Die Kinder des Dschinn. Gefangen im Palast von Babylon
böse, Nimrod«, sagte Mr Rakshasas und ließ ein leises Lachen hören. »Ein Hund, der sich nicht kratzt, ist gewiss kein guter Hund.«
Enttäuscht musterte Nimrod seine Nichte und seinen Neffen.Er machte eine Handbewegung auf das halb durchsichtige Innere des Wirbelsturms. »Bitte sehr, lasst euch nicht hindern, schafft euch eure eigenen Reisebedingungen«, sagte er kühl.
John nickte. »Machen wir, machen wir. Aber weißt du, uns ist nicht so warm, als dass wir Dschinnkräfte anwenden könnten.«
»Verstehe«, sagte Nimrod und steckte sich eine Zigarre an. »Und nun soll ich das wohl für euch tun?« Er seufzte. »Also gut. Aber ich werde mit Sicherheit nicht auf einen Bildschirm starren, der nicht größer ist als eine Cornflakes-Packung. Wenn wir schon einen Film anschauen müssen, dann auf einem Großbildschirm.«
Er produzierte einen Rauchring, der sich nach allen Seiten ausbeulte, bis er das Innere des Wirbelsturms umschloss. Schließlich hatten sie eine silberne Kinoleinwand vor sich, etwa zwanzig Meter lang und vierzehn Meter hoch. Alan und Neil setzten sich erwartungsvoll auf. Einen Film auf Großleinwand hatten sie schon lange nicht mehr gesehen.
»Super«, sagte John beifällig.
»Möchte ich meinen«, sagte Nimrod. »Und so ein Superbildschirm verlangt natürlich einen Superfilm. Nicht irgendein läppisches kleines Kinofilmchen oder eine Trickfilm-Schnulze. Nein, es muss ein Film sein, der Dschinn angemessen ist. Etwas über die Wüste. Etwas mit Hitze. Etwas Anregendes. Etwas Britisches. Ja, es gibt nur einen einzigen wahren Spitzenfilm, der diese Kriterien voll erfüllt. Der großartigste Film, der je gedreht wurde.
Lawrence von Arabien
. Brillant. Heutzutage der einzige Film, den ich mir überhaupt anschaue.«
So saßen sie während der nächsten drei Stunden in ihrenbequemen warmen Luftpolstersitzen und sahen
Lawrence von Arabien
. Übrigens tatsächlich der großartigste Film, der je gedreht wurde, wie Nimrod ganz richtig erklärt hatte.
Kurz nach Mittag waren sie in London. Der Wirbelsturm trug sie die Themse entlang und über Kensington Garden, dann setzte er sie auf dem Rasen hinter Nimrods Haus ab. Es war ein kalter, windiger Tag in London gewesen und niemand nahm Notiz von dem örtlich begrenzten Wirbelsturm, der sich für mehrere Minuten hinter Stanhope Terrace Nummer 7 hielt. Ein untersetzter Mann, der in seinem langen Mantel und mit seinem schwarzen Hut einem Bestattungsunternehmer ähnelte, stellte den Alarm scharf, sperrte die Hintertür ab und schritt mit einer großen Ledertasche in seinem einzigen Arm rasch über den Gartenweg. Einen Augenblick blieb er vor dem halb durchsichtigen Windvorhang stehen, der vor seinem stets verdrießlichen Gesicht rotierte. Er war nicht sehr beglückt, dass wieder einmal eine Reise per Wirbelsturm bevorstand. Der Mann nahm den Hut ab, um ihn am Wegfliegen zu hindern. Während der Minitornado die dünnen Haarsträhnen auf seinem Kopf beutelte wie einen fadenscheinigen Windsack, versuchte er mühsam, Haltung zu bewahren.
»Bin eine ganze Weile nicht mit so einem thermischen Verkehrsmittel gereist, Sir«, rief Groanin. »Wie komme ich rein, Sir? Oder soll ich lieber sagen, rauf?«
Groanin nannte Nimrod stets »Sir«, wenn er aus irgendeinem Grund besonders missgelaunt war.
»Entschuldigen Sie, Groanin«, sagte Nimrod und hob den unteren Rand des Wirbelsturms etwas an, damit sein Butler darunter durchgehen konnte.
Im Inneren des rasant kreiselnden Luftkegels musterte Groanin den Wirbelwind mit gewohnt sauertöpfischer Miene. »Eine unnatürliche Reiseart, das. Mit einem Hurrikan. Besonders für einen Mann mit meinem empfindlichen Magen.«
»Es ist kein Hurrikan«, sagte Nimrod. »Es ist ein Wirbelsturm. Das ist ein Unterschied. Und Ihr Magen wird die Reise gut überstehen, wie Sie sehr wohl wissen.«
»Wenn Sie meinen, Sir«, sagte Groanin.
»Schön, Sie wiederzusehen, Mr Groanin«, sagte Philippa, die auf einmal merkte, wie sehr sie Groanins miesepetrige Kommentare vermisst hatte.
»Ihr habt mir alle beide gefehlt, das muss ich sagen. Und es ist erfreulich, euch beide wiederzusehen. Auch wenn wir gerade wie ein Sack voll Laub durch die Luft fliegen.«
»Eigentlich«, sagte John, »war der Flug viel komfortabler als in einem kommerziellen Flieger. Ich meine, es gibt keine Turbulenzen und keinen Motorenlärm. Und ich hab auch nicht dieses Gefühl, als ob meine Ohren voll Watte stecken.«
Alan und Neil bellten beifällig.
»Nenn mich
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