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Die Kinder des Dschinn. Gefangen im Palast von Babylon

Die Kinder des Dschinn. Gefangen im Palast von Babylon

Titel: Die Kinder des Dschinn. Gefangen im Palast von Babylon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. B. Kerr
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hatte von »sieben Wächtern« geschrieben, und sechs von ihnen sollte man sich »widerspruchslos unterwerfen«. Am meisten Sorge machte ihm Enos eindringlich formulierte Anweisung: »Den siebten Wächter muss der Eindringling bedenkenlos töten, andernfalls steht er vor der sofortigen Vereitelung seines esoterischen Strebens.« Womit Eno wahrscheinlich meinte, dass man in diesem Fall nicht nach Iravotum käme.
    John machte kurz Pause und lauschte einen Augenblick auf Groanins ›Show‹. Den Soldaten schien es zu gefallen und sie applaudierten begeistert, als er eine weitere Nummer als Bauchredner zum Besten gab: ein Gedicht aufsagen und dabei eine Flasche Bier trinken.
    Wieder machte sich John ans Graben, obwohl er langsam das Vertrauen in das ganze Unternehmen verlor. Die geheimenWorte für das Öffnen des Eingangs klangen wie aus einem albernen Märchen. Oder als hätte Macreeby sie erfunden. Kaum war John dieser Gedanke durch den Kopf gegangen, traf die Schaufel auf etwas Metallenes. John wühlte mit den Händen im Sand und zog einen schweren Messingring in Form eines Löwenkopfes hervor. Der Griff hing an einer Kette, die im Sand unter seinen Füßen verschwand.
    »Das ist es wahrscheinlich«, sagte er. Und dann, obwohl er nicht damit rechnete, dass es funktionieren würde, sprach er die geheimen Worte: »Simsim, öffne dich!«
    Es passierte nicht viel, außer dass der bisher gelockerte Sand in das Loch rieselte und im Dunkel verschwand. John war nicht sicher, ob das nun das Ergebnis der Geheimworte war oder nicht. Er leuchtete mit seiner Taschenlampe in die Öffnung, und als er eine runde Falltür unter sich sah, ließ er sich hinunter.
    »Da ist tatsächlich eine Tür«, sagte er zu Alan und Neil, die von oben zu ihm hinuntersahen. John trat mit je einem Fuß links und rechts neben die Falltür, packte den Löwengriff und zog an der Kette. Die Falltür, alt und rostig, hob sich ein paar Zentimeter, aber es dauerte noch einmal fünf bis zehn Minuten, bevor er sie ganz aufklappen konnte.
    Er lehnte die Falltür gegen die Wand des Schachtes, leuchtete mit der Taschenlampe in einen uralten Steintunnel hinunter und stellte fest, dass die Lampe im Moment kaum nötig war: der Tunnel schimmerte irgendwie hell, als sei dies das Resultat der plötzlich geöffneten Tür. »Hängt vielleicht mit dem Sauerstoff von draußen zusammen«, murmelte John vor sich hin.
    Er kletterte noch einmal hinauf, überredete die Hunde hinunterzuspringen,sprang selbst nach und schob über sich den Lattenrost wieder über die Öffnung, damit nicht etwa die Soldaten den Schacht finden und auskundschaften würden. Das Letzte, was er gebrauchen konnte, war ein Trupp Soldaten hinter sich. Er nahm seinen Rucksack und stieg durch die Falltür hinunter. Schon spürte er, wie ihn die Platzangst überkam. Er biss die Zähne zusammen, nahm eine Kohletablette, und dann machten sie sich zu dritt auf den spiralförmig gewundenen, leicht abwärts führenden Weg. John merkte schnell, dass er genauso angelegt war wie der Turm darüber, und allmählich erkannte er auch, dass der Teil unter der Erde viel größer war als der Teil oberhalb – ähnlich wie bei einem Eisberg. Er fragte sich, ob der Turm zu irgendeiner Zeit einmal ganz über der Erde gestanden hatte. Wenn ja, könnte er damals durchaus so hoch gewesen sein wie ein New Yorker Wolkenkratzer. An den Tunnelwänden war eine Reihe von Fackeln befestigt, deren Flammen stetig, aber seltsam violett brannten.
    »Möchte wissen, wer die immer am Brennen hält«, sagte John laut.
    Im gleichen Augenblick machte er eine beispiellose Erfahrung: Er sprach in einer ihm unbekannten Sprache. Er wusste zwar, was er sagte, aber sobald die Worte aus seinem Mund kamen, waren sie ihm fremd. Und nicht nur ihm. Weder Alan noch Neil verstanden ihn – das erkannte er daran, dass Neil mit der Pfote ein Fragezeichen in den Staub auf dem Weg malte und Alan verständnislos winselte.
    »Das ist ja komisch«, sagte John laut und die Worte klangen völlig anders. Erst nach einer ganzen Weile kam er darauf, dass er hier den »Babel-Effekt« erlebte, wie Eno das genannt hatte.Der Ausdruck bezog sich auf die Erzählung im Buch Genesis, als die Menschen plötzlich anfingen, in verschiedenen Sprachen zu reden, und keiner mehr die Sprache des anderen verstand.
    »Keine Angst«, versuchte er den Hunden klar zu machen. »In den Bellili-Schriftrollen sagt Eno, dass das passieren kann. Es hängt damit zusammen, dass wir uns hier im

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