Die Kinder Paxias
Zopf zu binden. Ihre Haut war nahezu durchscheinend blass und das fein gewebte lilafarbene Kleid, das an Taille und Hüfte mit violetten Seidenbändern gegürtelt war, ließ Arme und eine Schulter frei, dass man die schwarzen Runen, die sich vom Schultergelenk bis an die Fingerspitzen zogen nicht übersehen konnte.
Ein fragender Blick aus dunklen, leicht mandelförmigen Augen traf Arn, der trotz seiner Faszination sein gutes Benehmen nicht vergaß und sich ehrerbietig grüßend verneigte.
Gareth legte seinen Arm sanft und mit einer selbstverständlichen Vertrautheit um die Taille der Angekommenen, die den Verdacht nahelegte, in ihr seine Gefährtin zu sehen.
„Das ist Arn, aus dem Reich des Feuers. Eine Art Rettungsmission hat ihn hierher geführt – und wir konnten Hilfe anbieten.
Arn, meine Gemahlin Sanjo.“
Die Intensität, mit der die dunklen Augen in die Tiefen seines Selbst einzudringen schienen, stand der Gareth in nichts nach – im Gegenteil.
Arn bekam das unwohle Gefühl, ihre Fähigkeit seinen Geist zu erforschen war nicht nur ein Eindruck, sondern Realität.
Zweifel tatsächlich eine Paxianerin vor sich zu sehen, stiegen in ihm auf. Doch bevor diese Idee Manifestation erlangen konnte, trat ein Lächeln in die Miene Sanjos und verwandelte das eigenartig anmutende Wesen in ein bezauberndes junges Mädchen.
„Ich hoffe, Ihr könnt Eure Aufgabe erfüllen und Eurem Reich Segen sein. Ich wünsche Euch alles Gute.“
Arn zog es vor nicht über die Tatsache nachzudenken, dass sie eigentlich nichts über ihn wissen dürfte.
Kapitel 4
Erst als sie die wie immer beharrlich schweigende Saya ansprechen wollte, merkte Kaeli, dass die Gelehrte nicht mehr neben ihr schritt und wandte sich verwundert nach dieser um.
Ihr Atem stockte.
Hatte sie sich, im Gegensatz zu ihrer Weggefährtin, bisher wenig beeindruckt gezeigt von der Natur Paxias Oberfläche, zu sehr vermisste sie nach wie vor die schillernd lebendige Schönheit ihrer Heimat, so erhielt ihre Gleichgültigkeit im Angesicht dieser neuen Umgebung einen merklichen Riss.
Fast drei Nächte hatten sie gebraucht, die ersten Wölbungen der gewaltigen Gebirgskette in der Ferne schemenhaft erkennen zu können und eine weitere, den Fuß dieser zu erreichen.
Und seitdem hatte nichts mehr Sayas Ungeduld bezwingen können, nicht einmal die strahlende Sonne, die ihnen unverändert schmerzhaft in den Augen brannte.
Bis zum späten Nachmittag, länger war Kaeli nicht in der Lage gewesen, den Aufbruch in die weit klaffende Gebirgsspalte Richtung der ersten, mit dichtem Gras bewachsenen Hügel zu verzögern.
Angetrieben durch die reichlich enthusiastisch klingende Androhung von Gewalt, musste sich das Mädchen schließlich geschlagen geben und der bereits im Marsch befindlichen Gelehrten innerlich seufzend folgen.
Nun, am Scheitelpunkt des ersten erklommenen Hügels, dessen Weg sich als erstaunlich eben erwiesen hatte, war Saya abrupt stehengeblieben.
Aus einem Grund, der sich Kaeli erst in diesem Moment enthüllte.
Dichte Wolken schoben sich an den Horizont, verschmolzen miteinander zu der allgegenwärtig verbergenden Wand zwischen Paxia und ihrem Firmament – tief genug, die Gebirgsspalte umschließenden Bergwipfel zu berühren.
Sichelförmig zogen sie sich um die kaum mehr zu erkennende untergehende Sonne zusammen, deren letzte Strahlen die gesamte Umgebung in ein sattes Gold tauchten und sogar von den steilen Felswänden reflektiert wurden.
Die Baumriesen am Fuß ihres Hügels warfen lange Schatten, die Kaeli das Gefühl vermittelten sie berühren zu können, streckte sie nur die Hand nach ihnen aus.
Im Kontrast zu der Dunkelheit dieses Bildes, wirkte der in die Felsen mündende Fluss, dessen Verlauf sie seit Resus gefolgt waren. Sein gleißendes Abbild der scheidenden Sonne mutete die ungeübten Augen Kaelis noch intensiver an, als das Himmelsobjekt selbst und trieb brennende Tränen in ihre Augen, die verhinderten, dass sie mehr als verschwommenes Gelbweiß bei dem forschenden Blick in die Ferne erkannte.
Tief empfundener Respekt und grenzenlose Bewunderung angesichts dieser rauen Ästhetik füllten ihr Herz und ließen sie in der gleichen schweigenden Betrachtung versinken, die auch Saya bannte.
Erst als ein stürmischer Windzug ihr die Kapuze vom Kopf wehte und ihre Haare erfasste, dass die langen Wellen wild um ihren Körper tanzten, kehrte der Geist der Gelehrten in die Realität zurück. Die schimmernden Augen, die nun auch Kaeli als
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