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Die Klimaprioritaeten

Titel: Die Klimaprioritaeten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Streck
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Wirtschaftliberale bringen zudem immer häufiger eine Kohlendioxidabgabe oder -steuer ins Gespräch. Eine Umfrage des Wall Street Journal im Februar 2007 unter US-Ökonomen kam zu dem verblüffenden Ergebnis, dass 54 Prozent eine CO2-Steuer unterstützen würden. Eine Steuer sei transparenter, fairer, einfacher zu erheben und zu kontrollieren, sagen die Befürworter. Dennoch dürfte es politisch unrealistisch sein, dass die notorisch steuerfeindlichen Amerikaner tatsächlich eine Umweltabgabe durchsetzen. Nicht umsonst haben sie den Emissionshandel aus der Taufe gehoben.
    Wäre eine Steuer tatsächlich besser geeignet, Emissionen zu senken? Ein globales Steuersystem zu schaffen wäre eine Herkulesaufgabe. Man denke nur an die schwierige Geburt des
Kyoto-Protokolls
und die mühseligen internationalen Verhandlungen über einen Nachfolgevertrag. Vergleichbare Steuern auf nationaler Ebene existieren, wenn auch in wenigen Staaten, werden aber in den meisten Ländern von Wirtschaftsverbänden und Regierungen gleichermaßen blockiert, da sie bei Alleingängen Wettbewerbsnachteile befürchten. Schweden führte 1991 eine CO2-Steuer ein. Der deutlich gestiegene Einsatz von Biomasse für die Wärmeversorgung im Land wird auf diese Steuer zurückgeführt. Die Regierung in Stockholm schätzt, dass die CO2-Emissionen im Jahr 2000 um 20 bis 25 Prozent niedriger waren, weil diese Steuer erhoben wird.
    Händler Edwards hält nicht viel von einer CO2-Steuer. »Erstens ist das Wunderbare am Emissionshandel seine Flexibilität. Zweitens entzieht eine Steuer Unternehmen jenes Kapital, das sie in moderne, effiziente Technologien stecken sollen.« Und wer garantiere, dass eine Steuer auch tatsächlich der Umwelt zugute komme?
    Für Benito Müller gibt es in dieser Frage kein Entweder-oder. |152| Es gebe Bereiche, in denen funktioniere Emissionshandel einfach besser, überall dort, wo es wie in der Energiewirtschaft eine überschaubare Anzahl von Akteuren gebe. In
unübersichtlicheren
und schwieriger zu kontrollierenden Bereichen wie Verkehr und Privathaushalten greife eine Steuer besser. »Beides sollte eingesetzt werden.« Unabhängig ob Steuer oder Handel, entscheidend für private Investitionen und damit den Klimaschutz sei, erklärt Umweltökonom Charles Komanoff vom Carbon Tax Center in New York, »dass der Preis für Kohlendioxid vorhersehbar ist«.
    Das vorerst wohl größte Hindernis für Unternehmen, in Klimaschutz zu investieren, ist der unklare politische Rahmen. Firmen legen ihre Pläne auf Eis, weil in den Sternen steht, wie es nach dem Auslaufen des Kyoto-Protokolls 2012 weitergeht und welche Emissionsziele die hoffentlich entscheidende
UN-Klimakonferenz
in Kopenhagen 2009 beschließen wird. Das Bekenntnis der EU, der Klimaschutzmarkt solle auch nach 2012 weitergeführt werden, sei zwar ein wichtiges Signal, meint Abyd Karmali, Chef der Emissionshandelsabteilung von Merrill Lynch. Doch klare Reduktionsziele seien rasch notwendig. »Manche Politiker verstehen immer noch nicht, dass die jährlichen Investitionen von rund 200 Milliarden US-Dollar, die bis 2030 für Klimaschutz benötigt werden, nur fließen, wenn die Bedingungen feststehen. Nur so lassen sich Investitionsrisiken minimieren.«
    Einen Schub für den Klimaschutz verspricht auch, den Emissionshandel geografisch auszudehnen. Derzeit gibt es zwar neben dem größten Handelsblock der EU einen vergleichbaren Markt nur in Australien. Der Aufbau von Handelssysteme in einigen
US-Bundesstaaten und Kanada ist weit fortgeschritten, ist aber noch nicht in Gesetz gegossen. Aus Sicht der Händler sind fragmentierte Märkte stets ein Hindernis. Je einheitlicher |153| und globaler das Handelssystem, desto wirksamer. Dies sollte aber nur eine Frage der Zeit sein. Kalifornien denkt bereits über eine Kooperation mit den Europäern nach, Kanada ebenso. Die Hoffnung ist, das Netz der beteiligten Ländern stetig über den Globus auszudehnen.
     
    *
     
    Was den Emissionshandel zwischen Industriestaaten
anbetrifft, können auch die Skeptiker ihren Frieden mit ihm schließen, sollten die dargelegten Mängel behoben werden. »Das
EU-Emissionshandelssystem
sollte möglichst global ausgeweitet werden. So soll der Aufbau eines Marktes vorangetrieben werden, der auch für den Finanzsektor attraktiv ist«, fordert der WWF. Am »Clean Development Mechanism«, dem CDM, hingegen scheiden sich weiterhin die Geister.
    Wie der Name sagt, ist die Absicht dieses Instruments, nachhaltige

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