Die Kinder Paxias
mittlerweile die Schritte auf dem ungewohnt harten, teilweise spitzen Untergrund fielen. Seit der vergangenen Nacht, verrieten der Klang ihrer unsicheren Schritte, dass sie keinem Takt mehr folgte, nur noch bedacht, sich selbst keinen unnötigen Schmerz zu bereiten.
In Saya stürmte eine Mischung aus Zorn und Widerwillen – vor allem gegen sich selbst gerichtet – als ihr klar wurde, dass ihr Gewissen es ihr verbat, Kaeli ihrem Schicksal zu überlassen. Somit zwang es sie zu einer Pause, die im schlimmsten Fall über den anbrechenden Tag hinausging.
Eine erschreckende Erkenntnis, die sie sich hüten würde der anderen zu offenbaren.
Im Gegenteil.
Ein unterschwellig drohender Druck, konnte Kaelis Genesungswillen nur förderlich sein.
„Da ich mich weigere ein Zurück anzuerkennen, existiert für mich nur der eine Weg. Was dich betrifft: Kannst du klettern?“
Das helle Türkis ließ die Erschöpfung in Kaelis Zügen schwinden, während sie Sayas aggressiv herablassendem Blick begegnete.
„Ich weiß es nicht“, erwiderte sie ehrlich. „Ich habe es noch nie probiert.“ In ihren nächsten Worten allerdings lag eine leise Herausforderung.
„Was ist mit dir? Hast du mehr Erfahrung?“
Saya lachte. Kaelis Art der Gefahr mit Fröhlichkeit entgegenzutreten, weckte ihren Respekt. Sie war ihr gegenüber von einer Furchtlosigkeit, die sonst nur ein Gleichrangiger wagen würde. Oder sie verstand es perfekt, ihre Angst zu verbergen.
Es genügte, ihr eine ebenso ehrliche Antwort zu entlocken.
„Nein – noch nicht. Aber das wird sich ändern.“
„In der kommenden Nacht“, bestätigte Kaeli ohne mit der Wimper zu zucken.
Ein weiteres seltenes Lächeln glitt über Sayas Miene. Ein Zeichen ihrer Akzeptanz der indirekt vorgeschlagenen Ruhephase.
Kaelis eindeutig erleichtertes Aufatmen, während sie sich ohne Umstände in eine Felsnische legte, um sich dem wohltuenden Schlaf zu überlassen, quittierte Saya mit einem kurzen, aber nicht verständnislosen Kopfschütteln, während sie selbst den Rucksack abschulterte, den Maya ihnen mit einiges an Ausrüstung überlassen hatte. Neben Wundsalben und Verbandstoffen, befanden sich darin leichte Waffen wie Dolche und Wurfklingen, deren Umgang vor allem Kaeli trainieren wollte. Und es gab auch für jedes Mädchen einen der praktischen Kampfanzüge.
Letztere zog Saya nun vorbereitend hinaus. Sie würden ihnen bei der bevorstehenden Kletterpartie bessere Dienste leisten, als die hinderlichen Kleider.
Konnte man Mayas Aussagen Vertrauen schenken - wie Sayas Intuition ihr riet - würden sie in diesem Gebirge niemandem begegnen, da es für einen gewöhnlichen Paxianer unüberwindliches Gelände bedeutete. Also gäbe es folglicherweise keinen, der an ihrem Erscheinungsbild Anstoß nehmen könnte.
Ein stechender Schmerz in ihrem Unterschenkel bei einer ungünstigen Regung, brachte ihr ins Bewusstsein, dass auch ihre Gesundheit noch längst nicht vollständig wiederhergestellt war. Stumm fluchend zwang sie sich selbst in eine Ruheposition, wartend, bis nur noch ein nervendes, aber akzeptables Ziehen zu spüren war, welches dem unangenehmen Gefühl einer Muskelübersäuerung glich. Mit diesem Zustand hatte sie, seit Beginn ihrer Reise auf dem Boden Paxias, zu leben gelernt. Auch wenn der Intensitätsgrad seitdem noch nicht nachgelassen hatte, fühlte sie längst keine so belastende Behinderung mehr, wie noch vor einigen Wochen. Durch die strikte Einhaltung ihrer täglichen Rast und der damit verbundenen Erholung ihrer nach wie vor überreizten Muskeln und Bänder, entfiel auch die empfundene Beschränkung ihrer Bewegungsfreiheit.
Aber der ununterbrochene Marsch durch äußerst unwegsames Gelände in Verbindung mit wesentlich kürzeren Pausen und dem gewaltigen Erdbeben, dessen Erschütterungen eine Höchstleistung Sayas Glieder bedeutet hatte, um ihr Gleichgewicht halbwegs aufrechtzuerhalten, forderten nun ihren Tribut.
Und Saya gab nach.
Kapitel 5
Es war nicht schwierig.
Und auch nicht anstrengend.
Es war viel mehr als das – unendlich mehr.
Es war grauenvoll.
Diese Kletterei erwies sich als das Schrecklichste, was Kaeli je hätte erwarten können – Physis und Psyche gleichermaßen betreffend.
Alles begann mit der Angst, das Seil erfolglos zu werfen, dass die Kralle keinen festen Halt fand, der ihre Sicherung bedeutete und steigerte sich bei jedem kleinen Ausrutscher in Panik, den gefundenen Halt zu verlieren.
Irgendwann gehorchte Kaeli Sayas barschem Rat, nicht
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