Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die kleinen Gärten des Maestro Puccini: Roman (German Edition)

Die kleinen Gärten des Maestro Puccini: Roman (German Edition)

Titel: Die kleinen Gärten des Maestro Puccini: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Krausser
Vom Netzwerk:
den er es gestellt hatte! Ich schließe mich Giacomos Wunsch an, doch unsere Einladung anzunehmen und hierherzukommen, um ihm zu helfen, einzusehen, daß es sinnlos ist, sich wegen solch einer Person zu grämen. Wenn ich versuchen würde, ihn zu trösten, so würde ihn das, fürchte ich, nur reizen, ein Freund aber ist etwas anderes. Finden Sie nicht auch? Wenn wir wollen, daß er seine Oper fertigschreibt, müssen wir versuchen, ihm die Ruhe zu verschaffen, die er dazu braucht. Wenn Sie es für richtig halten, sprechen Sie auch mit Sig. Giulio darüber, er weiß über alles Bescheid. Antworten Sie mir postlagernd mit einem eingeschriebenen Brief. Ich werde dem Briefträger Anweisung geben, den Brief nur mir auszuhändigen …
    Puccinis Anwalt, Carlo Nasi, seßhaft in Turin, beruhigt den Maestro einigermaßen.
    Der Vorwurf des Anwaltskollegen, er, Giacomo, habe sich der Beleidung sowie der Verleumdung schuldig gemacht, nun ja, der sei so leicht nicht zu entkräften, eine junge Dame als Scheiße wie als Hure zu bezeichnen, das ginge allerhöchstens, wenn sie von beidem ein bißchen was wäre. Die Protokolle seiner Detektive seien vor Gericht nicht ausreichend. Es stünde immer Aussage gegen Aussage. Aber wenn morgen das Urteil gegen ihren Vater, Domenico C., in der Appellationsverhandlung bestätigt werde, dann sähe es gut aus, dann nämlich entstamme Corinna fortan einem vorbestraften Elternhaus mit verlorengegangenem Leumund. Kein Gericht würde ihr dann noch glauben. Die Herausgabe der anderen, intimen Briefe sei zu erreichen, es koste zwar ein bißchen Geld, aber er solle ihn mal machen lassen.
    Tatsächlich wird das Urteil gegen Domenico C. bestätigt, am 27. November 1903.
    GP an Illica, Torre del Lago, 28.  November 1903
    Ich bin jetzt ruhiger und vernünftiger, die Krise ist vorüber, aber es war fürchterlich –
    Ich würde Dir gern alles sagen, aber wir werden uns sehen und dann sprechen …
    Schlimm genug, und überaus demütigend für Giacomo, daß ein wildfremder Mensch, irgendein windiger Advokat, schmierig genug, um so einen Fall auch nur mit den Fingerspitzen anzufassen, Einblick in sein Privatestes erhalten hat. Puccini ist verbittert und macht sich Vorwürfe, alle haben es ihm ja prophezeit – und alle haben nun recht bekommen. Als schon älterer Mann sich mit einem so jungen Ding einzulassen endet immer schmerzhaft. Warum nur? Wie konnte Cori diese schönen, leidenschaftlichen Briefe voller obszöner Details aus der Hand geben?
    Ein solcher Vertrauensbruch kommt einer Kriegserklärung gleich. Schmiedet einige Personen, die zuvor miteinander nicht mehr allzuviel zu tun haben wollten, zusammen, ihn mit den Ricordis, ihn mit Elvira, Elvira mit den Ricordis, und natürlich Illica, den immer gutmeinenden Freund und Doppelagenten, mit allen.
    Gegenanwälte werden engagiert, als wäre der berühmte Carlo Nasi alleine nicht ausreichend, große Kaliber, die ihren leichtfertigen kleinen Kollegen erst einmal beeindrucken, ihm das Prekäre an der Sache klarmachen sollen.
    Was will Cori überhaupt? Zwei Punkte werden genannt. Ein Treffen Coris oder wenigstens ihres Anwalts mit Elvira oder Giacomo, am besten mit beiden, in Mailand. Sowie eine Ehrenerklärung, derzufolge öffentlich kundgetan werden solle, daß eine Heirat Puccinis mit Elvira Bonturi-Gemignani zwar stattfinden werde, diese aber keine Verletzung der Person Coris darstelle. Das Ganze hört sich um so sinnloser an, als von finanziellen Entschädigungen vorerst nicht die Rede ist, vielleicht, um sich keine Klage wegen versuchter Erpressung einzufangen.
    Cori an Giacomo, 4. Dezember 1903
    Du bittest mich, vernünftig zu sein? Du meinst doch nur, ich solle schweigen. Dein Lämmchen soll nicht weiter blöken, ja? Daß Du mich immer noch liebst, wieso denn auch nicht, willst Du Dir nicht eingestehen, es würde Dir ja lästige Umstände machen. Wie hast Du es soweit kommen lassen? Mich wirst du jedenfalls nicht so einfach aus der Welt drängen, Du machst einen Fehler, Jack, sieh es ein! Deine Vorwürfe sind ganz und gar erlogen und ohne jeden Hintergrund. Ich mag jung sein und unerfahren, aber aus mir spricht die Wahrheit eines liebenden Herzens und ich reiche Dir noch immer meine Hand, nimm sie, erhebe Dich bitte aus dem Sumpf, in dem Du lebst, C.
    Elvira an Giulio Ricordi, 6. Dezember 1903
    Ich weiß, daß Giacomo an Nasi geschrieben hat und ihn um Rat gebeten hat, ob er der Forderung der Turinerin nach einem Treffen nachgeben soll. Ich denke,

Weitere Kostenlose Bücher