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Die Klaue des Schlichters

Die Klaue des Schlichters

Titel: Die Klaue des Schlichters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gene Wolfe
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füllen. Ich kann euch nicht versprechen, daß euch das den Sieg bringt, aber es wird euch sehr helfen.«
    Hierauf dankten ihr alle Jünglinge vielmals, und die Kornjungfern, die scheu dabeigestanden hatten, während der aus Träumen fleischgewordene Jüngling und die Tochter der Nacht sprachen, jubelten, wie Jungfrauen jubeln – nicht lauthals, aber voller Freude.
    Dann machten sich die Jünglinge auf den Weg und entfachten mittschiffs die großen Öfen, bis der weiße Geist geboren ward, der gute Schiffe vorantreibt, wie immer auch der Wind stehe. Und die Prinzessin beobachtete sie vom Gestade aus und gab ihnen ihren Segen.
    Aber als sich gerade die großen Räder zu drehen begannen, so langsam zuerst, daß eine Bewegung fast nicht erkennbar war, rief sie den aus Träumen fleischgewordenen Jüngling an die Reling und sagte: »Mag sein, daß ihr meinen Vater findet. Findet ihr ihn, mag es euch gelingen, selbst einen so tüchtigen Krieger wie meinen Vater zu übermannen. Sogar wenn dem so wäre, könntet ihr in arge Bedrängnis geraten, den Rückweg ins offene Meer wiederzufinden, denn die Kanäle dieser Insel sind höchst wundersam angelegt. Dennoch gibt es einen Weg. Von meines Vaters rechter Hand müßt ihr die Kuppe des ersten Fingers abziehen. Dort werdet ihr tausend verworrene Linien entdecken. Seid nicht entmutigt, sondern studiert sie genau; denn das ist der Plan, dem er folgte, als er das Netz dieser Kanäle schuf, auf daß er selbst ihn stets bei sich habe.«
     
VIERTER TEIL
Der Kampf mit dem Ungeheuer
     
    Landeinwärts wendeten sie ihren Bug, und genau wie die Prinzessin vorhergesagt hatte, teilte sich bald der Kanal, dem sie folgten, und teilte sich immer wieder, bis sie von tausend abzweigenden Kanälen und zehntausend Inselchen umringt waren. Als der Schatten des Hauptmasts nicht größer als ein Hut war, erteilte der aus Träumen fleischgewordene Jüngling den Befehl zum Ankersetzen und ließ die Feuer mit Asche belegen; einen langen Nachmittag warteten sie dort, während sie die Geschütze ölten, das Pulver zurechtmachten und alles vorbereiteten, was sich im unerbittlichsten Kampf als nützlich erweisen möge.
    Schließlich kam die Nacht, und sie sahen sie von Insel zu Insel schreiten; ihre Fledermäuse umschwirrten ihre Schultern, und ihre grimmigen Wölfe folgten ihr auf den Fersen. Nicht weiter als einen flachen Mörserschuß schien sie von ihrem Ankerplatz entfernt, dennoch konnten alle beobachten, daß sie nicht vor dem Hesperos oder selbst vor dem Sirius wich, sondern diese vor ihr. Einmal nur kehrte sie ihnen flüchtig das Gesicht zu, und keiner konnte sich sicher sein, was ihr Blick zu bedeuten hätte. Aber alle von ihnen fragten sich, ob das Ungeheuer sie fürwahr gegen ihren Willen genommen habe, wie ihre Tochter gesagt hatte; und ob sie, wenn ja, den Groll noch hege, den sie wohl empfunden hatte.
    Mit dem ersten Licht ertönten die Trompeten vom Achterdeck, und die Feuer, welche mit Asche belegt worden waren, wurden mit neuem Brennstoff versehen; aber als der Morgenwind günstig für den Kanal, in dem sie ankerten, stand, ließ der Jüngling Segel setzen, ehe die großen Räder zur ersten Umdrehung bereit waren. Und als der weiße Geist erwachte, machte das Schiff doppelte Fahrt.
    Es war dieser Kanal viele Meilen lang und hatte viele Windungen, aber sie konnten doch hart am Winde vorwärtskommen, ohne die Segel einholen oder wenden zu müssen. Hundert andere kreuzten ihn, und sie betrachteten das Wasser eines jeden, aber es war stets kristallklar. Die wunderlichen Erscheinungen zu beschreiben, die ihnen unterwegs auf den’ Inseln vor Augen kamen, ergäbe ein Dutzend Geschichten so lang wie diese – Weiber, wie Blumen auf Stielen wachsend, hingen über dem Schiff und versuchten sie zu küssen, um ihre Gesichter mit dem Puder ihrer Wangen zu beschmieren; Männer, denen vor langer Zeit der Wein den Tod gebracht hatte, lagen an Weinbrunnen und tranken immer noch und gewahrten gar nicht mehr, daß ihr Leben vorüber war, so verdummt waren sie; Untiere, Omen für das Kommende, mit verdrehten Gliedmaßen und Pelzen in Farben, wie man sie noch nicht gesehen, harrten des Nahens von Schlachten, Erdbeben und Königsmorden.
    Schließlich trat der Jüngling, welcher dem aus Träumen fleischgewordenen Jüngling als Erster Maat diente, an ihn heran, wo er neben dem Steuermann wartete, und sprach: »Wir haben diesen Kanal schon weit befahren, und die Sonne, die ihr Gesicht nicht gezeigt, als wir die

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