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Die Klingen der Rose: Ein unwiderstehlicher Schurke (German Edition)

Die Klingen der Rose: Ein unwiderstehlicher Schurke (German Edition)

Titel: Die Klingen der Rose: Ein unwiderstehlicher Schurke (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zoë Archer
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konnte gerade noch den Impuls unterdrücken, sich mit dem Ärmel den Mund abzuwischen.
    »Jetzt du«, befahl die Wassernymphe dem Kapitän.
    Kallas tat, wie ihm geheißen, doch da Athene nicht protestiert hatte, ging er deutlich engagierter ans Werk als Bennett. Während sie sich intensiv küssten, umklammerte die Nereide ihn. Als ihre Schwestern neidisch seufzten, überzog eine leichte Röte ihren Leib.
    Da Kallas beschäftigt war, bemerkte er Athenes finstere Blicke nicht. Sie schien kurz davor zu sein, dem Kapitän einen Tritt in den Hintern zu verpassen oder einen Nereidenmord zu begehen. Vermutlich beherrschte sie ihre Wut nur mit äußerster Willenskraft. Und weil sie sich der Mission verpflichtet fühlte.
    Schließlich ließ die Wassernymphe von Kallas ab. Der Kapitän wich völlig benommen zurück.
    »Köstlich«, schwärmte die Nereide. »Obwohl dein Kuss«, sagte sie zu Bennett, »einiges zu wünschen übrig ließ, haben mir eure beiden Küsse gezeigt, warum ihr wirklich nach dem Schwarzen Tempel sucht. Ich kann euch den Ort bedenkenlos verraten.«
    »Vielen Dank.« Bennett sprach, denn Kallas schien zu keinem klaren Gedanken fähig. So erging es den meisten Männern nach dem Kuss einer unsterblichen Meerjungfrau.
    »Segelt einen Tag lang in nördliche Richtung. Ihr passiert drei Inseln, auf der sich jeweils eine Festung befindet. Auf der vierten findet ihr, wonach ihr sucht. Der Schwarze Tempel liegt unter dem Schwarzen Tempel. Ihr müsst die Tochter des Orakels mitbringen, sonst verbrennt euch das Geheimnis.«
    Aha, noch ein Rätsel. Bennett nickte. London und er würden es gemeinsam lösen.
    * * *
    London saß wie versteckt hinter einer großen Kiste am Bug des Bootes. Wie ein seidener Umhang senkte sich der Abend herab. Sie hatte die Knie an die Brust gezogen, die Arme um die Beine geschlungen und das Kinn auf die Knie gestützt. Der Wind wehte den salzigen Geruch des Meeres zu ihr her. Athene hatte einen Kräuterumschlag um die Wunde auf ihrem Arm gewickelt, sodass sie kaum noch Schmerzen verspürte und die Heilung bereits eingesetzt hatte. Vermutlich blieb jedoch eine leichte Narbe zurück.
    Doch selbst wenn das Symbol, das sie sich in den Arm geritzt hatte, völlig verblasste, die Narbe in ihrem Herzen würde bleiben. Wie lebte man mit dem Wissen, dass der eigene Vater einem den Tod wünschte? Sie dachte an Abraham, den biblischen Patriarchen, der bereit gewesen war, seinen Sohn Isaak um seiner Religion willen zu opfern. Irgendwie war Londons Vater davon überzeugt, sie um Englands willen opfern zu müssen, wenn nicht sogar nur um seinetwillen oder seines Rufes wegen. Was wäre gewesen, wenn Isaak vom Altar aufgesprungen wäre, um seinem Vater das Messer aus der Hand zu schlagen? Wie sähe die Welt heute aus?
    Sie war eine Waise. Ihre Mutter würde sie niemals wiedersehen, für ihren Vater war sie gestorben. Sie durfte nichts mehr mit ihm zu tun haben. Oder er musste sterben. Als sie die Bedeutung ihrer Gedanken begriff, erschauderte sie. Auch wenn sie den Blutsuchzauber gebrochen hatte, war sie doch nicht frei von ihrem Vater, nicht frei von den Erben. Nicht bis entweder sie oder ihr Vater tot war.
    Was bedeutete, dass er sterben musste. Sie hatte die Liebe gefunden. Ihr Leben schien ihr zu kostbar, um es kampflos aufzugeben.
    Sie konnte in dieser Stimmung nicht unter Deck herumsitzen, und so wartete London darauf, dass Bennett seine Schicht am Steuer beendete. Morgen würden sie den Schwarzen Tempel erreichen. Vielleicht endete ihre Reise dann. Sie wusste nicht, wie sie ausgehen würde. Sie spielte alle erdenklichen Varianten durch, manche davon schön und perfekt, andere ganz schrecklich. Heute Nacht wollte sie sich nicht in einem geschlossenen Raum aufhalten. Sie musste das Meer und den Himmel um sich spüren, ein Bedürfnis fast so stark wie das nach Bennett. Und während sie ihn gerade entbehren musste, hatte sie wenigstens die See und das Firmament.
    »Ich muss Sie kurz sprechen, Kallas.«
    London erstarrte, als sie Athenes Stimme auf der anderen Seite der Kiste vernahm.
    »Was gibt es, Hexe?« Die Stimme des Kapitäns klang ungewohnt zurückhaltend. Vielleicht eine Nachwirkung seines Kusses mit der Nereide.
    Athene schwieg einen Augenblick, und in dieser bedeutungsschwangeren Stille spürte London die Anspannung ihrer Freundin. London überlegte, ob sie sich bemerkbar machen sollte, aber die Atmosphäre zwischen Kallas und Athene schien zunehmend intimer zu werden. Wenn London sie nun wissen

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