Die Klinik
Kathedrale in Havanna gewöhnt, aber zu den gewöhnlichen Gelegenheiten fühlte sich Rafe in der kleinen Kirche zu Hause, die am Tage seiner Geburt von den Arbeitstrupps seines Vaters erbaut worden war. Wenn er in dem dunklen feuchten Inneren vor der Gipsstatue seines Schutzheiligen kniete, verrichtete er seine Buße und bat dann den Erzengel um Fürsprache gegen einen tyrannischen Lehrer, ihm Latein lernen zu helfen, ihn vor Guillermo zu schützen.
Als Rafe jetzt Schenkel an Schenkel mit seiner schlafenden Frau lag, der er vor einer Stunde kalte, verzweifelte Liebe geschenkt hatte, dachte er an den heiligen Raphael und wünschte brennend, wieder zwölf Jahre alt zu sein.
In Harvard hatte er seinen Glauben aufgegeben. Es war lange her, daß er gebeichtet hatte, Jahre, seit er mit einem Priester aufrichtig gesprochen hatte.
Heiliger Raphael, betete er in das dunkle Zimmer. Zeig mir, wie ich ihr helfen kann.
Hilf mir zu sehen, wo ich sie im Stich gelassen habe, warum ich ihren Durst nicht stillen kann, warum sie zu anderen Männern geht.
Silverstone, dachte er.
Er war ein besserer Mann und ein besserer Chirurg als Silverstone, und dennoch bedrohte Silverstone seine Existenz auf beiden Gebieten.
Er lächelte freudlos und dachte, daß Longwood sichtlich entschieden hatte, es gäbe schlimmere Dinge als einen Kubaner in der Familie. Der Alte war beim Anblick von Liz und Silverstone entsetzt gewesen. Seit jener Nacht war er Rafe gegenüber fast herzlich und freundlich gewesen, als versuchte er anzudeuten, daß er wußte, wie schwierig seine Nichte war.
Jetzt aber setzte ihn Longwood täglich stärker unter Druck, um sicherzustellen, daß er, und nicht Silverstone, die Dozentur bekam.
Meomartino quälte sich mit Zweifeln an sich selbst. Heiliger Raphael, sagte er. Bin ich nicht Mann genug?
Ich bin Arzt. Ich weiß doch, daß sie, sowie wir miteinander fertig sind, befriedigt ist.
Zeige mir, was ich tun muß. Ich verspreche, daß ich beichten gehe, kommuniziere, daß ich wieder ein echter Katholik werde.
Es war still in dem dunklen Zimmer, bis auf das Geräusch ihres tiefen Atmens.
Er erinnerte sich, daß er trotz all seinem Knien vor der Statue in Latein durchgefallen, daß sein Körper von Guillermo gewöhnlich grün und blau geschlagen worden war, bis er stark genug war, um seinen älteren Bruder zu besiegen.
Der heilige Raphael hatte auch damals nicht geholfen.
Am Morgen ging er mit müden Augen ins Krankenhaus und kämpfte sich durch die frühen Stunden. Seine Stimmung war schon schlecht, als er die Hausärzte durch die Morgenvisite führte, und sie besserte sich nicht, als er James Roche erreichte, einen neunundsechzigjährigen Herrn mit vorgeschrittenem Dickdarmkrebs, der für den nächsten Morgen sehr früh zur Operation eingeteilt war.
Während Schwestern und Diätspezialisten mit Tabletts durch die Höhlen der Abteilung eilten, umriß Meomartino den Fall, mit dem die meisten Hausärzte schon vertraut waren, und wollte eben einige Lehrfragen stellen.
Aber er hörte mitten im Satz zu sprechen auf.
» Cristos, ich kann es nicht glauben.«
Mr. Roche aß eben sein Mittagessen. Auf seinem Teller lagen Huhn, Kartoffeln, grüne Bohnen.
»Dr. Robinson, wieso ißt dieser Mann das hier?«
»Ich habe keine Ahnung«, sagte Spurgeon. »Die Anordnung, seine Diät zu ändern, steht im Buch. Ich habe sie selbst eingetragen.«
»Bitte geben Sie mir das Auftragsbuch.«
Als er es öffnete, stand tatsächlich die Anordnung drinnen, in Robinsons sauberer, beherrschter Handschrift, aber es besänftigte seinen Zorn nicht.
»Mr. Roche, was hatten Sie zum Frühstück?« fragte er.
»Übliches Frühstück. Obstsaft, ein Ei, Haferflocken. Und ein Glas Milch.«
»Streichen Sie seinen Namen vom Operationsprogramm«, sagte Meomartino. »Setzen Sie ihn für übermorgen an, verdammt.«
»Oh, und Toast auch«, sagte der Patient.
Meomartino sah die Hausärzte an. »Können Sie sich vorstellen, was geschehen wäre, wenn wir den Dickdarm beim Vorhandensein dieses kompakten Stuhls aufgemacht hätten? Können Sie sich vorstellen, durch einen solchen Mist hindurch Blutgefäße abzuklemmen? Können Sie sich das Übermaß an Infektionsmöglichkeiten vorstellen? Nein, wahrscheinlich können Sie es erst, wenn Sie es selbst erlebt haben.«
»Doktor«, sagte der Patient ängstlich, »soll ich den Rest stehenlassen?«
»Sie lassen sich Ihr Huhn jetzt gut schmecken«, sagte er.
»Morgen früh werden Sie die Diät bekommen, die
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