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Die Klinik

Die Klinik

Titel: Die Klinik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noah Gordon
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ihre Einkäufe weg, wobei ihr einfiel, daß sie jetzt noch einmal um Erdnußbutter, Jam und Brot den Berg hinuntergehen mußte. Sie schnitt zwei Streifen Klebeband ab, tippte »Gabrielle Pender« auf das eine und »Dr. med. Adam R. Silverstone« auf das andere und klebte sie dann beide draußen auf den verrosteten schwarzmetallenen Briefkasten.
     
    Im Supermarkt ersetzte sie die Sachen, die sie dem Diggermädchen gegeben hatte, bat impulsiv um Orangenkisten und bekam sechs. Sie füllten den Plymouth aus. Auf dem Heimweg hielt sie bei der Eisenwarenhandlung an und kaufte zwei Pinsel, Farbverdünner und Dosen mit schwarzer, orange und weißer Emailfarbe.
    Der Rest des Tages wurde dem geplanten Unternehmen gewidmet. Sie breitete die Morgenzeitung auf dem Boden aus und arbeitete peinlich genau ohne Unterbrechung und strich je zwei Kistchen in einer Farbe; sie wollte, daß sie gut ausfielen, damit sie Adam überraschen konnte. Als alle sechs Kistchen gestrichen waren, reinigte sie die Pinsel und räumte sie samt den Farbdosen unter das Spülbecken, duschte lange und stieg in den Pyjama. Sie war nicht ganz glücklich über die Einordnung ihrer Sachen in den Kommodeladen; jetzt nahm sie die Hälfte von Adams Sachen aus seinem und die Hälfte ihrer aus ihrem Fach und vertauschte sie, bis alle Fächer gemischt waren, seine Socken sich an ihre Strümpfe schmiegten, ihre Höschen ordentlich aufgestapelt neben seinen kurzen Unterhosen lagen. Unter ihre Blusen und neben seine Hemden steckte sie die kleine runde Schachtel aus imitiertem Perlmutter mit den Pillen, den Glückssteinen ihrer Beziehung, den magischen Tränken, die ihnen ihr illegitimes Zusammenleben erlaubten.
    Sie studierte bis zehn Uhr, versperrte dann die Tür, legte die Kette vor, nahm eine der gräßlichen kleinen Pillen, drehte die Lichter ab und ging zu Bett.
    In der Dunkelheit liegen war das Einsamste, das es gab, entschied sie nach einer Weile.
    Die Wohnung roch stark nach Farbe. Mrs. Krol kreischte dreimal, war aber anscheinend nicht ganz bei der Sache und schmiß auch nichts aus dem Fenster auf die Straße. Aus der Richtung des Massachusetts General stöhnte eine Ambulanzsirene, und sie fühlte sich Adam nahe. Wenn Autos auf der Phillips Street vorbeifuhren, malten ihre Scheinwerfer weiterhin Ungeheuer, die einander von den Wänden jagten.
    Sie hatte zu dösen begonnen, als jemand klopfte.
    Sie sprang aus dem Bett, stand im Finstern hinter der Tür und öffnete sie nur den Spalt, den die kleine Kette zuließ.
    »Wer ist da?«
    »Janet schickt mich.«
    Im Licht der Straßenlampe konnte sie durch den Spalt einen Mann sehen, nein, einen Burschen. Einen großen Burschen mit langem blondem Haar, das in dem trüben Licht fast die Farbe von Janets Haar hatte.
    »Was wollen Sie?«
    »Sie schickt etwas.« Er streckte ihr ein formloses Bündel entgegen.
    »Können Sie es vor die Tür legen? Ich bin nicht angezogen.«
    »Gut«, sagte er heiter. Er legte es nieder, und sein bärenhafter Schatten hüpfte weg. Sie zog ihren Bademantel an, drehte alle Lichter an und wartete lange, bis sie Mut gefaßt hatte, dann schob sie rasch die Kette zurück, packte das Bündel, warf die Tür zu, versperrte sie und saß klopfenden Herzens auf dem Bett. In eine lose Hülle aus altem Zeitungspapier war ein großer Strauß bunter Papierblumen eingewickelt. Große Blüten, schwarz, gelb und orange schattiert. Genau die richtigen Farben.
    Sie ging ins Bett zurück, ließ das Licht brennen, lag da und blickte weniger ängstlich in das Zimmer. Schließlich hörte sie auf, sich einzubilden, daß sich jemand an ihrer Tür zu schaffen machte, schlief bald nachher ein, zum erstenmal mit dem Gefühl, im eigenen Heim zu sein.

13
 
R A F A EL MEOM AR TI N O
    Als Meomartino ein kleiner Junge war, begleitete er Leo, das Familienfaktotum, regelmäßig zur Sankt-Raphaelskapelle, einer kleinen weißgekalkten Kirche mitten in den Zuckerrohrfeldern seines Vaters; dort legte ihm Vater Ignacio die kühle Oblate auf die Zunge, ein guajiro -Arbeiterpriester mit schlechtem Mundgeruch, dem er regelmäßig die Sünden seiner frühen Jugend beichtete, und von dem er die milden respektvollen Strafen für Privilegierte erhielt.
    Ich hatte böse Gedanken, Vater.
    Fünf Ave Maria und fünf Bußgebete, mein Sohn. Ich habe meinen Körper mißbraucht, Vater.
    Fünf Ave Maria und fünf Bußgebete. Kämpfe gegen die Schwäche des Fleisches, mein Sohn.
    Bei Hochzeiten und Begräbnissen war die Familie an den Prunk der

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