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Die Kinder von Estorea 01 - Das verlorene Reich

Titel: Die Kinder von Estorea 01 - Das verlorene Reich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Barclay
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zurückgekehrt. Eine meiner Assistentinnen wurde misstrauisch, weil eine ländliche Gemeinde an der südöstlichen Grenze zu Tsard nur sehr wenig Steuern entrichtet hat. Die Mitarbeiterin heißt Menas. Sie ist sehr fähig und wird wohl letztendlich in Atreska oder einer anderen schwierigen Region landen. Ich habe sie mit einer Gruppe von sechs Leuten hingeschickt, weil es nur ein Ritt von zwei Tagen und eine gute Erfahrung war. Es lief folgendermaßen ab.« Er richtete sich auf und stellte beide Füße auf den Boden, um seine Erzählung mit ausholenden Gesten zu untermalen.
    »Die Ansiedlung heißt Ruthirin. Ein kleines Nest von etwa zweihundert Einwohnern, allesamt Viehzüchter, überwiegend mit Ziegen- und Rinderherden. Die Gruppe kommt dort an, der Schnee liegt zwei Handbreit hoch, und ein eiskalter Sturm fegt durchs Tal. Die Einwohner zeigen den Einnehmern beschädigte Häuser, geborstene Töpferwaren und überwiegend leere Felder. Wie es heißt, hätten die Tsardonier das Dorf überfallen und das Vieh gestohlen. Aber irgendetwas stimmt nicht. Ein paar halbherzige Verbände sind zu sehen, aber niemand ist ernstlich verletzt. Dennoch, das Vieh ist verschwunden, und wir wissen aus anderen Siedlungen, dass der Handel nicht schlagartig zugenommen hat. Also …«
    »Sie haben das Vieh versteckt. Im Wald oder im Nachbardorf, oder?« Herines Neugierde war erwacht. Jhered schmückte die Geschichten niemals aus, verstand es aber dennoch, ein lebhaftes Bild zu zeichnen. Herine konnte die Bürger, die unbehaglich von einem Fuß auf den anderen traten und bei strenger Befragung den Blick niederschlugen, förmlich vor sich sehen.
    »Beinahe.« Jhered hob einen Zeigefinder. »Aber es ist noch viel dümmer. Eigentlich kaum zu glauben.« Er hielt inne und schüttelte den Kopf, anscheinend musste er sich besinnen, ob das, was er sagen wollte, überhaupt der Wahrheit entsprach. »Die Gruppe hat alle möglichen Verstecke durchsucht. Sie haben Höhlen, Täler und Wälder gefunden, aber kein Zeichen von Vieh, dabei hätte es eigentlich Spuren geben müssen. Ein Durcheinander von Hufabdrücken im Schnee. Doch sie konnten nichts finden.«
    »Das war natürlich ihr Verhängnis.«
    »Auf jeden Fall. Nun war zwar klar, dass das Vieh verschwunden war, aber als die Gruppe nach den Wegen fragte, auf denen es fortgetrieben worden sei, löste sich die Geschichte in Wohlgefallen auf. Die Einwohner versuchten es zu erklären, aber selbst ein unerfahrener Fährtenleser hätte es sofort durchschaut.« Er lächelte. »Willst du wissen, was sie getan haben?«
    »Unbedingt.«
    »Sie haben ihr Vieh, von den Zuchttieren abgesehen, geschlachtet, zerlegt und unter dem Schnee vergraben, um es frisch zu halten. Nach dem Besuch unserer Leute wollten sie es ausgraben und verkaufen, ohne Steuern zu zahlen.«
    Herine spuckte den Wein ins Glas zurück, um lauthals lachen zu können. Dabei musste sie husten, weil ein paar Tropfen in ihre Lungen gerieten.
    »Oh Paul, nein. Wie sind sie nur auf die Idee gekommen, es würde nicht auffliegen?«
    »Keine Ahnung«, erwiderte Jhered mit bebenden Schultern. »Wir haben einige Berechnungen angestellt und berücksichtigt, dass ihr zerteiltes Fleisch auf dem freien Markt einen geringeren Preis erzielen wird, da es nicht mehr frisch ist. Insgesamt mögen sie vielleicht fünfundzwanzig Denarii gespart haben, mehr nicht.«
    »Was hast du getan?«
    Jhered wurde wieder ernst. »Wäre das ein Protest gewesen, dann hätte ich viel nachsichtiger reagiert, wie ich gleich noch erklären werde. Aber mit diesen Kriminellen bin ich so verfahren, wie ich es tun musste. Wir sind der Arm des Gesetzes, und ich lasse nicht zu, dass jemand die Konkordanz betrügt und die Einnehmer hintergeht. Wir haben auch unseren schwer erkämpften Ruf zu verteidigen. Die Anführer wurden hingerichtet, und alle gesunden Männer und Frauen dienen jetzt in der Vierten Ala, dem Gosland-Speer, in Tsard. Die übrigen haben wir in die Hauptstadt geschickt, damit sie an anderen Orten wieder angesiedelt werden. Das Dorf wurde zerstört.«
    Auch Herine wurde ernst. Zweifellos war es die richtige Strafe gewesen, aber es war erschreckend, den leidenschaftslosen Bericht im Zentrum der Konkordanz zu hören.
    »Wir sollten all diese Fälle in einem Buch festhalten und dafür sorgen, dass es jeder Bürger liest«, sagte sie. »Das wird diesen Leuten natürlich nicht mehr helfen. Meinst du, sie waren einfach nur fehlgeleitet?«
    »Ich habe befohlen, das Urteil an jeder

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