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Die Kinder des Kapitän Grant

Die Kinder des Kapitän Grant

Titel: Die Kinder des Kapitän Grant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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gekreuzten Armen, Thaouka dicht neben ihm, dastand und ruhig auf die bewegte Wellenfläche blickte.
    Glenarvan nahm ihn bei der Hand und wies auf die Yacht:
    »Komm mit!« sagte er.
    Der Indianer schüttelte sanft den Kopf.
    »Komm mit, Freund, wiederholte Glenarvan.
    – Nein, erwiderte sanft Thalcave. Hier ist Thaonka und dort – die Pampas!« setzte er hinzu, indem er mit leidenschaftlicher Geberde die Arme nach der ungeheuren Ebene ausbreitete.
    Glenarvan verstand wohl, daß der Indianer niemals die Prairie verlassen wollte, wo die Gebeine seiner Väter bleichten. Er kannte die fromme Anhänglichkeit dieser Kinder der Wüste an ihr Heimatland. Er drückte also Thalcave die Hand, und bestand nicht auf seinem Wunsche; auch nicht, als der Indianer, auf seine Weise lächelnd, den Lohn für seine Dienste ausschlug, indem er sagte:
    »Aus Freundschaft.«
    Glenarvan war ergriffen und konnte ihm nicht antworten. Er wollte dem braven Indianer wenigstens ein Andenken hinterlassen, das ihn an seine Freunde in Europa erinnern sollte. Aber was konnte er geben? Seine Waffen, seine Pferde, Alles hatte er bei der unglücklichen Ueberschwemmung verloren. Seine Freunde waren nicht reicher als er.
    Er wußte gar nicht, wie er die Uneigennützigkeit des wackeren Führers belohnen sollte, als ihm noch ein Gedanke kam. Aus seiner Brieftasche zog er ein kostbares Medaillon hervor, das ein prächtiges Bild, ein Werk von Lawrence’s Meisterhand, umschloß. Das bot er dem Indianer.
    »Meine Frau«, sagte er.
    Mit gerührtem Blicke betrachtete Thalcave das Bildniß, und sprach die einfachen Worte:
    »Gut und schön!«
    Dann drängten sich Robert, Paganel, der Major, Tom Austin und die beiden Matrosen heran, um dem Patagonier mit gerührten Worten Lebewohl zu sagen. Die wackeren Leute waren wahrhaft ergriffen, den unerschrockenen und ergebenen Freund zu verlassen. Alle drückte sie Thalcave an seine breite Brust. Paganel nöthigte ihm eine Karte von Süd-Amerika mit den beiden Oceanen auf, die der Indianer oft neben ihm mit großem Interesse betrachtet hatte. Es war diese das Kostbarste, was der Gelehrte besaß. Robert hatte nur seine Liebkosungen zu bieten; diese bot er seinem Retter, und Thaouka wurde dabei nicht vergessen.
    In diesem Augenblicke näherte sich das Boot des Duncan; es glitt in einen engen, zwischen den Sandbänken ausgehöhlten Canal und stieß bald am Ufer auf den Sand.
    »Meine Frau? fragte Glenarvan.
    – Meine Schwester? rief Robert.
    – Lady Helena und Miß Grant erwarten Sie an Bord, entgegnete der Führer des Bootes. Aber fahren wir bald ab, Ew. Herrlichkeit, wir haben keine Minute zu verlieren, denn schon macht sich der Eintritt der Ebbe bemerkbar.«
    Zum letzten Male umarmte man den Indianer. Thalcave begleitete seine Freunde bis zum Boote, das wieder flott gemacht wurde. Im Augenblicke, als Robert einsteigen wollte, schloß ihn der Indianer in seine Arme und sah ihm voll Zärtlichkeit in’s Gesicht.
    »Und nun geh, sagte er dann, Du bist ein Mann!
    – Leb’ wohl, Freund, leb’ wohl! sagte noch einmal Glenarvan.
    – Werden wir uns nie wiedersehen? rief Paganel.
    –
Quien sabe?
« 1 antwortete Thalcave, seine Arme gen Himmel erhebend.
    Das waren die letzten Worte des Indianers, die sich im Wehen des Windes verloren.
    Man fuhr in’s offene Meer. Das Boot entfernte sich, von der sinkenden Fluth fortgezogen. Lange noch sah man das unbewegliche Bild Thalcave’s durch die schäumenden Wogen, dann wurde seine große Gestalt kleiner und er verschwand aus den Augen der einstigen Freunde.
    Eine Stunde später schwang sich Robert zuerst an Bord des Duncan und warf sich Mary Grant an den Hals, während die Mannschaft der Yacht die Luft mit freudigem Hurrahrufen erfüllte.
    So ward diese Reise durch Süd-Amerika auf streng eingehaltener gerader Linie beendet. Weder Berge, noch Flüsse hatten die Reisenden von ihrem unabänderlichen Wege abgedrängt, und wenn sie auch nicht gegen den bösen Willen von Menschen zu kämpfen hatten, so stellten doch die Elemente, die ihnen so oft in voller Wuth entgegentraten, ihre edelmüthige Unerschrockenheit auf manche harte Probe.
Fußnoten
    1 Wer weiß es?
     

Zweiter Theil.
Erstes Capitel.
Die Rückkehr an Bord.
    Die ersten Augenblicke wurden dem Glücke des Wiedersehens gewidmet. Lord Glenarvan wollte nicht durch den Mißerfolg der Nachforschungen die Freude in den Herzen seiner Freunde abkühlen. Daher waren auch Folgendes seine ersten Worte:
    »Vertrauen, meine Freunde,

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