Die Klinge des Löwen 01
es
ja sicher schon von Anselm. Es riecht nach Krieg. Urban von
Geroldseck scheint Ernst machen zu wollen.“
Er hatte sich
endlich Dietrich zugewandt und ließ sich jetzt auf einem der
reich bestickten Sitzkissen nieder, die auf den Steinbänken der
Fensternischen lagen. „Der Geroldsecker hat mir sagen lassen,
daß er ab sofort in Fehde mit mir liege. Er droht mit einem
Angriff auf die Ortenburg."
Dietrich, froh, daß
sein Gegenüber endlich den Gesprächsfaden gefunden hatte,
beeilte sich, nicht länger die Butzenscheiben zu bewundern,
sondern seine Aufmerksamkeit dem Grafen zuzuwenden: „Was in
drei Teufels Namen hat er denn für einen Grund?“
Max ließ ein
grimmiges Lachen hören und schüttelte den Kopf. „Gründe
finden sich immer, wenn man so machtgierig ist wie der Geroldsecker.
Angeblich hat er Erdmann, einen meiner Reisigen, beim Wildern
erwischt. Der Mann wurde gefangengenommen, konnte später aber
entkommen und sich zu meiner Burg durchschlagen.“
„ Und was sagt Erdmann zu
der Anschuldigung?“
Graf Max rieb sich
das glattrasierte Kinn. „Er behauptet, nichts Unrechtes getan
zu haben.“
„ Verlangt der Geroldsecker,
daß Ihr ihn ausliefern sollt?“
„ Nein. Wenn der
Kriegsknecht sich des Jagdfrevels schuldig gemacht hat, liegt es bei
mir als seinem Herrn, ihn zu bestrafen. Aber bisher fehlt jeder
Beweis.“
„ So, wie es aussieht, denkt
Graf Urban wohl, seine Behauptung sei Beweis genug?“
„ Ja, so ungefähr. Er
braucht einen triftigen Grund, um eine Fehde vom Zaun zu brechen.“
„ Aber was verspricht er
sich davon?“
„ Tja, Dietrich“,
sagte der Graf in sarkastischem Ton. „Ihm sticht meine
Grafschaft schon lange in die Nase. Er träumt anscheinend davon,
eines Tages die gesamte Mortenau zu schlucken. Offensichtlich ist er
der Meinung, die Zeiten seien günstig für seine Pläne.
Besonders übel erscheint es mir, daß sich Herzog Berthold von Zähringen nicht darum kümmert, was in diesem Teil
seines Landes vor sich geht.“
„ Ja, das habe ich auch
schon gehört! Aber Ihr könntet ihn doch auf die
Machenschaften des Grafen Urban aufmerksam machen?“
Max von Ortenburg
schüttelte finster den Kopf. „Das wäre zwecklos. Der
Herzog verfolgt andere Ziele. Bedenke, wir haben kriegerische
Zustände im Reich, weil zwei Könige Anspruch auf den Thron
erheben - auf der einen Seite der Welfe Otto von Braunschweig, auf
der anderen der Staufer Philipp von Schwaben. Und da Herzog Berthold
sich auf die Seite König Philipps schlug, machte dieser ihm im
Gegenzug territoriale Zugeständnisse. Dorthin, auf den Süden
des Landes, ist seither Bertholds Augenmerk gerichtet.“
Er schwieg einen
Augenblick, starrte betrübt vor sich hin und nickte dann
bedeutsam. „So lange sich die höchsten Fürsten des
Reiches darum balgen, wer Kaiser werden kann, ist der Willkür
Tür und Tor geöffnet. Besonders widersinnig scheint mir,
daß wir durch die Hinwendung unseres Herzogs zu König
Philipp durchaus Vorteile hätten. Berthold muß dem
Schwaben bei seinem Thronstreit keine Vasallendienste leisten, was
wohl ein Teil der Abmachungen vor einigen Jahren war. So bleiben auch
wir davon verschont. Wir könnten uns trotz dieser unruhigen
Jahre unseren eigenen Interessen widmen. Aber statt dessen trägt
nun der Geroldsecker den Unfrieden in die Mortenau. Der Teufel soll
ihn holen!“
„ Ich verstehe“, sagte
Dietrich und fuhr sich nachdenklich mit der Hand über den
Nasenrücken. „Der Geroldsecker will die Gunst der Stunde
nutzen.“
„ Ja, das will er. Der
schlaue Fuchs sieht jetzt eine gute Gelegenheit, die ganze Mortenau
unter seine Knute zu zwingen und alle damit verbundenen Rechte und
Einkünfte an sich zu reißen. Schon lange hat er ein Auge
auf die Klostervogtei Gengenbach geworfen. Und da ich ein Verbündeter
des Vogts bin, will er mich zuerst ausschalten, weil er wohl glaubt,
dann mit Gengenbach leichteres Spiel zu haben.“
Dietrich vom Hain
schüttelte den Kopf und verzog angewidert den Mund. „Jetzt
begreife ich die niederträchtige Absicht! Weil das Recht im
Reich derzeit schwach ist, muß er nicht fürchten, wegen
seiner Willkürhandlungen vor das Gericht des Königs zitiert
zu werden.“
Der Burgherr stieß
mit der Faust in die Luft, und die Augen weit aufgerissen, rief er
empört: „Das ist es ja! Niemand wird ihn zur Rechenschaft
ziehen. König und Gegenkönig sind derart in ihre eigenen
Händel verstrickt, daß niemand darauf zu hoffen braucht,
unser Herrscher würde
Weitere Kostenlose Bücher