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Die Kinder von Avalon (German Edition)

Die Kinder von Avalon (German Edition)

Titel: Die Kinder von Avalon (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut W. Pesch
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dass das nicht wahr ist, hatte Siggi sagen wollen. Es gibt die Anderswelt, und sie ist nah, ganz nah. Doch dann sah er den verkniffenen Zug um Hagens Mundwinkel, und er schluckte die Worte wieder herunter.
    Irgendetwas musste mit seinem Freund von einst geschehen sein, das ihn zu einem enttäuschten Zyniker gemacht hatte. Etwas hatte ihm seinen Glauben daran genommen, dass es jenseits dieser irdischen Welt noch etwas anderes, Höheres gab. Er wirkte wie jemand, der nicht mehr an den Sinn des eigenen Lebens glaubte.
    »Also keine Tafelrunde«, meinte Siggi schließlich, nur um überhaupt etwas zu sagen. »Und das Schwert, das man aus dem Stein ziehen muss, gibt’s vermutlich auch nicht.«
    »Alles im Preis inbegriffen.« Hagen grinste, ein eigentümlich humorloses Lächeln. »Komm, ich zeig es dir. Pass auf, dass du nicht über die Zementsäcke stolperst.«
    In der Tat, da standen Säcke mit Zement und ein alter Eimer, daneben lag Maurer-Handwerkszeug wie Kelle, Wasserwaage, Meißel und Hammer. Offensichtlich Hagens Arbeitsmaterial. Siggi folgte seinem Freund, als dieser ihn hinter die hoch aufragende Altarwand führte.
    An der Rückseite des Raumes war anscheinend erst kürzlich gearbeitet worden. Die eingefallene Mauer war ausgebessert und ergänzt. Das Fenstergewände war noch mit Plastikfolie bespannt. In dem matten Licht sah man an der Rückseite des Altars einen Steinblock.
    In dem Stein steckte ein Schwert.
    »Siehst du die Inschrift?«
    Siggi bückte sich, um die eingehauenen Buchstaben auf der Stirnwand des Steines zu lesen.
    »Sieht aus wie Latein«, meinte er.

    »Es ist Latein.«
    »Jetzt komm, mach keinen Quatsch! Du weißt, dass ich kein Latein kann. Hast du eine Ahnung, was es heißt?«
    »Ich hab’s mir übersetzen lassen«, sagte Hagen. »Auf Deutsch heißt es so ungefähr: ›Wer immer mich … äh … herauszieht, ist der wahre König von Avalonia.‹«
    »Avalonia?« Siggi staunte. »Du meinst, Avalon? Wie in ›Nebel von Avalon‹?«
    »Da siehst du’s«, sagte Hagen. »Fantasy.« Er rüttelte an dem Schwert, aber es bewegte sich nicht. »Es ist verrostet«, stellte er fest. »Und es ist leider auch kein Stein. Nur Beton.«
    Er hatte sich schon wieder abgewandt, als er fortfuhr: »Großonkel Arthur hat sich da was vorgemacht, fürchte ich. Diese ganze Kapelle ist eine gut gemeinte Attrappe, ein ›folly‹, wie die Engländer sagen, eine Narretei. Aber nichts davon funktioniert wirklich, so wie bei dem Schwert.«
    »Wieso?«, sagte Siggi hinter ihm. »Es geht doch ganz leicht raus!«
    Einen Augenblick lang herrschte ein unendliches Schweigen, als hielte die Welt selbst den Atem an. Siggi starrte auf das Schwert in seiner Faust. Es hatte sich ganz einfach und mühelos aus seinem steinernen Gehäuse befreien lassen.
    Und wieder hatte er plötzlich das Gefühl, dass Wirklichkeit und Anderswelt einander ganz nahe waren, zwei Welten, die sich an dem äußersten Punkt ihrer Existenz berührten.
    Dann ging ein Raunen durch die Luft, und in die Stille hinein hörte man das ferne Klirren von Glas.
    »What the hell …!« Wie immer, wenn Hagen aufgeregt war, vergaß er, Deutsch zu reden. »Das kommt aus dem Museum. Irgendeiner von diesen blöden Studenten …«
    Er sprach den Satz nicht zu Ende. Mit einem Sprung hatte er bereits über den nächstliegenden Zementsack gesetzt, und Siggi rannte ihm nach.
    Der Eingang zur Kapelle stand noch halb offen, aber die kleine Seitenpforte zum Museum war wieder ins Schloss gefallen; vielleicht hatte sie Hagen auch hinter sich zugezogen. Jedenfalls hatte er Mühe, sie zu öffnen. Es war, als ob von der anderen Seite etwas dagegen presste. Siggi packte mit zu und gemeinsam stemmten sie die Tür auf. Blätter wirbelten empor.
    Doch das Museum war leer. Niemand war da, kein Übeltäter, der sich an einem Ausstellungsstück vergriffen hätte. Kein Dieb, der ein Souvenir mitgehen lassen wollte.
    Dann sahen sie, was geschehen war.
    Die frei stehende Vitrine in der Mitte des Raumes war aufgebrochen worden. Das Glas war zerschmettert. Und der Kelch, das wertvollste Stück der Sammlung, war verschwunden.
    »Dieses Schwein!«, knurrte Hagen. »Wenn ich den erwische …«
    »Da!«, rief Siggi. »Da ist er raus.«
    Eine Spur feuchter Blätter zog sich durch die Halle hindurch bis zu einem schweren, eisenbeschlagenen Portal. Es war mit einem massiven Riegel aus Holz versehen gewesen, der nun auf dem Boden lag. Die Tür war geschlossen, aber es war klar, dass der geheimnisvolle

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