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Die Kleinbürger (German Edition)

Die Kleinbürger (German Edition)

Titel: Die Kleinbürger (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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entgegennehmen zu wollen.«
    Nach diesen Worten entfernte er sich mit majestätischen Schritten und ließ Brigitte unter dem Eindruck des in extremis abgeschossenen Pfeils seiner Vergleichung in um so üblerer Laune zurück, als schon am Abend vorher Frau Thuillier, nachdem sich alle Eingeladenen entfernt hatten, die unglaubliche Kühnheit gezeigt hatte, etwas zu Gunsten von Felix zu äußern. Selbstverständlich wurde das Opferlamm grob angeschnauzt und ihm bedeutet, sich nicht in Dinge zu mischen, die es nichts angingen. Aber dieser Versuch ihrer Schwägerin, einen eigenen Willen zum Ausdruck zu bringen, hatte die alte Jungfer schon in schlechte Stimmung versetzt, und Phellion konnte sie dadurch, daß er auf dieselbe Sache zurückkam, nur noch mehr in Wut versetzen. Die Köchin Josephine und der »männliche« Dienstbote hatten die eben stattgehabte Szene auszubaden: Brigitte fand, daß während ihrer Abwesenheit alles verkehrt gemacht worden war, und um selbst »mit Hand anzulegen«, kletterte sie, auf die Gefahr hin, sich den Hals zu brechen, auf einen Stuhl, um die obersten Fächer des Wandschranks erreichen zu können, in denen das Staatsporzellan sorgfältig unter Verschluß gehalten wurde.

Dieser Tag, der für Brigitte so schlimm begann, war unstreitig einer der inhaltreichsten und bewegtesten unserer Erzählung.
    Um genau zu berichten, müssen wir wieder mit der Zeit um sechs Uhr morgens beginnen, wo Frau Thuillier sich in die Madeleinekirche begab, um die Messe zu hören, die der Abbé Gondrin gewöhnlich um diese Stunde las, und um dann das Abendmahl zu nehmen, ohne welche heilige Wegzehrung fromme Seelen niemals an die Ausführung eines bedeutenden Entschlusses herantreten.
    Um acht Uhr erschien, wie wir schon gesehen haben, der alte Minard, der die Erlaubnis dazu am Abend vorher erhalten hatte, bei dem jungen Vikar, um seinen väterlichen Kummer dem Busen des gewandten und vermittlungsbereiten Kasuistikers anzuvertrauen.
    Der Abbé Gondrin machte ihm in milder Form Vorwürfe, daß er seinem Sohn die Möglichkeit gewährt habe, unter dem Schutz eines Titels, der ein arbeitsreiches Dasein vorspiegelt, zu faulenzen und sich zu allen möglichen Torheiten verleiten zu lassen; die Advokaten ohne Praxis und die Ärzte ohne Kranke sind, wenn sie kein Geld haben, die Pflanzstätte für den Geist der Revolution und der Unordnung; wenn sie aber reich sind, dann leben sie wie die junge Aristokratie, die nach Verlust ihrer übrigen Privilegien nur noch das Recht des far niente sich bewahrt hat, das dem Besucher der Rennen und der Theaterdamen alle Freiheiten einer wertlosen und untätigen Existenz gewährt.
    Im vorliegenden Falle erwiesen sich die Gewaltmaßregeln, die der Bürgermeister des elften Bezirks gern angewendet hätte, als Hirngespinste. Es gibt kein Saint-Lazare-Gefängnis mehr für liederliche junge Leute, und die Manon Lescauts können nicht mehr nach Amerika deportiert werden. Der Abbé Gondrin war daher der Ansicht, daß der alte Minard versuchen solle, die ganze Sache mit einem Geldopfer aus der Welt zu schaffen; er sollte die Sirene ausstatten und verheiraten; die Moral käme dabei doppelt auf ihre Rechnung. Selber bei einer solchen Lösung mitzuwirken, bezeigte der junge Vikar keinerlei Neigung; er sei zu jung für solche diplomatischen Schritte, und auch die besten Absichten wären so leicht der Verleumdung ausgesetzt. Da das junge Mädchen noch eine Mutter besaß, so könne Minard sich ja mit dieser Frau in Verbindung setzen.
    Mittags empfing der Abbé Gondrin den Besuch der Frau Thuillier und Celestes. Das arme Kind wünschte einige nähere Erläuterungen der Worte, mit denen am Abend vorher in Brigittes Salon der Priester sich so beredt für das Seelenheil Felix Phellions verbürgt hatte. Es erschien der jungen Theologin sehr merkwürdig, daß jemand, der nie gebeichtet habe, der Gnade der göttlichen Gerechtigkeit teilhaftig werden könne, denn es heißt doch ausdrücklich: »Außerhalb der Kirche gibt es kein Seelenheil.«
    »Mein liebes Kind,« sagte der Abbé Gondrin, »Sie müssen dieses Wort, das so streng zu sein scheint, richtig verstehen: es verkündet viel mehr das Heil denjenigen, die das Glück genießen, im Schoße unserer heiligen Mutter, der Kirche, zu leben, als daß es diejenigen verdammte, die das Unglück haben, von ihr geschieden zu sein. Gott sieht den Menschen auf den Grund des Herzens und weiß die Auserwählten wohl zu unterscheiden; und der Schatz seiner Güte ist so

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