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Die Kinder des Teufels (German Edition)

Die Kinder des Teufels (German Edition)

Titel: Die Kinder des Teufels (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Rausch
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heiße Oblateneisen auftragen, kurz warten und schon war die Opfergabe fertig. Was noch fehlte, war die Wandlung, durch die aus der unscheinbaren Scheibe der Leib Christi wurde.
    Der wurde allen frommen Christenmenschen zur Erquickung ihres Seelenheils gereicht. Vielen half der Leib Christi durch diese schwierige Zeit der Hoffnungslosigkeit, des Abfalls vom Glauben und des Hasses unter den Menschen.
    Manchmal jedoch half selbst das nicht mehr. Dann war alles vergebens. Und dieser Tag sollte schneller kommen, als viele befürchteten.

    Bruder Jakobus hatte das Notwendigste in einen Beutel gepackt – saubere Tücher, frische Milch, Brot, Wurst und Käse. Ach ja, und Kräuter aus dem Klostergarten. Kathi hatte darum gebeten.
    Was wollte ein Kind damit anstellen, fragte er sich. Selbst Bruder Hieronymus, der über den Garten wachte, ihn liebevoll hegte und pflegte, mangelte es an dem notwendigen Wissen, um aus den Kräutern wertvolle Medizin zu machen. Aber die beiden kannten Kathi nicht. Sie wussten nicht, dass sie bei einer kräuterkundigen Amme aufgewachsen war und eine Lehre in einer Apotheke absolviert hatte.
    Was die Franziskanerbrüder jedoch umso genauer wussten, war, dass sowohl Amme Babette als auch Apotheker Grein des Pakts mit dem Teufel überführt und auf dem Scheiterhaufen verbrannt worden waren. Und zu beiden hatte Kathi ein enges Verhältnis gehabt. Die Weitergabe von Kräutern war demnach nicht unbedenklich.
    Im Fall des Apothekers hatte sich die ganze Tragödie der Abkehr von Gott gezeigt. Im Wahn hatte er seine Frau auf offener Straße erschlagen. Seine beiden Kinder, Lene und Lotti, bezichtigten ihn daraufhin der gemeinsamen Sache mit Hexen und dem Teufel.
    Auf dem Marktplatz hatte es einen Tumult gegeben, bei dem auch dieses seltsame Kind, Kathi, beteiligt war. Sie galt als Anführerin der Kinderhexen, die die Stadt an den Rand des Wahnsinns gebracht hatte. Seitdem war nichts mehr wie vorher.
    Nach einer Verschnaufpause, in der sich die Mächte der Dunkelheit neu zusammengefunden hatten, grassierte das Hexenunwesen schlimmer als zuvor. Der Teufel lauerte in jedem Winkel, und war er noch so privat – in den Stuben, in den Schlafkammern, mitunter sogar in den Beichtstühlen.
    Und jetzt noch dieser Stern, der drei Nächte zuvor am Himmel über Würzburg zerborsten war. Es gab nicht viele, die ihn tatsächlich gesehen hatten, die meisten hatten zu der späten Stunde schon geschlafen, aber jeder wusste über ihn Bescheid.
    Das Teufelsauge – so wurde er genannt seiner hell strahlenden Iris und des blutroten Randes wegen.
    Jakobus eilte zur Pforte hinaus. Mitten auf dem Weg stand ein Fuhrwerk mit zwei Gäulen. Einer der beiden hatte Schaum vor dem Mund, und seine schwarzen, großen Augen bewegten sich aufgeregt. Der Gaul trippelte gefährlich auf der Stelle, als wolle er im nächsten Moment auf und davon. Ein Peitschenhieb schnalzte über seinem Kopf.
    «Ruhig, du verfluchter Satansbraten!»
    Der Kutscher hielt ein, als er Jakobus sah.
    «Vergebt mir, Vater, aber in das Vieh ist der Teufel gefahren.»
    Jakobus achtete nicht darauf und ging weiter.
    Auf dem gefrorenen Matsch war ein zügiges Gehen nicht möglich. Spitzes Eis und allerlei Straßendreck bohrten sich in die Knöchel. Jakobus ging daher nahe an den Häusern entlang, stieg über ausgeleerte Nachttöpfe und zerbrochene Kruzifixe. Selbst vor einem Bild der Heiligen Mutter Maria hatte der Wahnsinn nicht haltgemacht. Zerfleddert lag es im Schmutz der Straße, festgefroren, geschunden und verhöhnt, wie einst Jesus mit seinem Kreuz in der Via Dolorosa.
    Im letzten Licht des Tages trat Jakobus auf die Domstraße. Vor dem Portal des Kiliansdoms hatte nur noch eine Handvoll Händler ihre Stände aufgebaut. Schlecht waren die Aussichten auf ein lohnendes Geschäft, hingegen war es gut möglich, unschuldig in den Kerkern der Stadt zu landen. Eine einzige Anschuldigung genügte mittlerweile.
    Eine gereizte Spannung lag in der Luft, elektrisierend wie ein aufziehender Wintersturm, bereit, sich jederzeit mit Schwert und Scheiterhaufen zu entladen.
    Vom Fischmarkt schallte die anklagende Stimme eines Wanderpredigers herauf. Er hatte einige Zuhörer um sich geschart, die bei ihm keinen Fisch, aber eine Sicht der kommenden Dinge bekamen. In letzter Zeit waren immer mehr von diesen Anklägern im Namen Gottes unterwegs. Ihr Sinn für die Angst der Menschen führte sie sicher ans Ziel.
    Jakobus wollte ihm keine Aufmerksamkeit schenken und beschleunigte seinen

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