Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Klingen der Rose: Ein unwiderstehlicher Schurke (German Edition)

Die Klingen der Rose: Ein unwiderstehlicher Schurke (German Edition)

Titel: Die Klingen der Rose: Ein unwiderstehlicher Schurke (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zoë Archer
Vom Netzwerk:
ließ, dass sie sich in ihrer Nähe befand, machte sie diesen zarten Augenblick womöglich zunichte. Schließlich fragte Athene: »Wie gut erinnern Sie sich an Ihre Kindheit?«
    Wenn die Frage den Kapitän überraschte, so ließ er es sich nicht anmerken. »Ich erinnere mich vor allem an meinen Vater und sein Boot«, antwortete er. »Und an sein Lachen. Er hat viel gelacht. Er hat mir gezeigt, wie man einen Anker lichtet. Der Anker war fast so groß wie ich. Fast wäre ich mit ihm über Bord gegangen.«
    »Ich erinnere mich kaum an meine Jugend.« Athenes Stimme klang leise, nachdenklich. »Ich hatte es sehr eilig, erwachsen zu werden. Meine Mutter und meine Großmutter waren gut zu mir, aber ich wollte so schnell wie möglich erwachsen sein und selbst entscheiden können. Yaya und Mama haben mich gewarnt. Ich solle meine Kindheit genießen, sagten sie. Ich habe nicht auf sie gehört. In dieser Hinsicht glich ich den anderen Frauen aus meiner Familie. Ich war stur.«
    »Eigensinnig«, milderte Kallas ihr Selbsturteil ab.
    Athene lachte reumütig. »An ein Erlebnis kann ich mich allerdings gut erinnern. Es war bei der Feier eines Namenstags im Haus eines Freundes, ein Junge in meinem Alter. Es gab Süßigkeiten zu essen, und da waren zwei Stück Baklava, die ich heute noch vor mir sehen kann. Sie waren mit goldenem Honig überzogen und dufteten nach Walnüssen und Zimt. Ich sah sie eine ganze Weile lang an und wusste nicht, welches Stück ich mir nehmen sollte. Das eine enthielt mehr Walnüsse, das andere war dicker mit Honig umhüllt. Ich schaute und schaute, grübelte und grübelte und kam zu keinem Schluss.«
    »Warum haben Sie sich nicht beide genommen?«
    »Das wäre gierig gewesen.«
    »Sie waren ein Kind. Kinder dürfen gierig sein. Wenn wir in einem Hafen anlegten und mein Vater mich ließ, habe ich mich mit Loukoumades vollgestopft, bis mir schlecht war. Das war ein Vergnügen, einerseits; andererseits war es mir eine Lehre.«
    »Selbst wenn meine Mutter gesagt hätte, es wäre schon in Ordnung, hätte ich es nicht getan.«
    »Und welches Stück haben Sie sich schließlich genommen?«
    »Keines. Ich habe so viel Zeit mit Nachdenken verschwendet, dass ein anderes Mädchen angelaufen kam und sich beide Stücke genommen hat. Für mich blieb nichts übrig.«
    »Wenn wir zurück nach Piräus kommen, besorge ich Ihnen so viel Baklava, wie Sie möchten.«
    »Vielen Dank, aber das ist nicht nötig. Ich habe Ihnen die Geschichte nicht erzählt, weil es mich nach Baklava verlangt.«
    »Wonach verlangt es Sie denn?«
    Selbst London auf der anderen Seite der Kiste hörte das sinnliche Versprechen in den sanften Worten des Kapitäns.
    »Ich habe noch nie meinem Verlangen nachgegeben«, erwiderte Athene, doch ihre Stimme klang heiser. »Ich habe immer gedacht, der Körper versuche damit die Herrschaft über den Kopf zu erlangen. Und das wollte ich nicht zulassen.«
    »Es wird höchste Zeit, dass Sie auf Ihren Körper hören.«
    »Und auf mein Herz.« Die Hexe holte tief Luft. »Ich möchte nicht etwas verpassen, weil ich zu lange nachdenke, was das Beste oder das Richtige ist.«
    »Athene …«
    »Kommst du heute Nacht in meine Koje, Nikos? Wenn deine Schicht am Steuer vorüber ist?« Sie wartete seine Antwort nicht ab, sondern sprach rasch weiter, als fürchtete sie die Antwort des Kapitäns. »Ich bitte London, in der anderen Kabine zu schlafen. Sie wird nichts dagegen haben. Sie ist es sowieso leid, zwischen den Kabinen hin und her zu wechseln, und ich weiß, es stört die Nachtruhe, deshalb …«
    Athenes nervöses Gerede verstummte. London fragte sich, warum, bis sie eindeutige Kussgeräusche hörte. Der Kapitän ließ Taten sprechen.
    London verhielt sich weiterhin ruhig, innerlich frohlockte sie jedoch. Der Kuss zwischen dem Kapitän und der Hexe hatte sich lange angebahnt, und nachdem London selbst die Liebe entdeckt hatte, wollte sie diese Erfahrung, dieses herrliche Gefühl mit allen teilen, vor allem mit ihren Freunden.
    Etwas später murmelte Kallas: »Wie heißt das Wort noch gleich? Ach ja – verzaubert. Du hast mich verzaubert, liebe Hexe.«
    »Nicht mehr als du mich, Kapitän. Es hat mir nicht gefallen, wie du die Meerjungfrau geküsst hast.«
    »Du hast nicht ausgesehen, als ob es dir etwas ausmacht.«
    »Das hat es aber.«
    »Hilft es dir, wenn ich sage, dass ich dabei die ganze Zeit nur an dich gedacht habe?«
    Athene kicherte, dann sagte sie leise: »Also dann – bis heute Nacht.«
    »Bis heute

Weitere Kostenlose Bücher