Die Klinge von Namara: Roman (German Edition)
Meter weiter kam ich zu einer Stelle, an der ich mich tiefer unter die Straßenebene schlängeln konnte. Ich hätte in Anbetracht der Steinhunde einen Fluchtweg nach oben bevorzugt, aber die Eile hatte eine andere Entscheidung erzwungen. Unter Triss Führung suchte ich mir einen Weg hinab in die Kanalisation und das Grundgestein, wo ich einen weiteren Kieselstein von Qethar zerbrechen konnte, um ihn herbeizurufen, sollte ich abgeholt werden wollen. Zum Preis mehrerer Risse in meinen Kleidern und einiger weiterer in meiner Haut. Endlich erreichte ich ein Bodenrost, hinter dem ein großes Rohr mutmaßlich hinab in die Kanalisation führte.
Im selben Moment hörte ich Scheroc in mein Ohr flüstern: »Geh schnell und leise. Steinhunde schnüffeln oben herum.«
Mist! Eigentlich wollte ich Qethar auf keinen Fall rufen. Ich war nicht ganz sicher, ob das mehr daran lag, dass ich ihm nicht traute, oder eher daran, dass mir, wenn ich ihn riefe, ein weiterer Ausflug über die Durathstraße bevorstand. Seit ich angefangen hatte, wie ein Köder durch die Alten Stallungen zu streifen, hatte ich mich schon zweimal von ihm retten lassen müssen, und jedes Mal hatte ich die Reise durch die Erde mehr gehasst. Was mich nicht davon abhielt, den Kieselstein aus der Tasche zu nehmen und zwischen Zähnen und Wange im Mund zu verstauen, ehe ich meinen Weg fortsetzte. Sollte ich diese Art der Hilfe brauchen, würde ich sie schnell brauchen.
Gleich oberhalb der Stelle, an der das Rohr in die Kanalisation mündete, traf ich auf eine Blockade, die das alte Steinrohr teilweise versperrte. Ich weiß nicht, woraus sie bestand, aber siefühlte sich an wie mehrere Hundert Pfund gammeligen Käses und roch noch viel schlimmer. Zur Abwechslung war ich mal enorm erleichtert darüber, dass Triss’ Nichtsehen nicht so funktionierte wie meine Augen, denn ich wollte wirklich nicht mehr über das Zeug wissen, als ich erfuhr, während ich mich hindurchwühlte. Die letzten vier Fuß brachte ich mit dem Gesicht voran im freien Fall hinter mich. Er endete mit einer harten Landung, da mein Versuch, mich abzurollen, von einem weiteren Gossenkäsehaufen vereitelt wurde.
Wind zupfte an meinem Haar. »Steinhund hat oben den Kopf in den Boden gesteckt.«
»Danke, Scheroc.« Ich spuckte den Stein in meine Hand. Zeit …
Nicht zerbrechen. Sie ist hier!
»Was?«, entfuhr es mir laut.
»Scheroc versteht die Frage nicht.« Der Qamasiin hörte sich traurig und verwirrt an. »Was will Aral?«
Ehe ich antworten konnte, sprach Triss in meinem Geist. Sag ihm, er soll raufgehen und die Dinge im Auge behalten. Hier ist kürzlich ein Finsterling vorbeigekommen, und ich möchte der Sache nachgehen, ehe wir den anderen irgendetwas erzählen.
Ich fragte nicht, warum Triss es so haben wollte, sondern steckte den Kieselstein weg und schickte Scheroc fort. Das war nicht das erste Mal, dass wir Faran in der Kanalisation suchten, aber das erste Mal, dass wir tatsächlich eine Spur von ihr fanden. Wenn es um unsere junge Klinge ging, traute auch ich keinem der anderen. Nicht einmal der Dyade. Allein deshalb, weil nur noch so wenige von uns übrig waren. Es stand zu viel auf dem Spiel, als die Sache irgendjemandem anderen als Triss und mir anzuvertrauen.
Ist es Ssithra? , fragte ich, als ich den Luftgeist fortgeschickt hatte.
Ich glaube schon. Ich konnte sie im Palast – er zischte etwas inFinsterlingssprache – nicht genau genug schmecken, um ganz sicher zu sein, aber es schmeckt sehr ähnlich. Geh links herum und beeil dich. Sie bewegt sich abwärts, fort von den Alten Stallungen.
Das Rohr war nicht groß genug, um darin zu stehen, also rannte ich gebückt weiter und hielt mit Hilfe von Triss’ Sinnen Ausschau nach Hindernissen. Wenigstens war es trocken – wie viele der Abwasserrohre in den Alten Stallungen war auch dieses stromaufwärts nach wie vor verstopft von dem Schutt, den das Feuer zurückgelassen hatte.
»Stopp!«, sagte Triss plötzlich, als wir eine Kreuzung mit einem anderen, größeren Rohr erreichten. Dann: »Ssithra«, gefolgt von einer langen Reihe gezischter Finsterbegriffe.
Einen Moment später ertönte eine gleichartig klingende Antwort von links. Ich schaute mich um, aber sollten Faran und ihr Vertrauter dort sein, so war sie immer noch verhüllt.
Aral, wir haben sie gefunden. Geh aus dem Zulauf in den Hauptkanal. Aber langsam – sie sind beide verängstigt.
»Meister Aral?« Die Stimme klang kehlig und tief, doch unverkennbar
Weitere Kostenlose Bücher