Die Klimaprioritaeten
den Beginn eines neuen Kapitalismus erleben«. Selbst im staatskapitalistischen China.
Ende 2007 schloss die Huadian Gruppe, einer der größten staatseigenen chinesischen Stromerzeuger, einen Vertrag mit der Deutschen Bank und der Emissionshandelsfirma
EcoSecurities, der Emissionsscheine im Wert von 30 Millionen Euro pro Jahr sichern soll. Diese stammen aus vier modernen
Kohlekraftwerken
, die drei Millionen Tonnen Kohlendioxid einsparen sollen. Huadian plant, Emissionsgutschriften von weiteren zehn Kraftwerken zu verkaufen.
Frank Lee, ein höflicher Mann im feinen Zwirn, ist Manager bei EcoSecurities. In seinem Büro hängt ein Foto von ihm mit Al Gore, umringt von den chinesischen Mitarbeitern. Der Blick nach draußen fällt auf die dunstverhangene Skyline. EcoSecurities ist ein Pionier und mittlerweile »Big Player« im
Emissionshandelsgeschäft
, mit Filialen in 36 Ländern. Lee sagt, dass die Tage vorbei seien, da chinesische Energieversorger noch passiv waren im Emissionshandel und hofiert werden mussten. Heute hätten sie hierfür ihre eigenen Abteilungen und Fachleute.
China ist bisher das einzige Land, das Bemühungen, Kohle klimaschonender zu verbrennen, in den Emissionshandel aufnimmt. Es dauerte acht Monate, bis die Kohleprojekte vom zuständigen UN-Akkreditierungsbüro genehmigt wurden, das entscheidet, ob ein Vorhaben gemäss den Kriterien des Kyoto-Protokolls tauglich ist für den Emissionshandel. Der erwartete Erlös aus den Emissionsgutschriften sei für die
Energieversorger
und deren Geldgeber ein finanzieller Anreiz, in solche modernen Kraftwerke stärker zu investieren, sagt Lee. Emissionsgutschriften erhöhen die Profitabilität eines
Energieunternehmens
und machen es für Banken kreditwürdiger. Lee ist überzeugt: »Kohle wird im chinesischen Klimaschutzmarkt einer der wichtigsten Geschäftsbereiche werden.«
|49| Ob Klimaschutzmarkt und Emissionshandel jedoch geeignete Mittel sind, marode in moderne Kohlekraftwerke umzuwandeln oder ob andere Wege wie Investitionshilfen und -fonds für den Technologietransfer sinnvoller sind, ist umstritten. Abgesehen davon, dass für viele Klimaschützer »sauber« und »Kohle« ein Antagonismus bleibt, stellt sich die Frage, ob der Emissionshandel nicht ausgehöhlt und geschwächt wird.
Für die Beteiligten ist es zunächst ein prima Geschäft. Eco-Securities hat ja auch nicht nur das Klima im Auge, sondern die eigenen Bilanzen. Die Käufer der Emissionsgutschriften, seien es Zementfirmen oder Energieversorger aus Spanien oder Deutschland, sind zufrieden: Sie erhalten eine garantierte Menge zu einem garantierten Preis, denn die Kohlekraftwerke sind überwiegend im Besitz des chinesischen Staats, und der kann diese Garantien geben. Da Kohlekraftwerke eine große Zahl Emissionsrechte produzieren, besteht die Gefahr, dass sie den Markt überschwemmen, dadurch den Preis drücken und somit den Anreiz für Firmen in Europa und Japan senken, eigene Anstrengungen zu unternehmen, wenn es darum geht, Emissionen zu verringern (mehr dazu im Kapitel »Handel durch Wandel«). Es ist der alte Vorwurf der Gegner, dass Emissionshandel am Ende dazu führt, dass die Hauptverursacher in den Industriestaaten untätig bleiben.
Und warum soll der Klimaschutzmarkt aushelfen, wenn die Regierung diese Projekte ohnehin plant und finanzieren will? »Es geht um den zusätzlichen Anreiz«, meint Lee. Die chinesischen
Energieversorger würden nicht im Geld schwimmen. Der Kohlepreis steige, die Gewinne seien gering, da der Staat niedrige Energiepreise subventioniere. Gleichzeitig müssten sie viele neue Kraftwerke bauen und hätten einen riesigen Kapitalbedarf.
|50| Lee glaubt jedoch nicht, dass Investitionen in sauberere Kohle eine überragende Rolle im weltweiten Emissionshandel spielen werden. Aber für Länder wie China und Indien, wo der Problemdruck so groß sei, dürften sie ein wichtiger Katalysator sein.
Ob und wie CCS-Technologie in den Emissionshandel integriert werden kann, wird derzeit diskutiert. Grundsätzlich erkennt das Kyoto-Protokoll das Einlagern von Kohlendioxid als eine effektive Möglichkeit an, den Klimawandel abzuschwächen. Viele methodische und rechtliche Fragen sind jedoch noch offen. CCS-Technik verhindert oder zerstört keine Treibhausgase, sondern lagert sie ein. CDM-Kriterien verlangen, dass Kohlendioxid tatsächlich, messbar und langfristig vermieden wird. Voraussetzung ist also, dass CO2 auch in den alten Salzstöcken und Ölfeldern bleibt.
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