Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Kinder von Avalon (German Edition)

Die Kinder von Avalon (German Edition)

Titel: Die Kinder von Avalon (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut W. Pesch
Vom Netzwerk:
das Heft und der Griff aus Gold, funkelnd von Juwelen. In die Klinge war das Bild eines Drachen eingeätzt und seltsame Zeichen, die er nicht lesen konnte, aber er wusste dennoch, was sie bedeuteten.
    Zieh mich nur, wenn deine Sache gerecht ist.
    »Siehst du das, was ich sehe?«, fragte er, als könnte er es selbst nicht recht glauben. Unwillkürlich fasste seine linke Hand nach dem Thorshammer auf seiner Brust. Aber wo das vertraute Gewicht des Anhängers gewesen war, schlossen sich seine Finger um – nichts. Die Kette, war sein erster Gedanke. Sie musste in der Hetze zerrissen sein. Er musste danach suchen; sie konnten nicht weit sein, die Kette und das Amulett …
    Aber ihm war, als könnte er den vertrauten Formen von Schaft und Hammerkopf im Heft und Knauf des Schwertes nachspüren, so als wären Hammer und Schwert zu einer Einheit verschmolzen.
    Er blickte auf. Dann weiteten sich seine Augen in Überraschung, ja, Erschrecken. »Hagen, der Speer!«
    Hagens Blick ging hinab. Der Schaft in seiner Hand war aus grünem Holz, glatt und warm, als lebte es noch. Die blattförmige Klinge an seinem Ende schimmerte wie fließendes Wasser, je nachdem, wie das Licht darauf fiel. Sie war mit drei metallenen Nägeln befestigt, die tief in das lebende Holz getrieben waren.
    Und plötzlich hatte er eine Vision.
    Es war eine Szene, die er vielleicht schon einmal gesehen hatte, vielleicht aber auch nicht. Er sah eine große rußige Gestalt mit Haaren, schwarz wie die Nacht, und einem langen, verwilderten Bart. Es war Nacht. Schwarz ragten die Schattenrisse der Bäume gegen den nächtlichen Himmel. Wolkenfetzen, mit Licht gerändelt, trieben vor der silbernen Scheibe des Mondes und gaben hier und da im Vorüberziehen den gestirnten Himmel frei. Doch das eigentliche Licht kam aus dem Feuer der Schmiede. Der Riese hob den Hammer. Der rötliche Schein der Esse spiegelte sich in seinen mandelförmigen Augen wider, doch die Glut, die darin glomm, kam von innen heraus, aus dem Geist …
    »Drei Nägel braucht es«, hörte er eine Stimme in seinem Geist widerhallen. »Einen der Kraft, einen des Mutes, einen der Weisheit … «
    Und Hagen erinnerte sich. Er hatte diesen Speer schon einmal in der Hand gehalten, im Zauberreich von Erin. Diesen Speer oder einen anderen, der ihm bis in die letzte Niete glich.
    Er blickte auf. In den Augen Siggis las er, dass dieser das Gleiche gesehen hatte wie er.
    »War das Thor?«, fragte Siggi. »Der Mann in der Schmiede, meine ich. Der mit dem Hammer. Er sah aus wie der Donnergott aus der Welt der Nibelungen, nur dass sein Haar nicht rot war, sondern schwarz …«
    »Ich fand eher, er sah aus wie Lugh mit der langen Hand, der mir in Erin beigestanden hat, doch der hatte überhaupt keinen Bart, und er war auch nicht so groß. Aber seine Augen waren genauso …«
    »Hagen, was geschieht mit uns?«, sagte Siggi, erstaunt und erschreckt zugleich. »Hören denn die alten Geschichten nie auf?«
    Jetzt wusste Hagen auch das Erschrecken in Siggis Blick zu deuten. Das letzte Mal, als sie sich so gegenübergestanden hatten, mit Schwert und Speer, war einer von ihnen getötet worden. Damals hatte er seinen besten Freund erschlagen.
    »Wir sind wieder in der Anderswelt«, stellte er fest, mit einer Stimme rau wie Asche. »Aber diesmal werden wir die Sache gemeinsam durchstehen, gegen alle Götter und Mächte, das schwöre ich dir.«
    Siggi schluckte. Er ließ die Klinge sinken. Er suchte nach etwas, wo er das Schwert unterbringen konnte; da er es schließlich nicht einfach in den Gürtel stecken konnte, blieb ihm nichts übrig, als es in der Hand zu behalten.
    »Mir gefällt das alles nicht«, meinte er. »Die Sache mit dem Kelch … der Grüne Mann … War das eine Drohung, was er zu mir gesagt hat; was meinst du? Schauen wir lieber, dass wir nach Hause kommen.«
    Hagen ließ seinen Blick schweifen.
    »Ich fürchte«, sagte er trocken, »wir haben da ein Problem.«
    Dort, wo sich vor ihnen der Hügel erhob, dessen Flanke sie hinabgerollt waren, stand ein einsamer gemauerter Spitzbogen aus Stein mitten in der Landschaft. Der Rahmen war zerbrochen, und der Wind pfiff darin. Von dem Museum, aus dem sie gekommen waren, ja, von ganz Camelot Hall war nirgendwo etwas zu sehen.



2.
Die stehenden Steine
    »Und du bist sicher, dass wir hier richtig sind?«
    Es war die falsche Frage am falschen Ort. Gunhild, die auf einem der hinteren Sitze des Wagens kauerte, hatte sie sich schon die ganze Zeit gestellt, aber sich nicht

Weitere Kostenlose Bücher