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Die Kleinbürger (German Edition)

Die Kleinbürger (German Edition)

Titel: Die Kleinbürger (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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bei ihm trinken, um ihm Gesellschaft zu leisten, und da hat er einen Scherz krumm genommen und sich hinreißen lassen, mich am Kragen zu packen und bei dem Kampfe hat er ein paar Stühle und ein Tablett mit Gläsern umgeworfen, das Josephine nicht schnell genug vor ihm retten konnte.«
    »Sie haben ihn natürlich gereizt,« sagte Brigitte ärgerlich; »Sie hätten auch lieber im Salon bleiben können, anstatt hierher zu kommen und das, was Sie Ihre Witzchen nennen, loszulassen. Sie glauben immer noch, daß Sie im Parkett der Komischen Oper sind!«
    Nach diesen ärgerlichen Worten näherte sich Brigitte, die einsah, daß sie diesen wilden alten Mann, der ihre ganze Wirtschaft kurz und klein zu schlagen drohte, loswerden müsse, entschlossen dem Vater Picot, der mit Gemütsruhe damit beschäftigt war, Kognak in einer Untertasse abzubrennen.
    »Mein Herr,« schrie sie aus Leibeskräften, wie wenn sie mit einem Tauben spräche, (und mit einem Blinden glaubte sie in der gleichen Weise verfahren zu müssen) »ich muß Ihnen etwas mitteilen, was Ihnen unangenehm sein wird: Herr und Frau Phellion sind eben eingetroffen und haben mir gesagt, daß Herr Felix nicht kommt.«
    Und indem sie sich der Ausrede Julien Minards bediente, fügte sie hinzu:
    »Er ist erkältet und heiser.«
    »Das hat er sich jedenfalls vorhin bei der Vorlesung geholt!« rief der alte Professor vergnügt. »Das ist ihm recht! ... Wo kaufen Sie Ihren Kognak, gnädige Frau?«
    »Bei meinem Kaufmann«, erwiderte Brigitte, verblüfft über die Frage.
    »Nun, ich muß Ihnen gestehen: es ist eine Schande, daß man in einem Hause, wo man so ausgezeichneten Champagner trinkt, der mich an den erinnert, den wir einst bei dem berühmten Universitätslehrer, dem seligen Herrn von Fontanes, schlürften, einen solchen Kognak anbietet. Ich sage Ihnen mit der Freimütigkeit, mit der ich über alles rede, daß er nur dazu taugt, den Pferden die Beine damit zu waschen; und wenn ich ihn nicht abbrennen würde ...«
    ›Das ist ja der Teufel in Person!‹ sagte Brigitte zu sich; ›kein Wort der Entschuldigung wegen der Verwüstung, die er angerichtet hat, und jetzt macht er mir noch meinen Kognak schlecht! ...‹

»Mein Herr,« rief sie dann, immer noch mit laut schallender Stimme, »meinen Sie nicht, da Herr Felix nun doch nicht kommt, daß Ihre Familie über Ihre lange Abwesenheit unruhig sein könnte?«
    »Ich habe keine Familie, da sie mich ja unter Kuratel stellen will; aber ich habe eine Wirtschafterin, die in der Tat erstaunt sein wird, daß ich um diese Stunde noch nicht zu Hause bin, und ich verlange nichts Besseres, als sie aufzusuchen, denn je später ich heimkehre, um so schlimmer wird die Szene sein, die sie mir macht. Aber ich gestehe Ihnen, daß es mir ziemlich schwer werden wird, mich aus diesem abgelegenen Bezirk herauszufinden.«
    »Dann müssen Sie eben einen Wagen nehmen.«
    »Einen Wagen her, einen Wagen hin, da hätten meine vortrefflichen Verwandten sicher ein Recht, mich für einen Verschwender zu erklären!«
    »Ich muß gerade eine eilige Besorgung in Ihrem Viertel machen lassen,« sagte Brigitte, die einsah, daß sie sich zu einem Opfer entschließen müsse, »und ich wollte meinen Portier mit einem Mietwagen hinschicken, wollen Sie die Gelegenheit nicht mit benutzen?«
    »Gern, gnädige Frau,« erwiderte der alte Professor und erhob sich; »und nötigenfalls werden Sie vor dem Gericht bezeugen können, daß Sie gesehen haben, wie ich den Wagen sparen wollte.«
    »Heinrich,« sagte Brigitte zu ihrem Diener, »führen Sie den Herrn zu Herrn Pascal, dem Portier, und sagen Sie ihm, daß er ihn, wenn er den Auftrag, den ich ihm eben gegeben habe, ausführt, bis vor seine Tür bringen und gut auf ihn aufpassen soll.«
    »Gut aufpassen! Gut aufpassen!« wiederholte der Alte und wies den Arm des Dieners zurück; »halten Sie mich vielleicht für ein Paket, für eine Kiste mit zerbrochenem Porzellan?«
    »Was ich sagte, mein Herr, geschah nur zu Ihrem Besten, und Sie werden mir gestatten, Ihnen zu bemerken, daß Sie gerade keinen sehr angenehmen Charakter haben.«
    Da sie ihn schon der Tür sich nähern sah, wurde Brigitte etwas energischer.
    »Gut aufpassen!« wiederholte der Alte; »wissen Sie denn nicht, daß man mit solchen Worten einen Menschen unter Kuratel bringen kann? Übrigens will ich aber nicht mit Grobheiten auf die liebenswürdige Gastfreundschaft, die mir zuteil geworden ist, antworten, um so weniger, als ich den Herrn, der sich mir

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