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Die Kleinbürger (German Edition)

Die Kleinbürger (German Edition)

Titel: Die Kleinbürger (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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bourgeoiser Manier erst beim Dessert zu reichenden Champagners, gleich zu Beginn der Mahlzeit zwei Flaschen frappierter Sekt und einige Pfund Krevetten aufgestellt werden sollten, woran der Gastgeber nicht gedacht hatte.

Nach Thuillier, der alle diese Anordnungen mit gezwungenem Lächeln guthieß, kam la Peyrade; dann entstand eine lange Pause in dem Erscheinen der Gäste: das Frühstück war auf elf Uhr festgesetzt worden und um dreiviertel zwölf war noch niemand gekommen.
    Barbet, der niemals außer Fassung geriet, machte die tröstliche Bemerkung, daß es bei den Einladungen im Restaurant sich ebenso verhalte wie bei Beerdigungen, wo jedermann weiß, daß elf Uhr zwölf bedeute.
    In der Tat erschienen kurz vor zwölf zwei Herren mit einem Ziegenbart, die stark nach Tabaksrauch dufteten. Thuillier sprach ihnen überschwenglich seinen Dank aus für die »Ehre«, die sie ihm erwiesen; darauf entstand eine neue Pause, die, wie man nicht zu erwähnen braucht, qualvoll empfunden wurde.
    Um ein Uhr waren endlich außer Barbet und la Peyrade fünf Gäste versammelt. Überflüssig, zu sagen, daß kein Journalist, der auch nur den geringsten Namen hatte und etwas auf sich hielt, auf diese abgeschmackte Einladung geantwortet hatte. Man mußte sich schließlich zu Tisch setzen; etliche höfliche Redensarten, die an Thuillier über das »ungeheure« Interesse, das seine Publikation erregt habe, gerichtet wurden, genügten nicht, um ihn sein Mißgeschick vergessen zu lassen, und ohne die Lustigkeit des Verlegers, der die Zügel, die Thuillier traurig wie Hippolyt auf dem Wege nach Mykenä schleifen ließ, in die Hand genommen hatte, wäre nichts mit der Trübsinnigkeit und Eiseskälte dieser Zusammenkunft zu vergleichen gewesen.
    Die Austern waren abgeräumt worden und der Champagner und der Chablis, mit dem man sie begossen hatte, fingen an, das Thermometer der Stimmung etwas in die Höhe zu treiben, als ein junger Mensch mit einer Mütze in das Speisezimmer gestürzt kam, der Thuillier den schrecklichsten und unerwartetsten Schlag beibringen sollte.
    »Herr Prinzipal,« sagte der Hereingekommene zu Barbet (es war einer der Angestellten der Buchhandlung) »wir sind verloren! Die Polizei ist bei Ihnen erschienen, ein Kommissar und zwei Polizeiagenten haben eben die Broschüre des Herrn beschlagnahmt, und hier ist die Benachrichtigung, die sie für Sie dagelassen haben.«
    »Sehen Sie das doch mal an, Herr Advokat«, sagte Barbet zu la Peyrade und überreichte ihm das gestempelte Papier.
    Bei diesem Vorfall geriet seine gewöhnliche Sicherheit doch etwas ins Wanken.
    »Eine kurz befristete Vorladung vor das Schwurgericht«, sagte la Peyrade, nachdem er einige Zeilen des Geschreibsels des Gerichtsschreibers gelesen hatte.
    Thuillier war totenbleich geworden und fragte den Verleger mit erstickter Stimme:
    »Haben Sie etwa nicht alle vorgeschriebenen Formalitäten erfüllt?«
    »Oh, das ist keine formale Sache,« antwortete la Peyrade, »das ist eine Beschlagnahme wegen Pressevergehens, wegen Aufreizung zum Haß und zur Verachtung der Regierung. Du wirst bei dir, mein armer Thuillier, eine ganz gleiche freundliche Aufforderung vorfinden.«
    »Aber das ist ja Verrat!« rief Thuillier aus, der völlig den Kopf verloren hatte.
    »Ja, mein Lieber, du mußt ja am besten wissen, was du in deiner Broschüre geschrieben hast: ich habe davon doch nicht mehr gesehen, als die Katze auf dem Schwanz wegtragen kann.«
    »Es ist ein Mißverständnis,« sagte Barbet, der wieder Mut gefaßt hatte; »das wird sich aufklären, und schließlich haben wir eine schöne Reklame, nicht wahr, meine Herren?«
    »Kellner, Tinte und Feder!« rief einer der so interpellierten Journalisten.
    »Ach, du hast noch Zeit genug für deinen Artikel,« sagte einer seiner Kollegen: »was hat die Bombe mit dem Filet sauté hier zu tun?«
    Das war eine Parodie des berühmten Wortes Karls XII., des schwedischen Königs, der, während er einem Sekretär diktierte, von einem einschlagenden Geschoß unterbrochen wurde.
    »Sie werden mich entschuldigen, meine Herren,« sagte Thuillier und erhob sich; »wenn hier, wie Herr Barbet meint, ein Irrtum vorliegt, dann muß er sofort aufgeklärt werden: ich werde mich also mit Ihrer Erlaubnis sogleich zum Staatsanwalt begeben.«
    »La Peyrade,« fügte er mit einem Wink hinzu, »du wirst es mir, denke ich, nicht ablehnen, mich zu begleiten.«
    »Und Sie, mein lieber Verleger, sie würden auch gut daran tun, mit uns

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