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Die Kinder des Teufels (German Edition)

Die Kinder des Teufels (German Edition)

Titel: Die Kinder des Teufels (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Rausch
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Ordnung, nichts wies auf einen Einbruch hin.
    «Ich kann nichts entdecken», sagte er und ließ Kathi endlich sitzen, die vom langen Gehen durch den tiefen Schnee erschöpft war.
    «Wer weiß von der Hütte?»
    Kathi überlegte.
    Da war der alte Ambrosius, der nicht mehr ganz richtig im Kopf war. Er lebte nicht weit entfernt mit seinen Bienen in einer ähnlich bescheidenen Waldhütte. Ambrosius entfernte sich nie weiter als hundert Schritt von seiner Behausung, bis zu einer Quelle, aus der er frisches Wasser schöpfen konnte. Dann gab es da noch den Förster des Bischofs, aber der kam mit seinem Hinkebein nicht mehr durchs Unterholz. Schließlich die Kinder, die die Amme Babette hier draußen aufgezogen hatte. Ja, es konnte sein, dass einer von ihnen wieder mal den weiten Weg auf sich genommen hatte. Aber nein, seitdem Babette tot war, gab es keinen Grund mehr dazu.
    «Ich weiß es nicht», antwortete Kathi schließlich, «es dürfte eigentlich niemand hier gewesen sein. Schon gar nicht zu dieser Jahreszeit.»
    Volkhardt gab sich vorerst damit zufrieden, wenngleich es seine Bedenken nicht aus dem Weg schaffen konnte.
    «Ich mach uns mal was zu essen.»
    Er nahm die Pfanne und ging damit vor die Tür.
    Kathi blickte nachdenklich ins Feuer, während Volkhardt die Pfanne im Schnee säuberte.
    Niemand kam freiwillig in diese Einöde, niemand hielt es hier lange aus, wenn er nicht wusste, wo er Wasser und Essen herbekam. Es machte eigentlich nur Sinn, wenn jemand die Hütte als Versteck genutzt hatte, jemand, der sich hier auskannte, der vom Riegel und der Holzklappe wusste.
    Versteck. Flucht. Schutz.
    Da fiel es ihr ein. Es gab tatsächlich noch jemanden, der von der Hütte wusste. Sie hatte es ihm selbst gesagt, auf sein Drängen hin, wenn er mal einen Unterschlupf brauchte, wenn er es nicht ganz bis nach Hause geschafft hatte, wenn er …
    Sie erhob sich, ihr Herz schlug schneller. Nein, das war ein irrsinniger Gedanke. Er hätte nur eine Nacht hier verbracht, um sich auszuruhen, um zu rasten, damit er am nächsten Morgen den Heimweg antreten konnte.
    «Ich habe jemanden gefunden.»
    Sie fuhr herum.
    Volkhardt stand in der Tür. «Er liegt bei den Holzscheiten … mit eingeschlagenem Kopf.»

[zur Inhaltsübersicht]
    12
    Die geheime Befragung Gottfried von Weyhensteins fand in der bischöflichen Kanzlei statt.
    Anwesend waren Generalvikar Dr. Riedner in Vertretung des Bischofs, Dr. Faltermayer als erfahrener Hexenjäger und weltlicher Arm des Gesetzes, Magister Erthel, der Malefizschreiber, und die Gäste aus Rom, Crispin und Antonius. Sie hielten sich auf eigenen Wunsch als Beobachter im Hintergrund auf. Wer noch fehlte, war Gottfried.
    Er würde in wenigen Minuten eintreffen, nachdem er sein Gebet im Dom beendet hatte.
    So wurde es den wartenden Herren ausgerichtet. Ob das verspätete Eintreffen und das vermutlich vorgeschobene Gebet ein erstes Schuldeingeständnis waren oder ein ganz normaler Vorgang im Tagesablauf eines Geistlichen, blieb bis auf weiteres dahingestellt. Fakt war, er ließ auf sich warten. Das war kein guter Anfang für ein so prekäres Gespräch. Die Stimmung war angespannt.
    Der Malefizschreiber Erthel wollte wissen, dass man Gottfried schon seit Monaten nicht mehr im Dom beim Gebet oder einer Messe gesehen hatte, stattdessen aber umso häufiger im Gasthaus Stern, im Gasthaus zum Stachel und in einem Dutzend weiterer Schenken – die meisten mit einem mehr als zweifelhaften Ruf. Huren und Glücksspieler, Scharfrichter und Folterknechte, Söldner und ehemalige Strafgefangene gingen dort ein und aus. Wohl kaum der passende Ort für einen ehrwürdigen Domherrn, geschweige denn für ein stilles Zwiegespräch mit dem Allmächtigen. Vielleicht aber, so lästerte der übermütige Erthel, wandelte Gottfried auch auf Jesus’ Spuren, indem er sich bewusst an solchen Orten aufhielt, um seine Maria Magdalena zu finden, die er vom lasterhaften Leben befreien konnte.
    Riedner quittierte den Spott mit einem bösen Blick und blätterte weiter in den Gesetzestexten – unter ihnen der Malleus Maleficarum , der Hexenhammer des Dominikaners Heinrich Kramer. Neben vielen anderen Dingen befand sich darin auch die Anweisung, wie mit verdächtigten Priestern umzugehen sei.
    Es war heikel. Ein Geistlicher war – genauso wie Adlige, Angehörige der Universität, Beamte und Juden – der bürgerlichen Rechtsprechung entzogen. Für sie galt anderes Recht. Sie mussten sich vor ihrem Dienstherrn rechtfertigen, im Falle

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