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Die Kinder des Ketzers

Die Kinder des Ketzers

Titel: Die Kinder des Ketzers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Klink
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nicht weiter verwunderlich war, denn schließlich war diese seit 1545 in Rom gewesen, und beide bezweifelten sehr, dass Catarino ihre Tante erkannt hätte, 384
    wenn sie nicht wenige Stunden vorher vor deren Portrait gestanden wäre. Andererseits waren auch Fabiou und Cristino durchaus an einem erneuten Treffen mit Beatrix Avingou interessiert – schon weil sie ihren Vater gekannt hatte.
    Auch in diesem Moment saß Catarino auf ihrem Bett, kleisterte sich vor einem kleinen Taschenspiegel Rouge auf die Lippen und philosophierte über Tante Beatrix, ungeachtet des abwesenden Ausdrucks im Gesicht ihrer Schwester. «Irgendwie ist es seltsam», erklärte sie gerade. «Ich habe fast den Eindruck, die wollen alle gar nicht, dass wir zu Tante Beatrix gehen. Mama guckt immer richtig böse, wenn ich von Tante Beatrix anfange. Und Frederi…» Sie verdrehte die Augen. «Wobei, am schlimmsten ist Onkel Philomenus, der alte Griesgram. Da hat man ja letztens gedacht, er würde Tante Beatrix am liebsten gar nicht zur Tür hereinlassen. Ich verstehe das nicht. Dabei ist sie doch Nonne! Also, dass sie etwas dagegen haben, dass ich mit Jean de Mergoult unterwegs bin, das sehe ich ja gerade noch ein!» Sie kicherte. Dann wurde sie plötzlich ernst.
    «Cristino?»
    «Hm?»
    «Was denkst du, warum ist Tante Beatrix Nonne geworden? Ich meine, sie sieht doch gut aus – sie hätte doch sicher auch einen passenden Mann gefunden…»
    Cristino sah sie erstaunt an. Sie schien die Frage reichlich blasphemisch zu finden. «Nun, um Gott mit ganzem Herzen dienen zu können, natürlich!», erklärte sie vehement.
    «Ach, Geschwätz!» Catarino machte eine wegwerfende Handbewegung. «Weißt du, was ich glaube? Ich glaube, sie war unglücklich verliebt, und weil sie ihren Angebeteten nicht bekommen konnte, hat sie der Welt entsagt und ist ins Kloster gegangen!» Catarino seufzte gerührt.
    Cristino fuhr fort, aus dem Fenster zu starren. Sie schien sich nicht weiter für die Überlegungen ihrer Schwester zu interessieren. Catarino verdrehte wieder die Augen. «Oh, Himmel, ma pe- tite , grübelst du noch immer über deine komische Agnes nach?»
    «Sie ist nicht komisch», flüsterte Cristino und warf einen hastigen Blick über ihre Schulter, als befürchte sie, Agnes könnte direkt hinter ihr stehen.
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    «Ach, Cristino, Mädchen, du brauchst einfach etwas Abwechslung! Denk mal an das Fest nächsten Samstag bei den Degrelhos. Was meinst du, werden wir die Mergoults da wiedersehen?» Sie rutschte zu Cristino ans Fenster hinüber. «Ich sag’s dir», flüsterte sie, «Alexandre de Mergoult hat’s auf dich abgesehen.»
    Cristino wurde rot. «Meinst du wirklich?», fragte sie.
    «Natürlich», sagte Catarino im Tonfall einer echten Expertin.
    «Warte nur, spätestens nächsten Samstag wird er dich küssen. Und ich sag dir, bei dem würde ich nicht nein sagen, wenn er noch mehr vorhätte!»
    «Catarino!», rief Cristino entsetzt.
    «Ach, tu nicht so, du willst es doch auch!»
    «Ich… ich weiß nicht – was, wenn er mich dann nicht heiratet?», fragte Cristino unsicher.
    «Ach, warum sollte er dich nicht heiraten? Du siehst doch gut aus. Und spätestens wenn er dir ein Kind gemacht hat, muss er dich heiraten!», erklärte Catarino felsenfest.
    «Hast du denn… jetzt… schon mal…» Cristino brach ab. Sie wurde noch röter.
    «Fast», meinte Catarino von oben herab. «Es kommt ja irgendwie immer etwas dazwischen. Aber ich tu’s noch, da kannst du Gift drauf nehmen! Bald! He, schau mal! Das wird dir gefallen!» Catarino lief zu ihrem Schmuckkästchen, klappte den Deckel auf und nahm ein Blatt Papier heraus. «Hat mir Trévigny geschenkt.»
    «Was ist das?», fragte Cristino neugierig.
    «Ronsard!», rief Catarino aus. « Le plus nouveau . Riech mal…», sie schnupperte an dem Blatt, «… ist parfümiert!»
    Cristino nahm das Blatt entgegen. Es duftete nach Rosen.
    «Ich kann’s schon auswendig!», rief Catarino aus. 386
    «Plus tu cognois que je brusle pour toy,
    plus tu me hais, cruelle:
    Plus tu cognois que je vis en esmoy,
    et plus tu m’es rebelle.
    Mais c’est tout un, car las! je suis tant tien
    et je beniray l’heure
    de mon trespas: au moins s’il te plaist bien
    qu’en te servant je meure.»
    Je mehr du erkennst, dass ich für dich entflammt bin, desto mehr hasst du mich, Grausame;
    Je mehr du erkennst, dass ich in Unruhe lebe,
    desto mehr stößt du mich zurück.
    Aber das ist egal, denn ich bin so sehr dein
    und ich werde die

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