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Die Kinder des Teufels (German Edition)

Die Kinder des Teufels (German Edition)

Titel: Die Kinder des Teufels (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Rausch
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Bruder Sebastian von der Kanzel fort, «als der Teufel – die Schlange – in das verführerische Weibsbild Eva gefahren war und dem treuen Adam befahl, die verbotene Frucht zu essen. Ihr wisst, was danach geschehen ist …»
    Ein Kind antwortete: «Adam und Eva wurden aus dem Paradies vertrieben.»
    Sebastian nickte, und die stolze Oma streichelte ihm übers Haar. «Richtig, aus Gottes eigenem Garten, in dem er sich den Menschen zeigte, mit ihnen sprach und seine Schöpfung offenbarte. An nichts hatte es Adam und Eva gemangelt. Sie hatten Essen und zu trinken im Überfluss, Frieden und Glückseligkeit, Liebe und Vertrauen. Und was hat Gott im Gegenzug dafür verlangt?»
    Gehorsam. Nichts weiter. Ludwig seufzte. Ja, auch ihm hatte es an Gehorsam gefehlt, und an Bescheidenheit. Was hatte er sich nur angemaßt? Er war ein einfacher Vikar gewesen, der dem Stift, das ihn versorgte, den Rücken gekehrt und sich als Erlöser einer verdorbenen Kinderhorde aufgespielt hatte.
    Das Stiftskapitel von Neumünster hatte ihn dafür ausgeschlossen. Nun hatte er Gnade und Vergebung in Stift Haug gefunden. Nie wieder würde er so vermessen sein.
    «Das zweite Mal war», sprach Sebastian, «als der Teufel in einen Jünger Jesu gefahren war.»
    «Judas Ischariot», kam es zurück.
    Sebastian nickte. «Der verräterische Kuss für dreißig Silberlinge und der qualvolle Tod unseres Herrn und Erlösers Jesus Christus am Kreuz. Was für eine Tragödie und was für ein Sieg des Teufels über Gott und seine Menschen … Aber, warum konnte das nur geschehen?»
    «Weil Judas schwach war.»
    «Richtig. Er hätte sich gegen den Teufel wehren können. Wer stark im Glauben ist, lässt sich durch nichts erschüttern, selbst durch die verlogenen Versprechen des Teufels nicht.»
    Notfalls hätte er sein schändliches Leben vor dem Verrat beenden sollen, führte Ludwig den Gedanken zu Ende. Nur wer stark ist, kann widerstehen.
    Mit der Hand fuhr er hinunter zu seinem Oberschenkel. Durch die Kutte spürte er das harte Metall der Kette, die seinen Schenkel umspannte. Die Spitzen steckten bereits zur Hälfte im schwachen Fleisch. Gleich nach der Messe würde er sie um ein Glied enger ziehen. Bis dahin musste ein kurzer, aber entschiedener Druck genügen.
    Ludwig stöhnte leise auf.
    «O Herr, vergib mir meine Schuld. Verzeih, wo ich dich betrübt habe, wo ich nicht genug geliebt. O Herr, vergib und hab Geduld.»
    Du Narr. Der Teufel lauert in dir selbst.
    Die Stimme in ihm verfolgte ihn schon seit einiger Zeit. Sie wurde mit jedem Mal lauter und eindringlicher. Er blickte hinauf zum Kreuz, schlug das Zeichen und schwor, dass er nicht eher nachlassen würde, bis er den Teufel besiegt hatte, und wenn er dafür mit ihm ins Feuer gehen musste.
    Der Schwur war gerade gesprochen, als das Kirchenportal aufgestoßen wurde. In der Tür stand ein feister Kerl, sturzbetrunken und unbelehrbar. Ludwig und Sebastian wussten, wer es war, so wie jeder andere in der Kirche auch. Es war Gottfried von Weyhenstein, Domherr im gleichnamigen Stift, unter den Bürgern besser bekannt als Bruder Bacchus .
    «Guter, kühler Wein! Schenk ein und leer ihn bis zum Grunde …»
    Er konnte sich nicht länger auf den Beinen halten, sackte mitten im Türstock auf den Boden. Kälte und Schneeflocken drangen durch die offene Tür herein.
    Ludwig kannte diese Schande von einem Priester nur vom Sehen. Er hielt Abstand zu diesem hochwohlgeborenen Herrn, genauso wie zu seinen Kumpanen des adeligen Standes, für die das Domstift wie auch das Ritterstift St. Burkhard vorbehalten war. Einfache Leute, wie Ludwig, hatten dort keinen Zutritt. Sie mussten sich mit Stift Haug und Neumünster begnügen.
    Schon der ehrwürdige Julius Echter, einer der Vorgänger von Bischof Ehrenberg, hatte große Probleme gehabt, diese Stiftsherren zu disziplinieren. Er prangerte ihren ausschweifenden Lebenswandel und ihre Pflichtvergessenheit als Geistliche an. Konkubinen, Trinkgelage und maßlose Gutsherrenart gehörten zu ihrem Standesbewusstsein. Sie agierten in Stadt und Land nach eigenem Gutdünken, allgemeines Recht und Gesetz galten für sie nicht. Sie waren von adeligem Stand und außerdem Teil der Geistlichkeit. Nur der Bischof konnte über sie richten, niemand sonst.
    Und selbst ihm wurden Grenzen aufgezeigt. Als er das Domkapitel – die Leitung des Domstifts – aufforderte, seine Stiftsherren zur Ordnung zu rufen, erntete er nur Spott und Unverständnis. Ein solcher Befehl sei undurchführbar, hieß

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