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Die Kleinbürger (German Edition)

Die Kleinbürger (German Edition)

Titel: Die Kleinbürger (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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sie in das Zimmer der Frau Thuillier ein. Diese stand bleich und zitternd da.
    »Was hast du dem Herrn hier eben erklärt? Du willst Celeste keine Mitgift geben?
    »Ja,« sagte das sich auflehnende Opferlamm, wenn auch mit unsicherer Stimme, »es ist meine Absicht, keine zu geben.«
    »Aber das ist ja etwas ganz Neues, diese deine Absicht«, sagte Brigitte, rot vor Wut.
    »Es ist meine Absicht so«, begnügte sich die Empörerin zu antworten.
    »Willst du mir vielleicht sagen, weshalb?«
    »Ich billige die Heirat nicht.«
    »So! Und seit wann?«
    »Es ist wohl überflüssig,« bemerkte Frau Thuillier, »daß der Herr unserer Auseinandersetzung beiwohnt; sie wird ja nicht in den Kontrakt aufgenommen.«
    »Du solltest dich schämen,« sagte Brigitte, »du zeigst dich nicht gerade in schmeichelhaftem Licht ... – Mein Herr,« fuhr sie zu dem Schreiber gewendet fort, »kann man in dem Kontrakt nicht eher etwas streichen, als etwas hinzusetzen?«
    Der Schreiber nickte bejahend.
    »Dann setzen Sie es nur immer so hinein, wie ich gesagt habe, was dann wegbleiben soll, kann ja immer noch durchgestrichen und gekürzt werden.«
    Darauf empfahl sich der Schreiber.
    Als die beiden Schwägerinnen allein waren, fragte Brigitte :
    »Bist du denn verdreht geworden? Was hast du dir denn für eine Marotte in den Kopf gesetzt?«
    »Das ist keine Marotte, sondern eine wohlüberlegte Sache.«
    »Die du bei deinem. Abbé Gondrin aufgelesen hast! Willst du vielleicht ableugnen, daß du mit Celeste vorhin bei ihm gewesen bist?«
    »Celeste ist in der Tat mit mir heute morgen bei unserm Beichtvater gewesen, aber ich habe kein Wort von dem, was ich zu tun beabsichtigte, gesagt.«
    »Also aus deinem hohlen Kopfe stammt diese blödsinnige Idee?«
    »Jawohl, ich bin, wie ich schon gestern gesagt habe, der Ansicht, daß Celeste besser verheiratet werden kann, und ich habe nicht die Absicht, für eine Heirat, die ich nicht billige, etwas herzugeben.«
    »Die du nicht billigst? ... Seit wann fragt man dich denn um deine Ansicht?«
    »Ich weiß wohl,« sagte Frau Thuillier, »daß ich in diesem Hause niemals etwas zu sagen hatte. Für mich selbst habe ich mich schon seit langer Zeit damit abgefunden; aber da es sich hier um das Glück eines Kindes handelt, das ich wie mein eigenes ansehe ...«
    »Jawohl!« rief Brigitte, »eigene hast du jedenfalls nie kriegen können! denn Thuillier seinerseits ...«
    »Meine Liebe,« sagte Frau Thuillier voll Würde, »ich habe diesen Morgen das Abendmahl genommen, ich kann gewisse Dinge heute nicht mit anhören.«
    »Ja, so seid ihr Mucker!« schrie Brigitte, »ihr spielt dann die Heiligen und bringt Aufruhr ins Haus! Und du meinst, daß das so gehen wird? Thuillier kommt gleich nach Hause, er wird dir schon deinen Standpunkt klarmachen ...«
    Indem sie so die Unterstützung des Ehegatten für ihre Autorität zu Hilfe rief, erwies sich Brigitte schwach gegenüber dem ernstesten und unerwartetsten Angriff, der seit Menschengedenken auf sie gemacht worden war. Frau Thuilliers ruhige, aber von Wort zu Wort entschiedenere Sprache brachte sie völlig außer Fassung; sie konnte nur noch ihre Zuflucht zu Schimpfworten nehmen.
    »Diese Schlafmütze!« rief sie, »diese Person, die zu nichts taugt, die nicht mal ihr Schnupftuch selbst aufheben kann, so was will die Hausherrin spielen!«
    »Das will ich so wenig, daß ich erst gestern abend, nachdem ich nur zwei Worte zu sagen versucht habe, mir befehlen ließ, still zu sein; aber über mein Vermögen bin ich Herrin, und da ich glaube, daß Celeste einmal sehr unglücklich sein wird, so will ich es aufbewahren, damit ich dann darüber verfügen kann.«
    »Das ist nicht schlecht!« sagte Brigitte ironisch, »ihr Vermögen!«
    »Gewiß, das, was ich von meinem Vater und meiner Mutter geerbt, und was ich Thuillier als Mitgift zugebracht habe.«
    »Und wer hat das Geld so angelegt, daß es heute zwölftausend Franken Rente bringt?«
    »Ich habe von dir niemals Rechenschaft darüber verlangt,« sagte Frau Thuillier sanft; »wenn es bei der Art, wie du es verwertet hast, verlorengegangen wäre, hätte ich mich mit keinem Worte bei dir darüber beklagt; es ist gewachsen, da ist es auch gerecht, daß mir der Nutzen zufließt. Übrigens will ich es ja nicht für mich aufheben.«
    »Vielleicht; denn bei der Art, wie du dich beträgst, ist es mir zweifelhaft, ob wir beide noch lange hier zusammenbleiben werden.«
    »Meinst du etwa, daß Thuillier mich wegjagen wird? Dafür müßte

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