Die kleinen Gärten des Maestro Puccini: Roman (German Edition)
daß Nasi klug genug ist, ihm davon abzuraten, aber in jedem Fall fände ich es eine gute Idee, wenn Sie sich an Nasi wenden würden, damit der ihm rate, sich nicht länger selbst mit der Sache zu beschäftigen, sondern dies dem Anwalt zu überlassen. Meinen Sie nicht, daß das eine gute Idee ist? Denn manchmal könnte Nasi, der den Charakter jener Frau nicht kennt, es zulassen, daß Giacomo sich einwickeln läßt, um so mehr, als Giacomo sagt, daß der einzige Zweck des Treffens wäre, das Ganze auf freundschaftliche Art zu regeln, ohne Geld zahlen zu müssen. Denn in seiner Naivität glaubt er, dieses Weib könne sich von seinen Worten anrühren lassen. Ihr Telegramm von gestern beruhigte ihn ein bißchen, aber es hat lange gebraucht, ihn zu überzeugen, nicht mehr zu schreiben.
GP an Giulio Ricordi, Torre del Lago, 7. Dezember 1903
(…) So war ich vom Brief des Turiner Anwalts sehr erschrocken und und habe ein letztes Mal in einem Brief an sie appelliert, indem ich ihr sagte, daß ich nicht mit juristischen Mittelsmännern verhandle, warf ihr bitter vor, so tief gesunken zu sein, meine Briefe an Dritte weitergegeben zu haben, und daß ich gegebenenfalls direkt mit ihr verhandelt hätte – und so kam ihre Antwort, die ich Ihnen vorgestern weitergeleitet habe – aber, glauben Sie mir, bei meiner Ehre, das war kein irgendwie gearteter Versuch einer Versöhnung – das niemals !
Carlo Carignani ist in Torre zu Besuch, um mit dem Klavierauszug zum dritten Akt der Butterfly zu beginnen, und, en passant, Giacomo mit guten Ratschlägen beizustehen, was allerdings Elviras Mißfallen hervorruft.
Elvira an Giulio Ricordi,
13. Dezember 1903
Liebster Signor Giulio
Eben habe ich erfahren, daß er ( Giacomo ), während ich in Mailand war, der Turinerin geschrieben und von ihr verlangt hat, sie solle den Rechtsweg beenden und zu einer direkten Übereinkunft mit ihm kommen. Jetzt ist mir auch der Grund klar, warum diese Frau diesen Brief schrieb. ( Vorher hatte sie von der deftigen Beleidigung höchstens geahnt .) Ich habe zu Giacomo noch nichts gesagt, weil ich der Person, die mir das erzählte, keinen Ärger bereiten will, und es scheint, als sei es ein Rat Carignanis gewesen ( diesen Brief an Cori zu schreiben ). Das Beste wäre, Sie würden ihn ( Carignani ) nach Mailand befehlen, so schnell als möglich, denn hier tut er nichts, als ihm ( Giacomo ) den Kopf zu verdrehen. Und Sie hatten Vertrauen in all die Vorschläge, die er ( Carignani ) am Bahnhof gemacht hat! Glauben Sie mir, Signor Giulio, um sich Giacomos sicher zu sein, ist es nötig, diesen perfiden bazzone ( Carignani ) von ihm fernzuhalten. Von neuem Entschuldigung und danke für alles, was Sie in dieser traurigen Angelegenheit unternehmen. Haben Sie meine herzlichsten Grüße und die ewige Dankbarkeit Ihrer ergebenen Elvira (ANM. 13)
Puccini erklärt sich für überfordert und unfähig, in der Sache weiterhin selbst tätig zu werden, er muß die Oper vollenden, spätestens bis Neujahr. Damit legt er sein Schicksal in die Hände anderer, blendet die Gefahr, so gut es irgendwie geht, aus und arbeitet wie ein Besessener, gleichsam unter dem Damoklesschwert. Sobald die Oper fertig ist, kann er im schlimmsten Fall wenigstens Selbstmord begehen, vorher nicht, ganz ausgeschlossen.
Das Duell der Anwälte zieht sich hin. Puccinis (und Ricordis) Vertreter machen ihrem Kollegen bald die relative Aussichtslosigkeit seines Standpunktes klar, was diesen veranlaßt, seiner Mandantin kleinlaut zu einem Vergleich zu raten. Cori will zuerst nicht nachgeben, stellt sich stur. Immerhin ist dann doch bald von einer finanziellen Entschädigung die Rede.
Es gehe ihr, betont die junge Frau, nicht um Geld. Allerdings sieht sie ein, daß eine gewisse Summe wohl die einzige Form eines Schuldeingeständnisses sein dürfte, die sie von Giacomo erhalten wird, ansonsten sie rein gar nichts erhalten wird. Und Geld braucht sie allein schon, um die Anwaltskosten zu bezahlen. Ihre Mutter Margherita setzt Cori unter Druck, man müsse nun den Schweigemantel über das Vorgefallene breiten, alles andere sei unerträglich. Der Vater, der Bäckermeister, gibt, aus dem Gefängnis heraus, denselben Rat. Daß er unschuldig verurteilt worden sei, zeige, wie sehr man dem Rechtssystem vertrauen könne, am Ende gewännen immer die Reichen und Mächtigen, man müsse froh sein um jeden Kompromiß.
Bald wird über nichts anderes mehr verhandelt als die Höhe der Abfindung. Jene fällt zuletzt viel
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