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Die Kinder des Dschinn. Gefangen im Palast von Babylon

Die Kinder des Dschinn. Gefangen im Palast von Babylon

Titel: Die Kinder des Dschinn. Gefangen im Palast von Babylon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. B. Kerr
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ursprünglichen Turm von Babel befinden.« Aber weder Alan noch Neil hatte die leiseste Ahnung, was er sagte. Nach ein paar Minuten dämmerte es John schließlich, dass er die Sprache eines nordamerikanischen Indianerstammes sprach, nämlich die der Lakota-Indianer, besser bekannt als Sioux. Er wusste das, weil er vor kurzem eine Fernsehsendung gesehen hatte, in der eine alte Lakota-Indianerin Schauspielern ihre Sprache beibrachte. Die Erfahrung war aber nicht unangenehm, und nach einer Weile fiel ihm ein, dass laut Eno der Babel-Effekt nur eine vorübergehende Erscheinung war.
    Ein Stück weiter auf dem spiralförmig gewundenen Weg trafen er und die Hunde jedoch auf etwas weit weniger Angenehmes. Es war ein großer Mann mit nackter Brust, der seidene Hosen und ein Schwert trug. John merkte, dass hier nicht einmal mit dem Schutz von Alan und Neil ein Vorbeikommen möglich war, ohne dass mindestens einer von ihnen getötet oder schwer verletzt werden würde.
    »Hören Sie«, sagte John. »Das muss ein Missverständnis sein. Ich bin ein Freund. Ehrlich. Ich heiße John und Sie?« Nur dass dieser Satz in Lakota-Sioux ungefähr so klang:
»Hoka hey. Wonunicun. Miyelo ca kola. Zunta. Micaje John. Nituwe he?«
    Der Mann mit dem Schwert grinste John an – ziemlich scheußlich, wie er fand – und es war klar, dass er kein Wort verstanden hatte. Hastig suchte John in Enos Buch nach einem Hinweis, was er jetzt tun sollte. Vielleicht hatte er ja etwas übersehen. Aber Macreebys Übersetzung ließ keinen Zweifel: »Das Leben lehrt uns, dass nur der wahrhaft Entschlossene erfolgreich ist. Um zu suchen, muss man sich erst selbst erniedrigen. Deshalb musst du dich sechsen der sieben Wächter unterwerfen, ohne jede Frage, sonst ist deine Suche für immer vereitelt. Sechsmal musst du dich dem, was dir begegnet, blindlings ergeben, mag es dir noch so furchtbar oder gar todbringend erscheinen.«
    Eno hatte kaum übertrieben. Der Mann mit dem Schwert sah so todbringend wie furchtbar aus. Selbst wenn John ihm hätte Widerstand leisten wollen, hätte er keine Möglichkeit dazu gesehen. »Gut«, sagte er. »Gehen wir also.« Es kam heraus als:
»Hin hoppo.«
John verbeugte sich und ging langsam auf den Mann mit dem Schwert zu, und während er sich sicherheitshalber noch ein paarmal verbeugte, wiederholte er ständig das Wort:
»Colapi«
– das Lakota-Wort für »Freunde«.
    Als er sich dem Mann weit genug genähert hatte, spürte John, wie eine schwere Hand auf seine Schulter fiel und ihn in die Knie zwang. Er musste schlucken, denn nun wich der stumme Mann einen Schritt zurück und hob sein Schwert. Die Klinge funkelte in dem seltsamen unterirdischen Licht und John spürte sie leicht auf seinem Nacken. Der Schwertmann machte sich zum Schlag bereit. Wie konnte er sich in einer solchen Situation blindlings ergeben? Alle seine Instinkte sagten ihm, wenn er auf Knien hier liegen bliebe, würde er geköpftwerden. Wie sollte eine Unterwerfung in diese Qual für ihn von Vorteil sein, wenn diese Unterwerfung mit seinem Tod endete? Was, wenn Macreeby bei seiner Übersetzung einen Fehler gemacht hatte? Angenommen, Eno hatte in Wirklichkeit geschrieben, man dürfe sich dem Wächter
nicht
unterwerfen, und Macreeby hatte dieses alles entscheidende Wort ausgelassen?
    Alan und Neil knurrten, als der muskelstrotzende Arm mit dem Schwert ausholte. John befahl den Hunden, neben ihm zu bleiben, dann kniff er die Augen zusammen. »Vorsicht, Zähne, Vorsicht, Nase«, murmelte er auf Lakota, als das Schwert auf seinen Kopf niedersauste. »Vorsicht, Nacken, jetzt kommt’s!«

Jenseits von gut und böse

    Nichts ist reiner Zufall, wie einem jeder Dschinn sagen wird. Nachdem das Universum erschaffen war, wurde dem Menschen die Herrschaft über die Erde übertragen, den Engeln die Herrschaft über den Himmel und den Dschinn die Herrschaft über das Glück, welches die Wechselwirkung zwischen beiden ist. Viele der Glücksspiele, die weltweit bei Menschen beliebt sind, wurden von bösen Dschinn wie den Ifrit erfunden. Zum einen als Geißel der Menschheit und zum anderen, um sich die Mühe zu ersparen, ihre Kräfte anwenden zu müssen – die Ifrit sind nämlich ein sehr fauler Dschinnstamm.
    Aber etliche gute Dschinn hatten es zu ihrer Lebensaufgabe gemacht, das durch das Glücksspiel hervorgerufene Unglück zu bekämpfen. Einer von diesen war Edwiges, die wandernde Dschinnfrau. Sie versuchte, die Kasinos zu ruinieren, indem sie Spielsysteme entwickelte, die so

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