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Die Klimaprioritaeten

Titel: Die Klimaprioritaeten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Streck
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garantiert werden, dass die Emissionsminderungen durch CDM-Vorhaben nicht nur auf dem Papier stehen, sondern auch tatsächlich messbar sind. Dafür sind wirksame Kontrollen nötig, die der CDM-Exekutivrat, der alle Vorhaben überwacht, sicherstellen muss.
    Wenn korrekt durchgeführt, sind CDM-Vorhaben eine enorme Chance. Zu diesem Schluss kommt eine im August 2007 veröffentlichte Studie des Freiburger Öko-Instituts und des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung in Mannheim im Auftrag des Umweltbundesamtes. Das Öko-Institut steht nicht im Verdacht, ein Freund der energieintensiven Großindustrie zu sein.
    Tatsache ist, dass CDM-Projekte in einem mehrstufigen Verfahren von UN-Experten und unabhängigen Gutachtern geprüft werden, dass Betroffene und
Nichtregierungsorganisationen
angehört werden, dass sie vergleichsweise transparent sind und dass es für Emissionsgutschriften mittlerweile ein von der Privatwirtschaft initiiertes, zuverlässiges
Bewertungssystem |159| gibt ähnlich dem im Bankenwesen, welches die Bonität von Krediten und Wertpapieren überprüft.
    Richtig ist, dass CDM-Projekte kostengünstig weltweit
klimafreundliche
Technologie verbreiten helfen und in
Entwicklungsländern
eine nachhaltige Wirtschaft fördern. Richtig ist, dass die Vorhaben von der zuständigen
UN-Akkreditierungsbehörde
zu schleppend bearbeitet werden. Das räumen auch die Befürworter ein. Die Bürokratie ist zu aufwändig, und die Transaktionskosten sind für viele Firmen in ärmeren Ländern zu hoch – ein Bremsklotz für den Klimaschutz.
    Richtig ist, dass die meisten Emissionsgutschriften
bislang – über 50 Prozent – aus umstrittenen CDM-Vorhaben stammen, die das potente Treibhausgas
Fluorkohlenwasserstoff
HCFC23, ein Abfallprodukt bei der Herstellung des Kühlmittels HCFC22, unschädlich machen. Dabei handelt es sich weltweit um wenige Projekte, die allerdings eine enorme Zahl an Emissionsgutschriften erbringen, da HCFC23 ein 12 000 Mal so wirksames Treibhausgas ist wie Kohlendioxid und
Emissionsgutschriften
in CO2-Äquivalenten berechnet werden. Die Investitionen in bessere Technik in den Fabriken in China, Indien oder Mexiko sind gering, der Ertrag aus dem Verkauf der Emissionsgutschriften ist groß – ein verlockendes Geschäft. Dass ein Markt diese niedrig hängenden Früchte zuerst pflückt, ist konsequent. Dass dieses Gas zerstört wird, ist zu begrüßen. Das Problem: Es wäre ungleich billiger gewesen, diese Fabriken ohne CDM zu sanieren. Der Preis für die Emissionsgutschriften liegt weit über den normalen Modernisierungskosten für diese veralteten Anlagen. Der CDM-Markt könnte somit einen völlig verkehrten Anreiz für Unternehmen schaffen, noch mehr dieser Kühlmittel herzustellen, dadurch mehr HCFC23 zu erzeugen, für deren Zerstörung dann reichlich
Emissionsgutschriften
kassiert würden.
    |160| Kritiker sehen hierin eine ungeheure Verschwendung von Investitionen, die dem Zweck von CDM-Projekten widersprechen, nachhaltige Energien und Technologien zu fördern. Andererseits fragen CDM-Experten, ob diese Firmen in China oder Mexiko ohne diese Möglichkeit jemals so schnell ihre Anlagen modernisiert hätten und sehen den Sinn des Instruments genau durch solche Vorhaben bestätigt. Schließlich erlaubt das Montrealer Protokoll zum Schutz der Ozonschicht
Entwicklungsländern
, die Produktion von HCFC22 bis zum Jahr 2015 auszuweiten; erst 2040 muss die Herstellung gestoppt werden. Der IPCC schätzt, dass die Emissionen des Beiprodukts HCFC23 in Entwicklungsländern 2015 um 60 Prozent höher sein werden als 2002. Wer also über den Klimawandel besorgt ist, sollte diese CDM-Projekte vielleicht weniger verdammen, zumal sie nur zulässig sind in Bezug auf eine noch aus der Vergangenheit stammende HCFC22-Produktion. Fabriken, die nach dem Stichjahr 2004 mit dem klimaschädlichen Gas arbeiten, können nicht vom CDM profitieren. So soll die Motivation genommen werden, die Herstellung auszuweiten.
    Richtig ist, der Nachweis, dass ein Klimaschutzprojekt nicht ohne ausländisches Kapitel zustande gekommen wäre, ist oft schwer zu erbringen. Dieses Additionalitätskriterium ist zumindest für großindustrielle CDM-Vorhaben fragwürdig. Eine Investitionsentscheidung zum Beispiel für ein Wasserkraftwerk ist immer komplex. Ihr liegen viele Erwägungen zugrunde, und CDM-Gelder aus dem Verkauf der Emissionsgutschriften sind nur ein Teil der Finanzierung. Das lädt zu Manipulation ein und füllt die

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