Die Klinge
nach England zu eskortieren.« Aus der Innentasche seines Mantels holte er einen Umschlag und überreichte ihn Tweed. Nachdem dieser das darin enthaltene Blatt gelesen hatte, legte er es achtlos beiseite, aber statt auf der Tischplatte zu landen, segelte das Schriftstück auf den Boden.
»Aber das ist meine Ermächtigung!«, protestierte Morgan.
In diesem Augenblick wurde heftig an die Tür geklopft. Tweed öffnete und ließ Arthur Beck herein, der Morgan mit grimmigen Blicken musterte.
»Darf ich vorstellen?«, sagte Tweed in demselben liebenswürdigen Ton, den er schon bei Morgan angeschlagen hatte. »Nathan Morgan. Er ist …«
»Direktor der Special Branch«, schnitt Morgan ihm das Wort ab.
»Direktor auf Probezeit, um das zu korrigieren«, sagte Tweed. »Morgan muss sich in dem Job erst noch bewähren. Er ist hierher gekommen, um mich nach England zurückzubringen. Ach übrigens, das ist Arthur Beck, Chef der Schweizer Bundespolizei.«
»Genau der Mann, den ich brauche«, sagte Morgan eifrig und streckte Beck seine hässliche Hand hin, die dieser jedoch ignorierte. »Sie können mir bei meiner Mission behilflich sein«, fuhr Morgan rasch fort, »und zwar indem Sie mir eine Eskorte zur Verfügung stellen, mit der ich Tweed zum Flughafen bringen kann.«
»Da gibt es nur ein kleines Problem, Arthur«, sagte Tweed. »Ich habe nicht die geringste Lust, mit diesem Gentleman zusammen nach Hause zu fliegen. Ich glaube, ich muss Sie ein wenig über die Organisation unserer Geheimdienste aufklären. Der SIS untersteht dem direkten Befehl des Premierministers, während die Special Branch
ihre Befehle vom Police Commissioner erhält.« Er drehte sich um und deutete auf den Boden. »Da liegt ein lächerlicher Schrieb des Innenministers, den Morgan als seine Ermächtigung ansieht. Der Wisch ist das Papier nicht wert, auf dem er getippt wurde.«
»Dem kann ich nur schärfstens widersprechen!«, japste Morgan, dem jetzt der Schweiß in Strömen übers Gesicht lief. In der zentralgeheizten Suite war es um einiges wärmer als draußen. »Mr. Beck, ich verlange, dass Sie mir in dieser Angelegenheit Amtshilfe leisten.«
»So wie ich die Sache sehe, hätten Sie nicht einmal in England die Befugnis, Mr. Tweed Befehle zu erteilen«, erwiderte Beck ungerührt. »Und hier in der Schweiz sieht es noch einmal anders aus. Mr. Tweeds Zustimmung vorausgesetzt, würde ich jetzt vorschlagen, dass Sie dieses Land auf der Stelle verlassen. Und zwar ohne ihn.«
»Das ist unerhört!«
»Unerhört ist Ihr Auftritt hier«, sagte Tweed ruhig.
Morgan hatte die Handschuhe unter die Achsel geklemmt und wischte sich mit einem Taschentuch den Schweiß von Stirn und Gesicht. Als er das Tuch wieder einsteckte, war es klatschnass. Paula stand auf und gab ihm ein Glas Wasser.
»Trinken Sie das, bevor Sie gehen, sonst trocknen Sie noch aus.«
»Danke«, brachte Morgan mit Mühe hervor, bevor er das Glas auf einen Zug austrank.
Paula ging an die Tür und öffnete sie. Morgan blickte verwirrt in die Runde. Vielleicht lag es an der Wärme, dass er tatsächlich den Rückzug antrat. Auf der Türschwelle drehte er sich noch einmal um und warf Tweed einen bösen Blick zu.
»Ich werde zu Hause einen detaillierten Bericht über Ihr Verhalten abgeben, darauf können Sie Gift nehmen.«
»Tun Sie das.«
Nachdem der ungebetene Gast gegangen war, schloss Paula die Tür hinter ihm ab. Tweed nahm Beck den Mantel ab und bot ihm einen Sessel an. Beck setzte sich und nahm das Glas Wasser, das Paula ihm reichte, trank aber nicht daraus.
»Ich bin gekommen, weil es ein Problem wegen Ihres Aufenthalts hier in der Schweiz gibt, Tweed«, sagte er. »Aber machen Sie sich keine Sorgen. Ich habe die Sache im Griff. Möglicherweise steckt der Dummkopf, der gerade gegangen ist, dahinter, aber eigentlich glaube ich das nicht. Ich hatte ein langes Telefonat mit unserem Innenminister. Er fordert, dass Sie bei der Untersuchung der Morde etwas dezenter auftreten.«
»Entschuldigen Sie bitte, Arthur«, mischte Paula sich ein, »aber woher weiß denn der Innenminister, dass Tweed in Zürich ist?«
»Das sage ich Ihnen gleich. Ich habe ihn erst mal reden lassen, aber dann ist mir der Kragen geplatzt, und ich erklärte dem Minister, dass Tweed unsere einzige Chance sei, die Morde aufzuklären. Schließlich haben wir es mit einer Serie von Verbrechen zu tun, die sich nicht auf ein Land beschränkt, und Sie sind der Einzige, der an allen bisherigen Tatorten ermittelt hat. Die
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