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Die Klinik

Die Klinik

Titel: Die Klinik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noah Gordon
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seiner Körperoberfläche – Gesicht (Lunge?), Brust, Arme, Leistengegend, an einem kleinen Teil der Beine und des Rückens. Früher einmal war er muskulös gewesen, jetzt aber war er schlaff. Wieviel Kraftreserven besaß wohl dieser Körper mittleren Alters?
    Adam merkte plötzlich, daß ihn Meomartino beobachtete, wie er den Patienten abschätzte.
    »Nichts zu machen, morgen ist er nicht mehr da«, sagte der Fellow, als sie ihre Handschuhe abstreiften.
    »Ich glaube doch«, sagte Adam unwillig.
    »Warum?«
    Er zuckte die Achseln. »Bloß so ein Gefühl. Ich habe ziemlich viel Verbrennungen erlebt.« Im selben Augenblick wurde er wütend über sich: er hatte sich wohl kaum auf Verbrennungen spezialisiert.
    »In Atlanta?«
    »Nein, als ich noch an der Medical School in Philadelphia war, arbeitete ich als Famulus in der Leichenkammer.«
    Meomartino sah ihn gequält an. »Es ist nicht dasselbe wie an Lebenden zu arbeiten.«
    »Das weiß ich. Aber ich habe das Gefühl, daß es dieser Bursche schaffen wird«, sagte er störrisch.
    »Ich hoffe es, aber ich glaube es nicht. Er gehört Ihnen.« Meomartino wandte sich zum Gehen, blieb dann aber stehen. »Ich mache Ihnen einen Vorschlag. Falls er es schafft, bezahle ich Ihnen eine Woche lang den Kaffee in Maxies Laden.«
    Verfluchter Witzbold, dachte Adam, als er ihm, die Frauen begleitend, nachsah.
    Er verabreichte dem Mann eine vorbeugende Tetanusspritze und folgte ihm dann, als er in die Station hinaufgebracht wurde. Er errechnete nach der Evansregel, wieviel Flüssigkeitsersatz für einen Mann von fünfundachtzig Kilo Körpergewicht nötig war, kam auf 2100 Kubikzentimeter Kolloide, 2100 Kubikzentimeter Salze und 2000 Kubikzentimeter Wasser zwecks Harnabsonderung. Die Hälfte davon mußte in den ersten acht Stunden in die Vene geträufelt werden, gleichzeitig mit einer massiven Dosis Antibiotika, um die Bakterien zu bekämpfen, die sich auf der gesamten verkohlten und verschmutzten Fläche einnisten würden.
    Als sie im zweiten Stock das Bett aus dem Lift schoben, sah er mit plötzlicher Bestürzung auf die Uhr. Sechs Uhr fünfzehn.
    Er hätte sich schon längst für Gaby fertigmachen sollen. Statt dessen lagen noch mindestens zwanzig Minuten Arbeit vor ihm, bis er seinen Patienten verlassen konnte.
    Das Zimmer 218 war frei, er legte Mr. Grigio hinein und überlegte, wie er die Verbrennungen lokal behandeln könnte; was wohl Meomartino bei den Patienten in der Frauenabteilung unternahm?
    Miss Fultz saß in der Schwesternstation und arbeitete mit ihrer dicken schwarzen Füllfeder an den unvermeidlichen Krankengeschichten. Wie gewöhnlich hätte er auch der Schatten einer Mücke sein können. Es war sinnlos zu warten bis sie aufschaute; er räusperte sich. »Wo finde ich ein großes steriles Becken? Und ich brauche noch einige andere Sachen.«
    Eine Lernschwester eilte soeben vorbei. »Miss Anderson, geben Sie ihm, was er braucht«, sagte die Oberschwester leise, ohne die Feder abzusetzen.
    »Joseph P. Grigio liegt auf 218. Er braucht Spezialschwestern für mindestens drei Schichten.«
    »Keine verfügbar«, sagte sie zu ihrem Schreibtisch.
    »Zum Teufel, wieso nicht?« sagte er, mehr verärgert über ihre Weigerung, mit ihm zu sprechen, als über das Problem selbst.
    »Aus irgendwelchen Gründen werden Mädchen heute nicht mehr Krankenschwestern.«
    »Wir werden ihn auf die Station für Intensivpflege legen müssen.«
    »Die Pflege auf der Station für Intensivpflege ist gar nicht so intensiv. Sie ist seit einer Woche überbelegt«, sagte sie, während die große Lanze der Feder enge kleine Kreise in der Luft zog, bevor sie auf die Seite niederstieß und einen Punkt festnagelte.
    »Fordern Sie Spezialschwestern an. Benachrichtigen Sie mich, sobald Sie etwas wissen, bitte.«
    Er nahm eine weiße sterile Schüssel von Miss Anderson entgegen und mischte darin seinen Hexentrank. Eiswürfel, um die Verbrennungen zu kühlen und zu betäuben und das Anschwellen soweit wie möglich niederzuhalten. Bittersalz, weil gewöhnliches Wasser eine auslaugende Wirkung auf die Elektrolyten des Körpers gehabt hätte. Phisohex zum Reinigen; es gerann zu Wirbeln, als er die Mischung umrührte. Fehlten nur noch Drachenblut und die Zunge eines Wassermolchs…
    Er wollte Mulltupfer aus einem Schrank nehmen, als er jedoch auf einem höheren Bord Monatsbinden entdeckte, nahm er drei Schachteln Kotex heraus, ideal für seine Zwecke.
    »Ah – Sie sind zufällig nicht frei, um diesem Patienten eine

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