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Die Kleinbürger (German Edition)

Die Kleinbürger (German Edition)

Titel: Die Kleinbürger (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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war.«
    »Mein Gott, Herr Abbé,« nahm la Peyrade jetzt das Wort, »Sie werden ihn ja gleich sehen, und es wird Ihnen, wenn Sie ihn auf gewisse Fragen bringen, nicht schwer werden, zu erkennen, welche Verwüstungen der Gelehrtenstolz auch in den begabtesten Geistern anzurichten vermag.«
    »Ich werde ihn nicht sehen,« sagte der Abbé, »denn mein schwarzes Amtskleid würde inmitten des weltlichen Glanzes, der allmählich sich in diesem Salon zu entwickeln beginnt, schlecht am Platze sein. Aber da ich weiß, Herr de la Peyrade, daß Sie ein Mann von aufrichtig frommer Überzeugung sind, und da Sie sicherlich um das Heil dieses jungen Mannes ebenso besorgt sind wie ich, so will ich Ihnen, bevor ich gehe, noch sagen: Beruhigen Sie sich; solche auserwählten Geister kommen früher oder später zu uns zurück, und sollte die Heimkehr dieser verlorenen Söhne auch lange auf sich warten lassen, – ich zweifle nicht, daß ihnen Gottes unendliche Gnade, wenn sie zu ihm zurückkehren, auch dann noch zuteil werden wird.«
    Nach diesen Worten nahm der Abbé seinen Hut und verließ den Salon.
    Als er glaubte, unbemerkt verschwinden zu können, wurde er von Minard festgehalten.
    »Gestatten Sie mir,« sagte der Bürgermeister des elften Bezirks, »Ihnen die Hand zu drücken und Sie für die Worte voll Duldsamkeit zu beglückwünschen, die wir eben aus Ihrem Munde vernommen haben. Ach, wenn alle Priester Ihnen glichen, was für Eroberungen würde die Religion machen können! Ich habe jetzt einen häuslichen Kummer und muß mich zu einem Vorgehen entschließen; ich wäre glücklich, wenn ich Ihre Ansicht darüber hören und ihren klugen Rat einholen dürfte.«
    »Ich stehe zu Diensten, Herr Bürgermeister,« antwortete der Abbe, »ich wohne in der Rue de la Madeleine 8, hinter der Cité Berryer: nach der Messe, die ich um sechs Uhr lese, bin ich gewöhnlich den ganzen Vormittag zu Hause.«
    Sobald der Abbé sich entfernt hatte, nahm Minard seine Frau beiseite und sagte:
    »Es ist alles wahr, der anonyme Brief hat uns nicht getäuscht: Der Herr Julien hält wirklich eine frühere Schauspielerin vom Bobino aus, und um ihrem Debüt im Theater der Folies-Dramatiques beizuwohnen, hat er heute Krankheit vorgeschützt. Die Portiersfrau des Hauses, in dem diese Dirne wohnt, steht sehr schlecht mit ihrer Mutter, die ein altes Heringsweib sein soll, und für ein Fünffrankenstück hat sie mir ein Langes und Breites über sie erzählt. Heute abend, wenn wir nach Hause kommen, werde ich eine ernste Auseinandersetzung mit meinem Herrn Sohn haben.«
    »Lieber Freund,« sagte Frau Minard mit theatralischer Gebärde, »ich beschwöre dich, keine übereilten Entschlüsse!«
    »Nimm dich in acht,« erwiderte Minard, »wir können hier von allen beobachtet werden! Einen Entschluß habe ich noch gar nicht gefaßt; ich habe eben den Abbé Gondrin gebeten, mir mit seinem Rat beizustehen, denn die Priester, weißt du, um die kümmert man sich zwar nicht, wenn es Einem gut geht, aber wenn Einen ein Unglück trifft ...«
    »Aber, lieber Freund, nimmst du die Sache nicht zu ernst? Jugend muß sich austoben.«
    »Jawohl,« sagte Minard, »aber es gibt Dinge, bei denen ich ein Austoben nicht dulden darf. Ein Haussohn in der Hand solcher Frauenzimmer, das bedeutet Schande und Ruin für das Haus. Du, Zélie, du weißt nicht, was diese Theaterweiber für Frauenzimmer sind! Das sind Laïsse und Phrynen von der gefährlichsten Sorte, und es genügt, wenn ein junger Mann zur Bourgeoisie gehört, daß sie ein besonderes Vergnügen daran finden, ihn zu ruinieren. Sie behaupten, daß das Vermögen von uns Kaufleuten gestohlenes Geld sei, daß wir Krämer und Fälscher seien, und in unsern Taschen wühlen, das nennen sie, sich das Geld wieder herausgeben lassen. Es ist ein Unglück, daß ich nicht weiß, wo die Gräfin von Godollo jetzt zu finden ist, das ist eine so erfahrene Weltdame! Die hätte ich gern um Rat gefragt.«
    Ein schrecklicher Lärm machte in diesem Augenblick dem ehelichen Separatgespräch ein Ende. Brigitte stürzte in das Speisezimmer, aus dem das Geräusch umgeworfener Möbel und zerbrochener Gläser ertönte, und fand dort Colleville damit beschäftigt, seine Krawatte neu zu binden und seinen Frack in Ordnung zu bringen, der am Kragen furchtbar zerdrückt war und aussah, als, ob er beinahe zerrissen worden wäre.
    »Was ist denn los?« fragte Brigitte.
    »Ach, dieser alte Narr ist wütend geworden«, sagte Colleville. »Ich wollte meinen Kaffee

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