Die Kinder von Estorea 02 - Der magische Bann
konnten.«
»Haben die Atreskaner und Gosländer ihnen etwa noch nach der Aufnahme in die Konkordanz Waffen verkauft?«
»Das scheint mir nahe liegend.« Neristus zog die Augenbrauen hoch.
»Wahrscheinlich sollte mich das nicht weiter überraschen. Es kommt uns jetzt teuer zu stehen, was? Sie natürlich auch.«
»Das hängt davon ab, ob die Händler mit den Tsardoniern sympathisieren oder nicht.«
»Wir wollen bei deinem Bericht bleiben.«
»Nun gut, General. Wo war ich? Oh, ja. Sie haben die Balken durch genau das sirranische Holz ersetzt, das auch wir jetzt für unsere Ballisten verwenden. Das ist wirklich keine Überraschung.«
»Nein, sicher nicht. Und die Einachser?«
»Das ist erstaunlich«, meinte Neristus. Roberto lachte über die Achtung dieses Mannes vor seinen Ingenieurskollegen. »Unser Problem war nicht, diese Waffen auf einem Wagen mit einer einzigen Achse zu befestigen, sondern vielmehr die Tatsache, dass der Rückschlag beim Schießen den ganzen Aufbau erschüttert und nach ein paar Schüssen die Achse verbiegt oder zerbricht. Du wirst dich sicher erinnern.«
»Ich glaube es dir einfach«, sagte Roberto.
Neristus wedelte ungeduldig mit einer Hand. »Wie auch immer, sie haben eine Metallfeder entwickelt, die ebenfalls bemerkenswert leicht ist. Es ist eine Nachahmung der Konstruktion aus Holz, die wir entwickelt haben und bei allen Wagen unseres Heeres verwenden. Eine hervorragende Arbeit. Die Waffe lässt sich damit rasch einsetzen, kann schnell bewegt und wenn nötig von vier Männern gezogen werden. Die Wagen haben außerdem raffinierte Ausleger mit Gegengewichten und Dornen, mit denen sie im Boden verankert werden können. Sehr klug durchdacht.«
Roberto pfiff durch die Zähne. »Kannst du das kopieren?«
»Selbstverständlich. Nicht sofort, aber wir arbeiten schon daran.«
»Gut. Ihr habt halb so lange Zeit, wie es eurer Meinung nach dauern wird«, sagte Roberto.
»Du solltest den Ingenieuren der Konkordanz in Estorr ein Exemplar schicken«, fuhr Neristus fort. »Vielleicht könntest du es im Hafen von Kirriev auf ein Schiff verladen lassen.«
»Als hättest du meine Gedanken gelesen, mein guter Rovan«, sagte Roberto. »Und jetzt steig auf deinen Wagen, bevor du mir einschläfst und vom Pferd fällst.«
Etwa eine Meile vor der Küste von Gestern ruderten sie nach Norden. Sie freuten sich über die ruhige See, hatten aber nur wenig Wind. Jhered hatte Brieftauben zur Marschallverteidigerin Katrin Mardov in Gesterns Hauptstadt Skiona geschickt. Die Stadt lag dreihundert Meilen entfernt im Süden, doch wenn er Glück hatte, war sie selbst oder einer ihrer Vertreter schon vor Ort, wenn sie in der Hafenstadt Kirriev am Ende der gleichnamigen Bucht anlegten. Von Kirriev bis zur atreskanischen Grenze waren es nur noch zwei Tagesmärsche, außerdem war Kark sehr nahe. Dort hatten sie die besten Aussichten, unbehelligt nach Norden in Richtung Sirrane zu reisen und Roberto zu finden. Es war eine bizarre Wendung des Schicksals, dass sie jetzt das tsardonische Gebiet für sicherer hielten als das der Konkordanz, aber die Zeiten hatten sich geändert.
Jhered stand am Heck der Falkenpfeil und beobachtete Mirron und Gorian, die hinter dem Schiff im Wasser mit den Delfinen spielten, die immer erschienen, sobald Gorian in der Nähe war. Anfangs hatte Jhered es noch für einen Zufall gehalten, aber jetzt zweifelte er nicht mehr daran, dass der Junge sie rufen konnte, wie er selbst sein Pferd rief. Es war außergewöhnlich. Auch Kovan Vasselis starrte auf sie hinab, die Hände auf die hintere Reling gelegt und mit einem Ausdruck von Enttäuschung und reiner Hilflosigkeit im Gesicht. Jhered hatte keine Anstalten gemacht, ihm zu helfen. Für einen jungen Mann, der etwas hinterher jagte, das er nie bekommen würde, konnte man nichts tun. Damit musste er ganz allein zurechtkommen.
Um seiner Mannschaft willen hatte Jhered sich betont zuversichtlich und entspannt gegeben, während sich die Aufgestiegenen in den letzten paar Tagen in ihrer Kunst geübt hatten. Dabei hatten alle Zuschauer Dinge gesehen, die sie sich nie hätten träumen lassen, und Jhered war stolz auf seine Leute, weil sie es so gefasst hingenommen hatten. Auch die Aufgestiegenen hatten sich von ihrer besten Seite gezeigt.
Der einzige Grund dafür, dass Arducius und Ossacer jetzt neben ihm standen, statt im Meer zu schwimmen, war der, dass beide erschöpft waren. Der eine hatte sich übernommen, als er am Vormittag einen Wind
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