Die Klimaprioritaeten
diesen Markt weiter geben«, erklärt Edwards. Jeder
EU-Mitgliedstaat
legt die Gesamtemissionsmenge für fünf Jahre fest. Er vergibt an energieintensive
Industrieunternehmen mit hohem Kohlendioxid-Ausstoß wie Stromerzeuger, Stahl- und Zementwerke, Chemiebetriebe und Papierfabriken jedes Jahr eine bestimmte Zahl Emissionsrechte. Die Firmen müssen ihre Emissionen dann mit den erhaltenen oder ersteigerten Zertifikaten abgleichen.
Firmen, die durch neue Technik oder Verfahren ihren
Kohlendioxid-Ausstoß |144| gesenkt haben, können überschüssige Emissionsrechte verkaufen. Das bringt extra Geld in die Kasse. Reicht dagegen die zugeteilte Menge nicht aus, um die
Emissionsverpflichtungen
zu erfüllen, kann ein Unternehmen entscheiden, ob es lieber in bessere Technologie investiert oder Emissionsrechte zukauft. Andernfalls wird eine Strafe fällig. So werden Treibhausgase dort verringert, wo die Vermeidungskosten am niedrigsten sind.
Der Emissionshandel in Europa funktioniert nach dem Prinzip »learning by doing«. Darum ist er vorerst in drei Stufen eingeteilt. Die Regeln sind nicht starr festgezurrt, sondern können korrigiert werden, wenn sie sich als kontraproduktiv erweisen. Die Pilotphase lief von 2005 bis 2007. Die zweite Phase läuft derzeit bis 2012, die dritte dann bis 2020. Die von der EU-Kommission anvisierten Korrekturen im EU ETS: Emissionsrechte, die anfangs kostenlos an Firmen vergeben wurden, sollen sukzessiv immer mehr versteigert und ab 2013 vollständig auktioniert werden. Die Menge der ausgegebenen Emissionsrechte wird deutlich abgesenkt.
In Deutschland ist für das komplizierte Prozedere von Berechnen und Zuteilen eine eigens beim Umweltbundesamt eingerichtete Schaltstelle zuständig. Die Deutsche
Emissionshandelsstelle
(DEHSt) verwaltet eine Datenbank und ein Handelsregister aller vom Emissionshandel betroffenen deutschen Unternehmen – das sind ungefähr 1 800 – mit ihren
Emissionskontoständen
und Transaktionen.
In der EU fallen insgesamt 10 000 Industrieanlagen unter die Regeln des europäischen Emissionshandels, das entspricht etwa 50 Prozent der EU-Emissionen. Auch Shell und seine europaweiten
Produktionsstätten gehören dazu. »Shell muss seine Emissionen senken, sonst drohen Strafen«, sagt Edwards. Er rechnet vor: Werden die Emissionsgrenzen nicht eingehalten, |145| müssen pro Tonne Kohlendioxid, die mehr als erlaubt emittiert wird, 100 Euro Strafe gezahlt werden. Aktuell kostet eine Tonne Kohlendioxid 23 Euro. »Das ist in jedem Fall billiger.«
Gehandelt werden die Emissionsrechte an Börsen wie Nord Pool in Oslo, der Leipziger Energiebörse und European Climate Exchange, einer Tochter der »Chicago Climate Exchange« (CCX). Sie ist die wichtigste Börse in Europa für Emissionshandel, ging 2004 an den Start und operiert rein elektronisch. 50 Konzerne sind bereits Börsenmitglied. Hauptkunden sind Banken und Stromversorger. Ihre Motive: »Der Handel ist einfach, verlässlich und transparent«, erklärt ECX-Chef Patrik Birley.
Komplizierter sind hingegen die projektgebundenen
Handelsmechanismen
des Kyoto-Protokolls, der »Clean Development Mechanism«, in der abkürzungsreichen Sprache der Vereinten Nationen kurz CDM genannt. Er erlaubt Unternehmen aus Industriestaaten, Emissionsminderungen aus in Entwicklungs- oder Schwellenländern finanzierten
Klimaschutzprojekten
auf die eigenen Emissionsverpflichtungen
anzurechnen. Bis Mitte April 2008 waren beim UN-Klimasekretariat weltweit 1 000 solcher Projekte in 49 Ländern registriert, 3 300 weitere Vorhaben werden geprüft. Die Investitionen belaufen sich bislang auf mindestens 25 Milliarden US-Dollar. Für die genehmigten Vorhaben wurden 135 Millionen
Emissionsgutschriften
ausgeschüttet. Dieser UN-Mechanismus ist mit dem Europäischen Emissionshandelssystem gekoppelt. Shell saniert so zum Beispiel eine Mülldeponie in Brasilien, das ansonsten entweichende klimaschädigende Methangas wird aufgefangen und zur Stromerzeugung genutzt. Die dadurch eingesparten Treibhausgase kann sich Shell gutschreiben lassen und später auch handeln.
Der Handel mit solchen Emissionsgutschriften über Börsen steckt allerdings noch in den Kinderschuhen und funktioniert |146| bisher vorwiegend über bilaterale Verträge zwischen Firmen oder Ländern. Noch fehlen die notwendigen technischen
Rahmenbedingungen
, um solche Transaktionen problemlos abzuwickeln. Das liegt vor allem an einer von der UN verwalteten Registratur, dem International
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