Die Klinge
Gesicht gezogen hatte, an dem Mercedes vorbei und spähte neugierig durch die Windschutzscheibe ins Wageninnere.
»Wer zum Teufel war das?«, schnaubte Straub. »Er hat mir mitten ins Gesicht gesehen.«
»Nur irgendein Spaziergänger. Soll ich Sie jetzt ins Hotel zurückfahren?«
»Ja, tun Sie das. Und vergessen Sie nicht, dass unsere Zusammenarbeit bisher ganz gut geklappt hat. Bisher …«, wiederholte er und grinste Danvers mit seinem Haifischlächeln an.
Der Mann im Trenchcoat schlenderte gelassen weiter, bis der Mercedes weggefahren war. Dann drehte Marler sich um und kehrte zu seinem Motorrad zurück, mit dem er den Mercedes bis hierher verfolgt hatte, nachdem er vor dem Hotel gesehen hatte, wie Straub in den Wagen gestiegen war. Jetzt fuhr er zurück, um Tweed Bericht zu erstatten.
Paula hatte Tweed gerade von ihrer Unterhaltung mit Sophie erzählt, als Monica anrief. Nachdem Monica ein paar Worte mit Tweed gewechselt hatte, stellte sie ihn zu Howard durch. Aus der Tatsache, dass das Gespräch mehrere Minuten dauerte, schloss Paula, dass es zu Hause Ärger gab.
»Gibt es Probleme?«, wollte sie wissen, nachdem Tweed aufgelegt hatte.
»Manche würden es vielleicht als Problem ansehen, aber ich nicht«, sagte Tweed, der vor dem Anruf einen besorgten, abwesenden Eindruck gemacht hatte, jetzt aber munter und aufgeweckt wirkte. Er nahm Paula am Arm, führte sie zu einem Sessel und setzte sich ihr gegenüber ebenfalls hin.
»Monica hat sich wirklich selbst übertroffen. Bei ihren Nachforschungen über den Stammbaum der Familie Arbogast
hat sie herausgefunden, dass Vincenzo - also Romans Onkel, der sich in den Staaten niederließ - drei Kinder hatte. Zwei Jungen und ein Mädchen. Ein weiterer Bruder, Mario, der von Rom aus nach Amerika emigrierte, hat ebenfalls drüben geheiratet und ist Vater eines Sohnes und einer Tochter, wobei Letztere allerdings in Großbritannien zur Welt kam. Leider konnte Monica bisher noch keine Namen ermitteln, aber langsam wird unser Stammbaum immer größer. Und jetzt zu Howard. Er hat mir erzählt, dass er meinetwegen bereits zweimal zum Premierminister bestellt wurde. Unser Freund Nathan Morgan von der Special Branch ist auf dem Weg hierher, um mich so schnell wie möglich nach Hause zu verfrachten.«
»Und, werden Sie die Schweiz verlassen?«
»Selbstverständlich nicht, aber der Druck auf uns nimmt zu. Das gefällt mir. Unsere Gegner kriechen allmählich aus der Deckung. Und es beweist mir, dass wir es tatsächlich mit mächtigen Gegnern zu tun haben. Aber welches Geheimnis versuchen sie zu verbergen? Hinter den Kulissen ist da offensichtlich ein mächtiger Strippenzieher am Werk, sonst hätte sich der Premierminister niemals der Sache angenommen. Übrigens finde ich es interessant, dass er laut Howard noch immer vom ›Holgate-Fall‹ spricht. Hier soll wohl eine ganze Serie brutaler Morde auf einen einzigen reduziert werden.«
»Erstaunlich, wie fröhlich Sie unter diesen Umständen klingen.«
»Wieso nicht? Monicas Neuigkeiten bestätigen mir doch das, was ich schon immer vermutet habe. Und das heißt, dass unsere Untersuchungen in die richtige Richtung gehen.«
»Die Frage, ob Sie jemanden konkret verdächtigen, kann ich mir an dieser Stelle wohl sparen«, bemerkte Paula trocken.
»Ganz recht, dazu ist es noch zu früh.«
»Und was halten Sie nun von meiner merkwürdigen Unterhaltung mit Sophie?«
»Ich fand sie sehr interessant und aufschlussreich. Normalweise ist Sophie so zurückhaltend, dass wir sie bislang überhaupt nicht so richtig in unsere Überlegungen mit einbezogen haben.«
»Was hat Abraham Seale gesagt? Unausgeglichene Menschen wirken die meiste Zeit über völlig normal. Oder jedenfalls so etwas in der Art.«
»Darauf werden wir noch zurückkommen. Sie wirken übrigens ziemlich müde auf mich.«
»Ja, ich glaube, ich gehe am besten gleich auf mein Zimmer. Ich bin wirklich todmüde.«
Auf dem Weg zu ihrer Suite begegnete Paula Marienetta, die einen pelzgefütterten Regenmantel trug. Sie wirkte so munter und energiegeladen, dass Paula sich gleich noch müder fühlte.
»Wir dachten schon, Sie wären verschollen«, sagte Paula.
»Keineswegs«, antwortete Marienetta und setzte ein triumphierendes Gesicht auf. »Ich bin nur um die Häuser gezogen und habe ein bisschen Detektiv gespielt, wie wir verabredet hatten. Ich habe eine Menge Neuigkeiten für Sie.« Sie packte Paula am Arm. »Halt, hier geblieben. Hier ist mein Zimmer. Kommen Sie doch
Weitere Kostenlose Bücher