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Die Klinik

Die Klinik

Titel: Die Klinik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noah Gordon
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werden.«
    »Soll ich sonst noch was tun?«
    »Reiben Sie zwei Hölzer aneinander und machen Sie Feuer. Kochen Sie viel Wasser. Bitte. Bleiben Sie mir zum Teufel vom Leib.«
    »Aaach«, stöhnte die Frau.
    Unter der Bahre befand sich ein kleiner Behälter mit Nitrooxyd und eine Gesichtsmaske für Notfälle. Und ein geburtshilfliches Instrumentarium. Er zerrte die Sachen heraus und dachte angestrengt nach. Sie war bestimmt keine primipara, keine Erstgebärerin. Aber wieviele Kinder waren dort gewesen? Eine Vielgebärerin?
    »Wieviele Kinder haben Sie, Mutter?«
    »Acht«, sagte sie keuchend.
    »Wieviele Buben?« fragte er, obwohl es ihn überhaupt nicht interessierte. Sie war eine multipara, und die Chance war groß, daß sie das Baby wie eine Bombe fallen ließ.
    »Die beiden ersten sind Buben, sonst lauter Mädchen«, sagte sie, als er ihr die Schuhe auszog. Natürlich waren keine Steigbügel vorhanden. Er hob ihre Füße und stemmte sie gegen die Bänke auf beiden Seiten der Trage, damit das Blut abfließen konnte.
    Meyerson öffnete die Tür und ließ Verkehrsgeräusche ein. »Doktor, haben Sie Kleingeld? Ich geh’ zu einem Telephon, das Krankenhaus anrufen.«
    Er gab ihm eine Münze.
    »Ich muß noch einige andere Anrufe machen.«
    Also gab er ihm eine Handvoll Kleingeld, drängte ihn aus dem Krankenwagen und versperrte die Tür von innen. Die Frau stöhnte. »Ich gebe Ihnen ein bißchen was gegen die Schmerzen, Mutter.«
    »Zum Einschlafen?«
    »Nein. Nur für einen kleine Schwips.«
    Sie nickte, und er ließ sie ein, zwei Züge Nitroxyd einatmen, wobei er die Menge aufs Geratewohl dosierte, aber sehr vorsichtig war, um keinen Fehler zu begehen. Es wirkte schnell.
    »Froh«, murmelte sie.
    »Worüber?«
    »Farbiger Doktor. Hab’ noch nie einen farbigen Doktor gehabt.«
    Mein Gott, arme Frau, dachte er. Ich würde mit Freuden zulassen, daß das Baby von George Wallace oder Louise Day Hicks entbunden würde, wenn der eine ein Geburtshelfer oder die andere eine Hebamme, aber beide bloß hier wären.
    Er öffnete den Instrumentenkasten, der nicht viel enthielt: einen kleinen Absaugballon, ein paar blutstillende Mittel, Scheren und Zangen. Er zog ihr Kleid hoch und legte Schenkel wie Eichenstämme und eine braunseidene Unterhose bloß, die er von ihr abzuschneiden begann.
    Sie fing zu weinen an. »Geschenk von meiner Zweitältesten.«
    »Ich kaufe Ihnen eine neue.«
    Bloßgelegt war der Bauch erschreckend, eine Masse dunklen Fleisches mit Fettwülsten, die Haut voll Schwangerschaftsstreifen; auf ihm hatte ihr Mann gelegen und sich dem einzigen Vergnügen hingegeben, das sich ein armer Schwarzer leisten kann, der einzigen Freude, die kein Geld kostet, billiger als Kino, billiger als Suff, um den winzigen Samen abzulegen, der zu diesem Ding geworden war, groß und fest wie eine Wassermelone unter ihrer Haut.
    So tief unten, so tief.
    Ich habe eine Frage an Sie, Doktor Robinson. Wie bekomme ich einen Gegenstand, der so groß wie das zweifellos dicke Baby dieser fetten Frau ist, durch eine Öffnung, die – obwohl ich kleinere gesehen habe – dennoch verhältnismäßig klein ist?
    So klein.
    Es war eine Gelegenheit, erkannte er grimmig, gleich zwei Patienten auf einmal zu verlieren, Schlag zwei und Schlag drei auf dem Schuldkonto zu buchen, sozusagen.
    Es war eine Flasche Zephiran vorhanden. Er schraubte die Kappe ab und goß es großzügig über den Scheideneingang und den Damm, dann etwas davon auf seine Hände und schlenkerte sie, bis sie trocken waren kein vollwertiger Ersatz für das Bürsten der Hände, aber immerhin der beste verfügbare.
    Die Frau keuchte, schnaubte, blies, als versuchte sie, ein ganzes Haus niederzublasen.
    »Wie geht’s, Mutter?« Sie knurrte bloß. Bitte, Gott.
    Ein großer Wassersturz ergoß sich über seine weiße Hose, ein strohfarbener Niagarafall. Sie hielt die Augen geschlossen, die großen Beinmuskeln waren verkrampft. In der Öffnung tauchte ein kleiner kahler Kopf auf und trug die Haare der unvorbereiteten und daher unrasierten mütterlichen Genitalien wie eine Tonsur.
    Zwei weitere Wehen, und der Kopf lag frei. Spurgeon verwendete den Ballon, um Flüssigkeit aus dem winzigen Mund zu saugen, und erkannte dann, daß die Frau es mit den Schultern des Kindes schwerer hatte. Er machte einen kleinen Einschnitt in den Damm, der sehr wenig blutete. Als sich die Frau das nächste Mal zusammenkrümmte, half er mit den Händen nach, und das ganze Baby war draußen in der kalten Welt. Er

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