Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Kinder des Saturn

Die Kinder des Saturn

Titel: Die Kinder des Saturn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stross Charles
Vom Netzwerk:
Geschäftsstelle. Die Adresse fügen wir bei.« Eine weitere Nachricht gibt es nicht. Ich sehe nach der Uhr: Seit meiner Mitteilung an Emma sind keine zehn Stunden vergangen, also kann ich auch noch nicht mit einer Antwort rechnen.
    Während ich vor der Frisierkommode Platz nehme, verschlechtert sich meine Stimmung von Sekunde zu Sekunde. Ich bin auf deren Kosten hierhergereist, folglich ist es an der Zeit, meinen Teil der Abmachung zu erfüllen. Und herauszufinden, was hier gespielt wird, rufen mir meine misstrauischen Ichs ins Gedächtnis.
    Ich überhäufe den Drucker mit Produktionsaufträgen: eng geschnittene Hosen und ein mit Kapuze versehenes Stahlmaschenoberteil samt Wärme absorbierendem Überzug und schwarzen Gummistacheln an den Schultern. Sexuelle Ausstrahlung vermindern , Militanz erhöhen ! In diesem Aufzug sehe ich zwar wie ein ausgemergelter Gangster mit Stoppelhaar aus, aber unter diesen Umständen fühle ich mich durchaus wohl dabei. Zusätzlich bestelle ich mir auch noch eine verspiegelte, für den Aufenthalt an der Oberfläche geeignete Schutzbrille, deren Gläser sich mit der
Haut rund um meine Augen verbinden können. Falls ich wieder auf der Oberfläche lande, bin ich jetzt zumindest vorbereitet. Ich bin sicher, dass Ichibans Freunde nicht wegen meines Körpers oder meiner musikalischen Talente an mir interessiert sind.
    Ohne belästigt zu werden, erreiche ich das Foyer, stoße aber überall auf Anzeichen von Paris’ Paranoia – von gerade versiegelten Steckdosen und abgesperrten Personaleingängen bis zu einem monströsen, grünhäutigen Trampel, der unmittelbar an der Eingangstür steht. Er ist drei Meter groß, zwei Meter breit, schleppt anstelle eines Kopfes einen Geschützturm mit sich herum, und sein Rücken ist mit Raketenwerfern gespickt. »Mistress Freya?«, knurrt er und richtet das Geschütz höflich auf den Boden. »Management sagt, ich soll Sie begleiten. Bitte ausweisen, ja?«
    Ich blicke zum Empfang hinüber. Paris ist gerade anderweitig beschäftigt, mit einem erzürnten Gast, findet aber die Zeit, mir zuzunicken. »Das hier bin ich«, sage ich und greife nach dem ausgestreckten Fangarm des Ungeheuers, um Identitätscodes auszutauschen. »Wissen Sie, welche Büros unter dieser Adresse firmieren?« Ich reiche ihm die Nachricht, die mir Ichibans Geschäftsfreund geschickt hat.
    »Entschuldigung, bitte.« Der grüne Riese kauert sich neben mich. Sofort ächzt der Fußboden unter seinem Gewicht. »Frage gerade beim Brandschutz nach … Ja. Das ist die Niederlassung der Firma Jeeves auf unserem Planeten. Der Brandschutz fragt, ob Sie vorhaben, die Geschäftsstelle in Schutt und Asche zu legen. Weil …«
    »Nein, nein, das wird nicht nötig sein!«, beeile ich mich zu versichern. »Aber ich muss dorthin. Wissen Sie, womit die Firma handelt oder wer die Leute sind? Und können Sie mich zu ihnen bringen?«
    »Nein auf Frage eins und Frage zwei, ja auf Frage drei.«
    Ich warte auf Weiteres, aber offensichtlich ist er sprechfaul – der starke, wortkarge Typ. Ich tue es ihm nach und seufze lediglich. »Wie heißen Sie?«
    »Blunt.«

    »Also gut, Blunt. Können wir dorthin gehen, falls kein Risiko damit verbunden ist? Und falls wider Erwarten doch, können Sie mich dann beschützen?«
    »Ja.« Er zögert einen Moment und setzt dann nach: »Falls nicht ich persönlich, dann der Brandschutz.« Wie beruhigend. Mit einem Augenblinzeln rufe ich einen Stadtplan auf und mache mich auf den Weg zur Tür, doch Blunt hält mich mit einem Arm von der Größe eines kleinen Krans zurück. »Blunt geht als Erster.« Den Geschützturm herumschwenkend, tritt er durch die Außentür und gibt mir gleich darauf das Zeichen, ihm zu folgen. Seine Schritte dröhnen wie Vorschlaghämmer und lassen das Pflaster vibrieren.
    Die Niederlassung der Firma Jeeves ist in einem unmodernen Büroturm mittlerer Höhe am Rand des Hauptgeschäftsviertels untergebracht und liegt in einer Gegend, die als Sanierungsgebiet ausgewiesen ist. Auf dem Weg dorthin kommen wir an von Chips kontrollierten Arbeitssklaven vorbei – Bautrupps, die gerade dabei sind, Inneninstallationen aus dem Skelett eines geodätischen Kuppelbaus herauszureißen, in dem früher vermutlich ein bedeutendes Unternehmen residierte. Die aufgeheizte Luft hier enthält zu wenig Sauerstoff und stinkt leicht nach Silikonschmierstoffen. Nachdem Blunt mich zum Eingang des Turms geführt hat, bleibt er kurz stehen. »Abwarten«, knurrt er. »Noch nicht

Weitere Kostenlose Bücher