Die Kinder des Dschinn. Gefangen im Palast von Babylon
geht es um mehr«, sagte Nimrod.
»Aber woher weiß er, dass das Grimoire gestohlen worden ist?«, fragte John. »Er arbeitet doch in Istanbul, nicht in Berlin.«
»Weil Izaak Balayaga der Dschinn ist, der es gestohlen hat!«, sagte Nimrod. »Ayesha hatte das Buch aus dem Heisenberg-Safe genommen, um Izaak eine Beschwörungsformel zu geben. Es ging dabei um die Formel, die traditionell zum Schutz des Topkapi-Schwertes angewendet wird – damit nicht etwa ein Dschinn in die mit Diamanten besetzte Scheide fährt. Wie Izaak sagt, hat Ayesha danach schlichtweg vergessen, das Buch wieder einzuschließen.«
»Der dumme Junge«, sagte Mrs Gaunt. »Was hat er sich bloß dabei gedacht, es zu stehlen?«
»Er konnte der Versuchung nicht widerstehen«, sagte Nimrod. »Jetzt bereut er es natürlich. Er hat das Buch instinktiv genommen und kann es jetzt nicht zurück in das Safe legen, weil er es nicht öffnen kann. Das kann niemand außer Ayesha. Und nun hat er Angst, dass sie ihn, wenn er ihr die Sache beichtet, genauso hart bestrafen wird, wie sie es mit Iblis getan hat. Deshalb möchte er, dass ich mich bei Ayesha für ihn einsetze.«
»Sie ist zu alt für ihre Aufgabe«, sagte Mrs Gaunt. »Es ist einfach aberwitzig, dass es für den Blauen Dschinn keine Altersregelung gibt. Je eher sie ihre Nachfolgerin ernennt, desto besser. Selbst wenn es Mimi de Ghulle ist. Hat Ayesha noch keine Erklärung abgegeben?«
Nimrod schüttelte den Kopf. »Gott sei Dank nicht.«
»Aber wie soll das nun Philippa helfen?«, fragte John.
»Ja, ich glaube, das verstehe ich auch nicht ganz«, gab Mrs Gaunt zu.
»Nun, der erste Punkt ist«, sagte Nimrod, »dass es Ayesha in Verlegenheit bringen würde, wenn der Diebstahl des Buches bekannt wird. Nicht, dass ich im Traum daran denken würde, außer euch dreien jemandem davon zu erzählen. Und Ayesha selbst natürlich. Der zweite und wichtigere Punkt ist, dass Izaak mir nicht so ganz traut und mir das Grimoire des Salomon nicht persönlich geben will. Er sagt, er übergibt es nur John und Philippa. Offenbar hält er es für weniger wahrscheinlich, dass ihr beide versuchen könntet, ihn in eine Flasche oder Lampe zu stecken. Vielleicht denkt er auch, für so was reichen eure Kräfte noch nicht.«
»Und was schlägt er vor, wo und wann die Übergabe stattfinden soll?«, fragte Mrs Gaunt.
»In einem Zug zwischen Istanbul und Berlin«, sagte Nimrod. »In zwei Tagen.«
»Dir ist doch wohl bewusst, dass das eine Falle sein könnte?«, sagte Mrs Gaunt. »In dieser Jahreszeit ist es kalt in einem Zug. Die beiden werden keine Dschinnkräfte haben, also keinerlei Schutzmöglichkeit. Izaak Balayaga hat sich das wahrscheinlich gut überlegt.«
»Daran habe ich auch schon gedacht«, sagte Nimrod. »Es gibt aber eine Möglichkeit, die Zwillinge zu schützen.«
»Ein Diskrimen?«, fragte sie.
Nimrod nickte.
»Was ist ein Diskrimen?«, fragte Philippa.
»Ein Notfall-Wunsch«, erklärte John achselzuckend. »Ich habe im B.R.K. davon gelesen.« Er war längst begeistert von der Idee, nach Berlin und Istanbul zu reisen. Nun wollte er Nimrods Plan zu Ende hören und erst danach die Sache mit dem Diskrimen erzählen, das Mr Vodyannoy ihm geschenkt hatte. Weil es aber ein längerer Plan war, vergaß John seine Absicht schließlich.
»Wir können uns die Chance, das Buch wohlbehalten wieder nach Berlin zu bringen, einfach nicht entgehen lassen«, sagte Nimrod.
»Und was ist mit Philippa?«, fragte Mrs Gaunt.
»Philippa ist an der Wiederbeschaffung beteiligt und gewinnt dadurch natürlich Ayeshas ewige Dankbarkeit.« Nimrod sah die Zwillinge an. »Das heißt, falls ihr bereit und gewillt seid zu helfen. Ihr müsst entschuldigen, aber da ihr nun mal so energische junge Dschinn seid, habe ich das fast schon als sicher vorausgesetzt.«
»Klar machen wir da mit«, erklärte John. »Machen wir doch, Phil, oder?«
Philippa nickte entschieden. »Ja«, sagte sie. »Keine Frage.«
»Ich wollte schon immer mal nach Istanbul«, setzte John nach. »Und nach Berlin auch.«
»Es ist keine Touristenreise, John«, sagte Nimrod. »Es kann sogar gefährlich werden. Und wie deine Mutter gesagt hat, es könnte leicht eine Falle sein.«
»Wenn es so wäre«, überlegte Mrs Gaunt, »wüsste ich nicht, was für eine Art Falle das sein könnte. Hätten die Ifrit das Grimoire des Salomon schon in ihren Besitz gebracht, hätten sie es inzwischen längst gegen uns angewendet. Und wo wäre die Gelegenheit
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