Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Klinge der Träume

Die Klinge der Träume

Titel: Die Klinge der Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
Vom Netzwerk:
Morgen beim Frühstück und am Abend beim Ale stellten und vermutlich auch, wenn sie zu Bett gingen. Mat hätte ihnen sagen können, dass Rand lebte - diese verdammten Visionen verrieten ihm das mit Sicherheit -, aber die Erklärung, warum er das wusste, war eine andere Sache. Selbst Thom und Juilin schienen das mit den Farben nicht zu verstehen. Die Kaufleute und die anderen hätten ihn für einen Verrückten gehalten. Und wenn sie ihm glaubten, würde das nur Gerüchte über ihn in Umlauf bringen, ganz zu schweigen davon, dass es die Seanchaner auf ihn gehetzt hätte. Er wollte bloß, dass die verfluchten Farben aus seinem Kopf verschwanden.
    Sein Umzug in das Zelt führte dazu, dass ihm die Artisten seltsame Blicke zuwarfen, und das war auch kein Wunder. Zuerst war er zusammen mit Egeanin durchgebrannt - Leilwin, wenn sie darauf bestand! -, und Domon war angeblich ihr Diener, aber jetzt war sie mit ihm verheiratet und Mat hatte den Wagen verlassen. Einige der Artisten schienen der Meinung zu sein, dass er es nicht anders verdient hatte, da er doch Tuon nachstieg, aber eine überraschende Anzahl hatten Mitleid mit ihm. Mehrere Männer ließen sich über die Unberechenbarkeit der Frauen aus - zumindest wenn keine anderen Frauen in der Nähe waren -, und einige der unverheirateten Frauen, Verrenkungskünstlerinnen, Akrobatinnen und Näherinnen, fingen an, ihn ausgesprochen interessiert anzusehen. Vielleicht hätte er das genossen, hätten sie ihm nicht direkt vor Tuon feurige Blicke zugeworfen. Beim ersten Mal war er so überrascht, dass ihm beinahe die Augen aus dem Kopf gequollen wären. Und Tuon schien das auch noch amüsant zu finden! Zumindest hatte es den Ans che i nl Aber nur ein Narr glaubte zu wissen, was im Kopf einer Frau vor sich ging, nur weil sie lächelte.
    Er aß auch weiterhin jeden Tag mit ihr zu Mittag, wenn sie Halt gemacht hatten, und traf früher zu seiner abendlichen Partie Steine ein, sodass sie ihn auch dann bewirten musste. Es war beim Licht die Wahrheit, brachte man eine Frau dazu, einen regelmäßig zu beköstigen, hatte man sie halbwegs erobert. Andererseits aß er nur mit ihr zu Abend, wenn sie ihn in den Wagen ließ. An einem Abend fand er die Tür verriegelt vor, und kein Überredungsversuch brachte sie oder Selucia dazu, sie zu öffnen. An diesem Tag war es wohl einem Vogel gelungen, in den Wagen zu gelangen, anscheinend ein außerordentlich böses Omen, und die beiden mussten die Nacht mit Beten verbringen, um irgendetwas Böses zu verhüten. Sie schienen ihr halbes Leben nach irgendwelchem Aberglauben auszurichten. Sahen sie ein zerrissenes Spinnennetz mit einer Spinne darin, vollführten sie seltsame Gesten mit den Händen, und Tuon hatte ihm voller Ernst erklärt, dass, wenn man ein Spinnennetz wegwischte, ohne die Spinne vorher zu verscheuchen, eine einem nahe stehende Person innerhalb eines Monats starb. Sie erblickten einen Schwärm Vögel mehr als einmal über sich kreisen und sagten einen Sturm voraus, oder sie zogen einen Finger durch eine Kolonne marschierender Ameisen, zählten, wie lange es dauerte, bis die Ameisen sich wieder in die Reihe einordneten, und sagten dann voraus, wie viele Tage günstiges Wetter vor ihnen lagen - und es spielte keine Rolle, dass das dann alles nicht eintraf. Oh, drei Tage nach dem Vogelschwarm - es waren unglücklicherweise auch noch Krähen - regnete es, aber es war alles andere als ein Sturm, sondern bloß ein grauer Tag mit Nieselregen.
    »Offensichtlich hat sich Selucia bei den Ameisen verzählt«, sagte Tuon und platzierte mit dieser seltsam anmutigen Krümmung ihrer Finger einen weißen Stein auf das Brett. Selucia, die in eine weiße Bluse und einen braunen Reitrock gekleidet war, sah über ihrer Schulter zu und nickte. Wie gewöhnlich trug sie selbst im Wageninneren ein Kopftuch über dem kurzen blonden Haar, an diesem Tag eines aus roter und goldener Seide. Tuon war in blauen Seidenbrokat gekleidet, einen Mantel von seltsamem Schnitt, der ihre Hüfte bedeckte, sowie einen Reitrock, der so schmal war, dass er wie eine weite Hose wirkte. Sie verbrachte viel Zeit damit, der Näherin genaue Anweisungen zu geben, was sie genäht haben wollte, und nur wenig davon ähnelte auch nur im Mindesten der Garderobe, die er kannte. Vermutlich war das alles im seanchanischen Stil, auch wenn sie ein paar Reitgewänder hatte anfertigen lassen, die kein Aufsehen erregten, wenn sie nach draußen ging. Regen prasselte leise auf das Wagendach.

Weitere Kostenlose Bücher