenkt, wie sich die Kerle verhielten. Ihr wisst schon: tot, starre Augen und schlurfende Schritte, als wären sie irgendwie in Trance.«
»Das chinesische Wort für Zombie lautet ganz anders«, sagte Nimrod. »Es heißt
Zhuan ling hun shi
.«
Faustina dachte einen Augenblick nach und schüttelte dann den Kopf.
»Das war es nicht.«
»›Zombie‹ ist einfach kein Wort, mit dem man in China rechnen würde«, sagte Nimrod. »Es ist eine Verunstaltung des Wortes ›Nzambi‹. Es bedeutet ›Gott‹ und kommt aus dem Kongo in Afrika.«
»In dem Wort kam ganz sicher ein ›om‹ oder ›ong‹ vor«, beharrte Faustina. »Und ein ›i‹ am Ende. Das weiß ich genau.«
»Kann es sein, dass das Wort, das du zu hören geglaubt hast, in Wirklichkeit ›Dongxi‹ lautete?«, fragte Nimrod.
Faustina seufzte. »Dongxi.« Sie wiederholte das Wort mehrere Male. »Ja, das könnte es gewesen sein.«
Nimrod schwieg einen Moment.
»Na also«, sagte Philippa fröhlich. »Das Rätsel hätten wir jedenfalls gelöst. Zumindest wissen wir jetzt, mit was wir es zu tun haben. Einigermaßen jedenfalls.«
»Was ist ein Dongxi?«, fragte Faustina.
»Ein Kriegerteufel«, sagte Groanin.
»Wie ein Zombie«, erklärte Philippa. »Nur schlimmer. Viel schlimmer.«
Sie erzählte Finlay, Faustina und John, was sie in der Bibliothek von Attila, dem Hunnen, herausgefunden hatten. »Jetzt müssen wir nur noch dahinterkommen, was es mit diesen Knochen des Großen, den man Maerkou nennt, auf sich hat«, sagte
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