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Die Kinder des Saturn

Die Kinder des Saturn

Titel: Die Kinder des Saturn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stross Charles
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hineingehen.«
    Ich blicke zur Tür hinüber: Da wird er nie und nimmer hindurchpassen! »Also, vielen Dank auch«, sage ich. »Wenn ich in fünfzehn Minuten nicht wieder draußen bin und Sie bis dahin auch nichts von mir gehört haben, benachrichtigen Sie den Brandschutz und fordern Verstärkung an, ja?«
    »Wie Sie wünschen.« Während ich hineingehe, wendet er sich vom Gebäude ab und sondiert die Umgebung mit Augen, die wie Zielfernrohre arbeiten.
    Der Bürokomplex hat offensichtlich schon bessere Zeiten gesehen. Die Hälfte der Adressenschilder hinter dem unbesetzten Empfang weist keine Namen auf; trotzdem brauche ich Minuten,
um das Büro der Firma Jeeves zu orten. Es liegt im Souterrain, eingezwängt zwischen Jordin Ballistik und Travis Teeimport. Ich nehme jeweils drei Treppenstufen auf einmal und fühle mich regelrecht beschwingt, als ich mich von jeder Stufe abstoße und nach unten schwebe. Das Treppenhaus ist voller Staub und düster, denn ein Drittel der uralten Beleuchtungskörper funktioniert nicht mehr. Das trübe angelaufene Messinggeländer sieht wie angeknabbert aus. Fast rechne ich damit, in irgendeiner Ecke auf einen Staubsauger zu stoßen, der längst den Geist aufgegeben hat, weil irgendjemand ihn ausgeschlachtet hat.
    Selbstverständlich sehe ich diesem Treffen mit Misstrauen entgegen, aber es ist höchste Zeit, dass ich diesen Planeten verlasse. Und die beste Möglichkeit, kostenlos an irgendeinen zivilisierten Ort zu verschwinden, scheint mir die Firma Jeeves zu bieten. Also gehe ich den Gang entlang, bis ich auf eine schlichte Glastür stoße. Sie ist sauber und auf Hochglanz poliert, was ich in dieser Umgebung bemerkenswert finde. Nach kurzem Klopfen trete ich ein.
    »Ähm.« Das männliche Wesen im wuchtigen Schreibtischsessel räuspert sich – und stellt meine Welt schon in den ersten Sekunden auf den Kopf. Ich weiß nicht genau, was ich erwartet habe, aber bestimmt nicht das hier . Als ich mir vergegenwärtige, wer da vor mir sitzt, bin ich einen Moment lang so verwirrt, dass mir die Knie weich werden. Doch als er von seinem Notebook aufblickt und mich wie ein guter alter Onkel lächelnd ansieht, schwindet der erste Eindruck. »Guten Morgen, meine Liebe! Welch bemerkenswerter Besuch! Sie sind wohl nicht zufällig Freya 47?«
    »Gu… guten Tag«, bringe ich stotternd hervor und bemühe mich, meine Verwirrung zu kaschieren. Einen Augenblick lang kommt es mir so vor, als hätte eine EMP-Bombe meine wichtigsten Funktionen außer Gefecht gesetzt. Er ist wirklich ein vollendetes Ebenbild meiner Schöpfer! Doch der Sauerstoffpartialdruck beträgt hier nur etwa ein Prozent und die Temperatur mehr als siebzig Grad Celsius; folglich wäre meine Einzig Wahre Liebe
in diesem Zimmer sofort ohnmächtig und blau im Gesicht zu Boden gesunken und binnen Sekunden gestorben. Außerdem fallen mir nach und nach verräterische Einzelheiten an dem Mann auf. »Wer sind Sie?«, frage ich.
    »Man wird häufig als Jeeves bezeichnet und hört sogar auf den Namen, wenn es einem passt.« Als er spitzbübisch lächelt, versuche ich seine ganze äußere Erscheinung zu erfassen – von der faltigen blassrosa Haut und den kleinen Augen bis zum altertümlichen Anzug mit dem steifen Kragen. Er sitzt hinter einem Schreibtisch, dessen Material dem uralten, sich selbst reproduzierenden Stoff namens Holz nachempfunden ist, genauer gesagt dem von Mahagoni . Und das kleine Zimmer ist so getäfelt und mit Teppichen ausgelegt, dass es einem traditionellen Club oder Gesellschaftsraum aus der Epoche des Dritten Britischen Weltreichs ähnelt. Würde der Mann zur Spezies unserer Schöpfer gehören, wäre er etwa fünfzig Jahre alt. Das Trugbild ist fast fehlerlos. Würde die Klimaanlage richtig funktionieren, könnte ich ihn durchaus für … hätte ich ihn womöglich …
    »Bitte nehmen Sie doch Platz«, fordert er mich auf. Durch die Nachwirkung des ersten Eindrucks völlig aus dem Konzept gebracht, lasse ich mich mit wackeligen Knien auf den Stuhl vor seinem Schreibtisch fallen.
    »Haben Sie irgendwelche Probleme auf Ihrer Reise gehabt?« Jeeves lehnt sich in seinem Sessel zurück und mustert mich mit hochgezogener Braue. Er wirkt angespannt.
    (Sie müssen verstehen, dass in diesem Szenario eine wesentliche Schwäche meiner Sippe offenbar wird. Obwohl wir von Anfang an zu Sexsklavinnen bestimmt waren, haben die späteren Verkörperungen unseres Modells – die jüngsten Schwestern und ich selbst – niemals persönlich erlebt,

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