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Die Kleinbürger (German Edition)

Die Kleinbürger (German Edition)

Titel: Die Kleinbürger (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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›So ein alter Faselhans ist, wie Sie sehen, zu nichts mehr zu gebrauchen; wir, die neue Generation, die Modernen, das junge Frankreich, wir wollen ihn entwöhnen.‹ Jawohl, ihr Grünschnäbel! Ihr und mich ernähren! Der alte Faselhans hat in seinem kleinen Finger mehr Verstand, als ihr in eurem ganzen Gehirn, und ihr werdet niemals an ihn heranreichen, ihr kleinen Intriganten, die ihr seid! Ich bin im übrigen der Vergeltung sicher; der junge Phellion muß ein böses Ende nehmen; denn was er heute vor versammelter Akademie verübt hat, indem er in meinem Namen eine Abhandlung vorgetragen hat, das ist ganz einfach eine Fälschung, und darauf steht Galeerenstrafe.«
    »Das ist richtig,« sagte Colleville, »Fälschung eines öffentlichen Sterns.«
    Brigitte, die für ihre Gläser zitterte und der die Gefräßigkeit des Alten auf die Nerven ging, erhob sich und gab das Zeichen, daß man sich in den Salon begeben solle; schon mehrmals hatte die Klingel angezeigt, daß zur Soiree Geladene bereits eingetroffen waren. Man wollte also auch den alten Professor dorthin verladen, und Colleville bot ihm freundlich seinen Arm an.
    »Nein, mein Herr,« sagte dieser, »gestatten Sie mir, zu bleiben wo ich bin. Ich bin nicht für eine Soiree angezogen, und außerdem blendet das helle Licht meine Augen. Auch liebe ich nicht, mich zur Schau zu stellen, und es ist ebenso gut, wenn die Szene, die sich zwischen mir und meinem Schüler abspielen wird, hier unter vier Augen sich vollzieht.«
    »Nun, dann lassen Sie ihn hier,« sagte Brigitte zu Colleville.
    Niemand weiter drängte, da der alte Mann, ohne es zu bemerken, schon beinahe seine ganze Bedeutung eingebüßt hatte. Als gute Hausfrau trug sie aber, bevor sie ihn allein ließ, Sorge dafür, daß nichts Zerbrechliches in seiner Reichweite zurückblieb. Dann sagte sie noch mit einem Rest von Aufmerksamkeit:
    »Soll ich Ihnen Kaffee herschicken?«
    »Jawohl, gnädige Frau, ich nehme Kaffee,« antwortete der Vater Picot, »und auch Kognak.«
    »Ja, er nimmt wahrhaftig alles!« sagte Brigitte, die sich entfernte, zu dem »männlichen« Dienstboten.
    Und sie wies ihn an, auf den alten Narren aufzupassen.
    Als sie in den Salon trat, sah sie den Abbé Gondrin im Mittelpunkte eines großen Kreises, den fast die ganze Gesellschaft um ihn gebildet hatte, und als sie sich ihm näherte, hörte sie, wie er sagte:
    »Ich danke dem Himmel, daß er mir diese Freude hat zuteil werden lassen. Niemals bin ich so tief gerührt worden, wie durch die Szene, der wir eben beigewohnt haben, und nichts war, abgesehen von der etwas burlesken Form der Eröffnung, die aber ganz naiv wirkte, weil sie unbeabsichtigt war, in ihr enthalten, was nicht den Ruhm der wunderbaren Großherzigkeit verkündete, die sie uns enthüllt hat. Durch mein Amt auf den Weg der Liebeswerke gewiesen, erkläre ich, daß ich in meinem ganzen Leben einer rührenderen und edleren Hingebung noch nicht begegnet bin: die linke Hand nicht wissen lassen, was die rechte tut, das ist schon Christentum, aber so weit gehen, sich seines eigenen Ruhmes zu entkleiden und ihn unter so ungewöhnlichen Umständen auf einen andern zu übertragen mit der Aussicht, dafür verleugnet, mißverstanden, zurückgestoßen zu werden – das heißt, die Vorschriften des Evangeliums in ihrem vollen Umfange erfüllen; das heißt, mehr sein, als eine barmherzige Schwester, das heißt, ein Apostel der Wohltätigkeit sein! ... Wie gern würde ich diesen edlen jungen Menschen kennenlernen und ihm die Hand drücken!«
    Den Arm unter dem ihrer Patin, stand Celeste einige Schritte von dem Priester entfernt. An seinen Lippen hängend, so lange er redete und das edelmütige Vorgehen Felix' erläuterte, preßte sie Frau Thuilliers Arm und sagte leise zu ihr:
    »Hörst du, liebe Patin, hörst du?«
    Um den unausbleiblichen Eindruck abzuschwächen, den diese warme Lobrede auf Celeste machen mußte, sagte Thuillier:
    »Leider ist dieser junge Mann, von dem Sie hier ein ›solches Rühmen‹ machen, Ihnen nicht ganz unbekannt. Ich hatte Gelegenheit, mich mit Ihnen über ihn zu unterhalten und zu bedauern, daß es uns nicht möglich war, gewissen Projekten, die wir in bezug auf ihn hatten, Folge zu geben angesichts der tief verletzenden Gleichgültigkeit, die er in seinen religiösen Ansichten zur Schau trägt.«
    »Ach, das ist derselbe junge Mann,« sagte der Abbé; »das setzt mich sehr in Erstaunen, und ich muß sagen, daß ich auf ein solches Zusammentreffen nicht gefaßt

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