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Die Kleinbürger (German Edition)

Die Kleinbürger (German Edition)

Titel: Die Kleinbürger (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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heranwachsen lassen, der außerdem mit einer ziemlich bemerkenswerten Begabung für die Mathematik, diese Wissenschaft aller Wissenschaften, ausgestattet ist?«
    »Gewiß«, erwiderte Frau Phellion, die immer weniger begriff, wo ihr Mann hinauswollte.
    »Nun,« schloß Phellion, »dann müssen Sie dem Himmel noch einmal Ihren Dank abstatten, denn er hat es erlaubt, daß Sie auch die Mutter eines Genies geworden sind; seine Arbeiten, die wir so mißdeutet haben, und die uns für den Verstand unsres teuren Kindes zittern ließen, sie waren der rauhe und steile Weg, auf dem man zum Ruhme emporsteigt.«
    »Möchtest du nun vielleicht nicht doch mit der Vorrede aufhören,« sagte Frau Phellion, »und dich endlich verständlich machen?«
    »Ihr Herr Sohn«, nahm Minard jetzt das Wort, der diesmal seine erfreuliche Mitteilung, aus Furcht vor einer neuen Freudetrunkenheit, vorsichtiger in Worte faßte, »hat soeben eine bedeutende astronomische Entdeckung gemacht.«
    »Wirklich?« sagte Frau Phellion, faßte Felix bei den Händen und betrachtete ihn liebevoll.
    »Wenn ich sage, bedeutend,« fuhr Minard fort, »so will ich damit Ihr mütterliches Gefühl schonend vorbereiten, denn ich mußte sagen: es ist eine erhabene, verblüffende Entdeckung. Er ist noch nicht fünfundzwanzig Jahr alt, und sein Name ist schon jetzt unsterblich.«
    »Und einem solchen Manne«, sagte Frau Phellion voll Erregung und Felix leidenschaftlich umarmend, »zieht man einen la Peyrade vor!«
    »Man zieht ihn nicht vor, verehrte Frau,« sagte Minard, »die Thuilliers lassen sich durch diesen Intriganten nicht täuschen: er hat sich ihnen aufgezwungen. Thuillier glaubt, daß er ohne ihn nicht Deputierter werden kann, was übrigens auch so noch zweifelhaft ist, und diesem Interesse wird alles aufgeopfert.«
    »Ist das aber nicht grauenhaft,« sagte Frau Phellion, »wenn man das Glück seiner Kinder dem Ehrgeiz opfert?«
    »Oh,« bemerkte Minard, »Celeste ist ja nicht ihr Kind; sie ist ja nur ihre Adoptivtochter.«
    »Für Brigitte, ja,« sagte Frau Phellion; »aber für den ›schönen‹ Thuillier?«
    »Keine scharfen Bemerkungen, liebe Freundin«, sagte Phellion; »der liebe Gott hat uns eben einen großen Herzenstrost zuteil werden lassen; und schließlich ist es ja immer noch möglich, daß diese Heirat, in bezug auf die sich, wie ich mit Bedauern feststellen muß, Felix übrigens nicht mit aller erforderlichen Weisheit benommen hat, wenn auch alle Vorbereitungen dazu getroffen sind, doch nicht zustande kommt.«
    Als er sah, daß Felix ungläubig den Kopf schüttelte, sagte Minard:
    »Aber gewiß, der Kommandant hat ganz recht; als der Kontrakt gestern abend unterzeichnet werden sollte, gab es einen Zwischenfall. Richtig, Sie waren ja nicht da; Ihre Abwesenheit ist sehr aufgefallen.«
    »Wir waren eingeladen,« sagte Phellion, »und haben bis zum letzten Moment überlegt, ob wir hingehen sollten; aber Sie begreifen, wir waren in einer peinlichen Lage; und dann war Felix, was ich mir jetzt erklären kann, da er ja seine eigene Sache der Akademie vorgetragen hat, erschöpft von der Aufregung und ermüdet. Ohne ihn zu erscheinen, würde merkwürdig ausgesehen haben, und deshalb besannen wir uns eines Besseren und entschlossen uns, wegzubleiben.«
    Die Anwesenheit des Mannes, den er eben erst für unsterblich erklärt hatte, hinderte Minard nicht, da ihm die Gelegenheit dazu geboten war, sich eifrig in eine der beliebtesten Beschäftigungen der Bourgeoisie zu stürzen, nämlich in den Klatsch und das Herumtragen von Neuigkeiten.
    »Stellen Sie sich vor,« sagte er daher, »daß sich gestern im Hause Thuillier eine Unzahl von Dingen ereignet hat, eins immer außergewöhnlicher als das andere.«
    Und er erzählte zuerst die merkwürdige Episode mit dem Vater Picot. Dann schilderte er, welche warme Anerkennung der Abbé Gondrin dem Verhalten Felix' gezollt hatte, und daß er den Wunsch geäußert habe, ihn kennenzulernen.
    »Ich werde ihn besuchen«, sagte Felix; »wissen Sie, wo er wohnt?«
    »Rue de la Madeleine, Nummer 8«, antwortete Minard; »ich komme eben von ihm; ich hatte mit ihm eine sehr kitzliche Sache zu besprechen, und sein Rat war ebenso wohlwollend wie klug; aber das große Ereignis des Abends war, daß eine ganze festliche Gesellschaft sich versammelte, um der Vorlesung des Kontraktes beizuwohnen, und daß der Notar, nachdem er sie eine geschlagene Stunde hatte warten lassen, schließlich überhaupt nicht erschien.«
    »Also«, fragte

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