Die Klinge
Leiche im See gefunden. Das alles kann kein Zufall sein.«
»Und hier saß Elena Brucan tot in einem Boot«, führte Paula seine Überlegungen weiter aus. »Was hat das nur zu bedeuten? Kennen wir jemanden, der gern segelt?«
»Nicht, dass ich wüsste.«
»Ich habe übrigens schon seit geraumer Zeit das Gefühl, dass eine der in den Fall verwickelten Personen mir gegenüber eine wichtige Bemerkung gemacht hat. Ich kann mich nur nicht mehr erinnern, wer das war oder was er gesagt hat. Ich weiß auch nicht mehr, wann diese Bemerkung gefallen ist, aber ich habe so ein Gefühl, als wäre es schon eine Weile her.«
»Hören Sie auf, sich mit Gewalt erinnern zu wollen. Denken Sie an gar nichts, und irgendwann fällt es Ihnen dann urplötzlich wieder ein.«
»Aber ich bin davon überzeugt, dass es äußerst wichtig ist«, sagte Paula. »Es war eine eher beiläufige Bemerkung. Und jetzt frage ich mich, ob er - oder vielleicht auch sie - diesen Fehler bemerkt hat. Möglicherweise ist das der Grund für diesen Mordversuch in der Altstadt. Vielleicht glaubt der Täter, dass ich zu viel weiß. Aber was?«
»Denken Sie einfach nicht darüber nach.«
Während Tweed mit ihr sprach, ließ er den Blick durch den dunklen Park schweifen. Er war sich sicher, dort eine Bewegung wahrgenommen zu haben. Er schob die Hand in den Mantel und griff nach seiner Walther.
»Kommen Sie«, sagte er zu Paula. »Gehen wir ins Hotel.«
Luigi hatte gerade im Park die Gegend sondiert, als er Tweed und Paula auf sich zukommen sah. Schnell versteckte er sich hinter einem Busch und überlegte, ob dies nicht ein geeigneter Zeitpunkt wäre, seinen Job zu erledigen. Dann fiel ihm jedoch auf, dass Tweed genau in die Richtung blickte, wo er sich verborgen hielt. Nein, jetzt wäre es zu riskant. Da war es doch besser, wenn er sich in den frühen Morgenstunden in Paula Greys Suite schlich, um die Frau im Schlaf umzubringen. Danach brauchte er nur noch seine Tasche zu nehmen und das Hotel über die Feuerleiter zu verlassen.
Luigi hatte vorausschauend unter falschem Namen einen Wagen gemietet, mit dem er Zürich in Richtung Österreich verlassen wollte. Mit etwas Glück war er dann schon über der Grenze, bevor die Leiche entdeckt wurde.
In Österreich würde er ein paar Wochen bleiben und sich einen Bart wachsen lassen, um sein Aussehen komplett zu verändern. Luigi war ein sehr gründlicher Mensch, der nichts dem Zufall überließ. Das war auch der Grund, weshalb er in seinem Metier immer noch am Leben war.
»Die Einzige, mit der ich bisher noch kein längeres Gespräch führen konnte, ist Sophie«, sagte Paula, als sie ins Hotel zurückkamen.
»Ich kann mir eigentlich nicht vorstellen, dass sie etwas mit der Sache zu tun hat«, entgegnete Tweed.
»Das sagen Sie so, aber in wie vielen Fällen mussten Sie nicht schon zu guter Letzt feststellen, dass ausgerechnet
die Person der Täter war, von der Sie es am allerwenigsten vermutet hätten?«
»Es waren nicht wenige«, sagte Tweed und nickte nachdenklich.
»Ich verlasse Sie jetzt, wenn es Ihnen nichts ausmacht«, sagte Paula. »Dort drüben sitzt nämlich Sophie. Sie ist ganz allein, obwohl alle anderen Tische besetzt sind.«
Als Paula die Halle betrat, griff Sophie gerade nach ihrem Glas. Vor ihr auf dem Tisch stand eine fast leere Flasche Gin. Gerade als Paula sich fragte, ob Sophie wohl betrunken war, sah diese zu ihr herüber und winkte sie heran.
»Stört es Sie, wenn ich mich zu Ihnen setze?«, fragte Paula und schlüpfte aus ihrem Mantel. »Oder wären Sie lieber allein?«
»Nein, ganz und gar nicht.« Sophie sah sich kurz um. »Aber hier können wir nicht richtig reden. Gehen wir doch hinauf auf mein Zimmer.«
Schweigend fuhren sie im Aufzug in den zweiten Stock hinauf. Erstaunt sah Paula sich in Sophies geräumiger Suite um. Überall standen Koffer auf dem Boden. Zwei waren geöffnet, und man konnte sehen, dass ihr Inhalt mit großer Sorgfalt gepackt worden war - was Paula ebenfalls überraschte. Eigentlich hatte sie Sophie eher für etwas schlampig gehalten.
»Geben Sie mir doch Ihren Mantel«, sagte Sophie und öffnete einen Schrank, in dem bereits mehrere elegante Mäntel hingen. Sophie hat offensichtlich eine große Schwäche für Klamotten, dachte Paula und setzte sich. Ihr fiel auch auf, wie behände und sicher sich Sophie trotz des vielen Alkohols bewegte, den sie intus haben musste. Irgendwie kam sie Paula ziemlich durchtrainiert vor.
»Jetzt genehmige ich mir einen«,
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