Die Klinge der Träume
»Offensichtlich wurde das, was uns die Vögel sagten, durch die Ameisen abgewandelt. Es ist nie einfach, Spielzeug. Ihr müsst diese Dinge lernen. Ich werde nicht zulassen, dass Ihr unwissend seid.«
Mat nickte, als würde das einen Sinn ergeben, und setzte seinen schwarzen Stein. Und sie bezeichnete sein Unbehagen wegen Krähen und Raben als Aberglaube! Zu wissen, wann man in Anwesenheit von Frauen den Mund zu halten hatte, war eine nützliche Fertigkeit. Bei Männern auch, aber bei Frauen noch mehr. Bei Männern wusste man, was ihr Temperament in Wallung brachte.
Sich mit ihr zu unterhalten konnte aber auch auf andere Weise gefährlich sein. »Was wisst Ihr über den Wiedergeborenen Drachen?«, fragte sie ihn an einem anderen Abend.
Er verschluckte sich an seinem Wein, und die wirbelnden Farben lösten sich in einem Hustenanfall auf. Der Wein war kaum besser als Essig, aber selbst Nerim fiel es in diesen Tagen schwer, vernünftigen Wein aufzutreiben.
»Nun, er ist der Wiedergeborene Drache«, sagte er, als er wieder sprechen konnte, und wischte sich den Wein vom Kinn. Einen Augenblick lang sah er Rand an einem großen dunklen Tisch essen. »Was muss man da sonst noch wissen?« Selucia füllte geschickt seinen Becher nach.
»Eine ganze Menge, Spielzeug. Zum einen muss er vor Tarmon Gai'don vor dem Kristallthron knien. Die Prophezeiungen sind da eindeutig, aber ich habe nicht einmal in Erfahrung bringen können, wo er steckt. Es wird noch dringender, wenn er derjenige ist, der das Horn von Valere geblasen hat, wie ich vermute.«
»Das Horn von Valere?«, sagte er schwach. Was stand bloß in diesen Prophezeiungen? »Man hat es also gefunden?«
»Das muss es wohl, wenn man es geblasen hat, oder?«, meinte sie trocken. »Die Berichte, die ich über den Ort gelesen habe, an dem es geblasen wurde, ein Ort namens Falme, sind sehr beunruhigend. Sich denjenigen zu sichern, der das Horn geblasen hat, ob Mann oder Frau, ist vielleicht genauso wichtig, wie den Wiedergeborenen Drachen selbst zu sichern. Wollt Ihr nun Steine spielen oder nicht, Spielzeug?«
Er setzte seinen Stein, aber er war so erschüttert, dass die Farben wirbelten und verblassten, ohne ein Bild zu formen. Er war kaum dazu fähig, aus einer offensichtlichen Gewinnposition noch ein Unentschieden zu erreichen.
»Ihr habt am Ende sehr schlecht gespielt«, murmelte Tuon und betrachtete das Spielbrett nachdenklich, auf dem die Kontrolle über die schwarzen und weißen Steine gleichmäßig verteilt war. Er konnte förmlich sehen , wie sie zu überlegen begann, worüber sie gesprochen hatten, als er anfing, schlecht zu spielen. Eine Unterhaltung mit ihr war wie der Gang über die nachgebende Kante eines Abgrundes. Ein falscher Schritt, und Mat Cauthon war so tot wie das Hammelfleisch vom letzten Jahr. Aber er musste über diese Kante gehen. Ihm blieb keine verdammte Wahl. Oh, in gewisser Weise genoss er es sogar. Je mehr Zeit er mit ihr verbrachte, desto häufiger hatte er Gelegenheit, dieses herzförmige Gesicht seiner Erinnerung anzuvertrauen, es sich so genau einzuprägen, dass er sie vor sich sehen konnte, wenn er bloß die Augen schloss. Aber da war immer der Fehltritt, der auf ihn wartete. Auch den konnte er fast sehen.
Nachdem er ihr einen kleinen Strauß Seidenblumen gegeben hatte, verzichtete er mehrere Tage lang auf Geschenke, und er glaubte einen Hauch von Enttäuschung zu entdecken, als er mit leeren Händen ankam. Dann, vier Tage nach dem Aufbruch aus Jurador, gerade als die Sonne über den Horizont in einen fast wolkenlosen Himmel aufstieg, schaffte er sie und Selucia aus dem purpurfarbenen Wagen. Nun, er wollte nur Tuon, aber Selucia hätte genauso gut ihr Schatten sein können, wenn es darum ging, sie zu trennen. Er hatte das einmal kommentiert und einen Scherz daraus gemacht, und beide Frauen hatten sich einfach weiter unterhalten, als hätte er in die Luft gesprochen. Es war gut, dass er wusste, dass Tuon über einen Scherz lachen konnte, denn manchmal sah es so aus, als hätte sie nicht den geringsten Sinn für Humor. Selucia hatte sich in einen grünen Wollumhang gehüllt, dessen Kapuze ihr rotes Kopftuch fast verbarg. Sie musterte ihn misstrauisch, aber das tat sie fast immer. Tuon verzichtete grundsätzlich auf ein Kopftuch, aber mit hochgeschlagener Kapuze war die Kürze ihrer schwarzen Haare nicht ganz so offensichtlich.
»Bedeckt Eure Augen, mein Juwel«, sagte er. »Ich habe eine Überraschung für Euch.«
»Ich mag
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