Die Kinder von Estorea 02 - Der magische Bann
draußen«, murmelte Felice. »Wir dürfen sie nicht frei herumlaufen lassen.«
»Auch sie unterstehen nicht Eurer Kontrolle, und das wird so bleiben. Sie dürfen nicht angerührt werden, bis ich einen gegenteiligen Befehl gebe.«
»Wisst Ihr denn, wo sie sind?« Felice riss die Augen weit auf.
Herine lächelte. »Ich bin nicht von ungefähr die Advokatin.«
Felice drehte sich kurz zur Tür um. »Deshalb war Harin hier. Sie sind bei Jhered, nicht wahr?« Sie spie den Namen des Schatzkanzlers beinahe aus.
»Bei wem sie sind und wohin sie gebracht werden, ist nicht mehr Eure Sorge.«
»Lasst sie hierherbringen. Sie müssen vor Gericht gestellt und für schuldig befunden werden. Sie müssen verbrannt werden.«
»Nein«, erwiderte Herine leise.
»Ihr könnt nicht Nein sagen.« Felice hob die Stimme. »Sie sind eine Beleidigung für Eure Person und für Gott, den Ihr auf der Erde vertretet. Sie müssen getötet werden.«
»Nein«, wiederholte Herine. »Sie werden der Konkordanz dienen.«
Felice zielte mit dem Finger auf sie. »Das liegt nicht in Eurer Befugnis als Advokatin. Wer gegen Gott handelt, darf nicht für sein Volk wirken. Ich habe es geahnt. Ihr wollt Euch Imperatorin nennen und zur unantastbaren Herrscherin aufschwingen.«
»Genug.« Herine klatschte einmal in die Hände. »Ich habe genug von Eurem Geheul und Eurer verdammten Frömmigkeit. Wir sind im Krieg, und ich würde alles tun, um mein Volk vor den Feinden draußen und den Verrätern in unserer Mitte zu retten. Buchstäblich alles.«
»Selbst wenn das bedeutet, die Erde mit dem Bösen zu besudeln, das sich gegen Gott auflehnt?«
Herine erwiderte den Blick der Kanzlerin. »Selbst dann.«
»Dann genießt Ihr meine unsterbliche Verachtung.«
»Wenn die Konkordanz gerettet ist, werden wir diese Diskussion fortführen. Bis dahin beobachte ich Euch, Kanzlerin Koroyan. Und jetzt geht, ehe ich meine Ansicht über Eure Freiheit ändere.«
Es war Rache, aber es gab Tage, an denen man sich einfach einem so undisziplinierten, gefährlichen Gefühl hingeben musste, um die Erinnerungen an die Vergangenheit zu lindern. Leben und Wille strahlten wieder hell in Rittmeisterin Dina Keils Augen, nachdem Dahnishev sie gepflegt hatte. Die Schmiede hatten ihren Brustharnisch repariert und auf Hochglanz poliert, und außerdem hatte sie neue Waffen und einen Hengst aus den Stallungen der Konkordanz bekommen.
Inzwischen befehligte sie einhundert Kavalleristen aus der Achten Estoreanischen Legion, den Schreienden Falken. Roberto ritt neben ihr und war sofort beeindruckt von ihren Fähigkeiten als Reiterin und Anführerin. Sie hatte ihnen knapp ihre Signale und Befehle mitgeteilt und darauf vertraut, dass sie alles beim ersten Mal begriffen. Die Kavallerie der Falken reagierte bereitwillig.
Die Reiter teilten sich in zwei Trupps auf und kamen im Rücken der Gegner in langsamem Galopp die niedrige Anhöhe herab. Mühelos schlossen sie zu beiden Seiten des Versorgungszuges auf, der sich den Furten von Scintarit näherte. Die Einheit war genau dort, wo sie nach Angaben der Späher sein sollte. Die tsardonischen Späher lagen einen Tagesmarsch entfernt tot im Gelände und konnten ihren Offizieren nicht mehr verraten, was auf sie zukam.
Schließlich wurden die Gejagten auf sie aufmerksam. Ein paar tsardonische Reiter drehten sich kampfbereit um, und die Männer, die den Transport begleiteten, bildeten zur Verteidigung eine Linie, während die Wagen zu entkommen suchten. Es nützte ihnen nichts.
Kell hob den Speer, an dem ein Banner hing, und deutete nach vorn. Mit lautem Brüllen ließen die Reiter der Konkordanz die Pferde in vollem Galopp laufen und griffen an. Der Kitzel des Gefechts lief wie ein Schauder durch Roberto. Er führte die zweite Gruppe an, die links neben dem Feind rasch aufschloss. Die Verteidiger bildeten keine ordentliche Linie, und als die Bogenschützen sich umdrehten und ihr Heil in der Flucht suchten, folgten ihnen die meisten Schwertkämpfer.
Roberto hielt den Zügel mit einer Hand und hob mit der anderen einen Wurfspeer. Er ritt an den fünfzehn Wagen entlang, holte aus und warf. Der Speer traf einen der wenigen Männer, die noch kämpften, in der Brust und warf ihn um. Auch von der anderen Seite flogen Speere, holten die Kutscher von den Kutschböcken oder trafen die Rücken fliehender Tsardonier.
Schnellere Pferde überholten Roberto. Die Reiter drehten sich im Sattel um und schossen Pfeile ab. Als sie sich zurückzogen, griffen die
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